Wirtschaft: Die Bahn erklärt sich für börsenreif
Aufsichtsratschef Müller appelliert an die Politik. Mehdorns Gehalt steigt auf 3,18 Millionen Euro
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Berlin - Die Deutsche Bahn steht nach Einschätzung ihrer obersten Kontrolleure mittlerweile so gut da, dass sie für private Investoren interessant ist. „Das Unternehmen ist kapitalmarktfähig. Jetzt ist es Sache der Politik, die Weichen für eine Teilprivatisierung endgültig zu stellen“, sagte der Vorsitzende des Bahn-Aufsichtsrats, Werner Müller, am Mittwoch in Berlin. Zuvor hatte der Konzern dem Gremium den Jahresabschluss für 2006 vorgelegt. Die Zahlen, die die Bahn heute veröffentlichen will, haben Müller überzeugt. Die Eisenbahn erlebe derzeit eine Renaissance, sagte er. Norbert Hansen, Chef der Verkehrsgewerkschaft Transnet, erwartet, dass „das Konfliktrisiko“ bei der anstehenden Tarifrunde durch das gute Ergebnis gesunken ist. Außerdem gehe er davon aus, dass im kommenden Juli eine Erfolgsbeteiligung in Höhe von 200 Euro je Mitarbeiter ausgeschüttet wird, sagte er dem Tagesspiegel.
Auch Bahnchef Hartmut Mehdorn profitiert offenbar von dem guten Geschäft. Laut „Bild“-Zeitung bestätigte er, dass er im vergangenen Jahr ein Gehalt von 3,18 Millionen Euro bekommen hat. In Aufsichtskreisen hieß es, die übrigen Vorstände hätten dank erfolgsgebundener Prämien ebenfalls mehr Geld erhalten. Bisher war in der Öffentlichkeit in Bezug auf Mehdorns Gehalt immer von deutlich unter einer Million die Rede gewesen. Allerdings ist dies nur der feste Bestandteil. Drei Viertel seines Gehalts seien vom Unternehmenserfolg abhängig, erklärte nun Mehdorn. Und der Erfolg ist aus seiner Sicht groß. Schon vor kurzem hatte Mehdorn gesagt, der Gewinn vor Steuern und Zinsen habe im vergangenen Jahr die Marke von gut zwei Milliarden Euro erreicht.
Transnet-Chef Hansen sagte, es sei für ihn sehr erfreulich, „dass ein Großteil der Verbesserungen aus Schienenverkehrsleistungen kommt“. Der Personenverkehr habe im vergangenen Jahr deutlich gegenüber dem Vorjahr zugelegt und auch über den Planzahlen gelegen. Besonders stark sei daneben das Wachstum beim Schienengüterverkehr ausgefallen (plus 9,5 Prozent).
Die Bahn hat in den vergangenen Jahren massiv in ihre Logistikaktivitäten investiert und macht mittlerweile weniger als die Hälfte ihres Geschäfts mit schienengebundenen Diensten. Deshalb gab es immer wieder Vorwürfe, der Konzern vernachlässige seine Bahntöchter zugunsten etwa der weltweit tätigen Logistiktochter Schenker.
Die Bahn-Aufsichtsräte verabschiedeten bei ihrer jüngsten Sitzung neue Grundsätze für die Unternehmensführung, wie der Konzern mitteilte. Dabei habe man sich zu einer freiwilligen Beachtung der Empfehlungen der Regierungskommission entschlossen. Wie der Tagesspiegel aus Aufsichtsratskreisen erfuhr, wird im Geschäftsbericht ab dem kommenden Jahr auch das Gehalt für jeden einzelnen Vorstand ausgewiesen.
Die Regierung bereitet ein Gesetz zur Privatisierung der staatseigenen Bahn vor, wobei die Mehrheit weiterhin beim Bund liegen soll. Kritik an den Börsenplänen kommt aus der Wissenschaft. Heiner Mohnheim, Professor an der Universität Trier, sagte der Wochenzeitung „Die Zeit“, der Gang an die Börse werde Bahnfahren nicht attraktiver machen. Die Bahn dränge lieber in das globale Logistikgeschäft, statt sich um heimische Kunden zu kümmern, sagte Mohnheim. Kritisch sieht der Wissenschaftler auch die Rolle der Politik. Der Staat sei Eigentümer der Gleise, kümmere sich aber kaum um seinen verkehrspolitischen Auftrag.
Allerdings setzt der Konzern seine Strategie fort, mit besonders günstigen Preisen mehr Fahrgäste in seine ICEs zu locken. Am Mittwoch veröffentlichte das Unternehmen ein Frühlingsangebot. Ab 29 Euro werden Fahrten quer durch Deutschland angeboten. Für 39 Euro gibt es Tickets in Nachbarländer – darunter Österreich, Dänemark und Tschechien. Allerdings gilt der Preis nur für bestimmte Verbindungen. Der Kunde muss sich festlegen, beim Verkauf in Reisezentren oder Agenturen wird außerdem ein Zuschlag von fünf Euro fällig. Der Vorverkauf startet laut Bahn am 1. April, erster möglicher Reisetag ist der 4. April. Der letzte Tag, für den das Angebot gebucht werden kann, ist der 15. Mai.
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