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Düsterer Ausblick: Fed-Chef Jerome Powell.

© REUTERS

Bricht die US-Wirtschaft um 30 Prozent ein?: Die düstere Einschätzung des Fed-Chefs Jay Powell

Kurzfristig könnte die Wirtschaft laut Powell einbrechen, auf längere Sicht sieht er Chancen auf eine Erholung. Er ist damit pessimistischer als die Trump-Administration.

Von Andreas Oswald

Der Chef der US-Notenbank Federal Reserve (Fed), Jerome "Jay" Powell, hält es für möglich, dass die US-Wirtschaft in diesem Quartal um 30 Prozent einbricht und hat davor gewarnt, dass eine Erholung bis Ende des nächsten Jahres dauern könnte, selbst wenn ein Impfstoff gegen das Coronavirus erhältlich sei.

Dieser düstere Ausblick des Fed-Chefs steht im Gegensatz zu wiederholten Äußerungen der Trump-Administration, die eine Erholung noch vor Ende des Jahres erwartet. Im November steht Donald Trump zur Wiederwahl als US-Präsident an.

In einem Interview mit dem Fernsehsender CBS sagte Powell am späten Sonntagabend, dass es der Wirtschaft allerdings im zweiten Halbjahr langsam besser gehen könnte unter der Voraussetzung, dass es keine zweite Infektionswelle gebe.

„Für eine vollständige Erholung der Wirtschaft müssen die Menschen vollständiges Vertrauen haben. Dafür muss man auf einen Impfstoff warten“, sagte er. Im zweiten Quartal würden die US-Wirtschaftsdaten „sehr, sehr schlecht“ ausfallen. Powell rechnet mit einem Anstieg der Arbeitslosenquote auf 20 bis 25 Prozent.

Inzwischen verloren in den USA infolge der Krise bereits knapp 36,5 Millionen Menschen ihre Jobs. Die Arbeitslosenquote schnellte von 3,5 Prozent im Februar auf 14,7 Prozent im April hoch.

Wall Street befürchtet Minuszinsen

Dennoch erwartet Powell nicht, dass die Rezession ähnliche Dimensionen erreichen wird wie während der großen Wirtschaftskrise in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Anders als damals sei die US-Wirtschaft vor der jetzigen Krise gesund und die Banken in stabilem Zustand gewesen, meinte der Chef der Notenbank.

Die Fed hatte als Reaktion auf die Pandemie den Leitzins auf ein Niveau zwischen 0 und 0,25 Prozent abgesenkt und massive Anleihenkäufe angekündigt, um die Wirtschaft mit Liquidität zu versorgen.

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An der Wall Street kommen indes Befürchtungen auf, die Fed könnte die Leitzinsen unter Null drücken. Das wäre eine Sensation angesichts der Tatsache, dass die Zinsen in den USA traditionell eher höher sind.

Grundlage der Spekulationen, über die zuerst die „Financial Times“ am Wochenende berichtete, ist die Tatsache, dass mehrere Großbanken angefangen haben, sich in großem Stil gegen weitere Zinssenkungen zu versichern. Sie und andere Investoren tun dies, indem sie sogenannte Fed-Funds-Future-Kontrakte kaufen, deren Kurs steigt, wenn die Zinsen sinken.

Gute Nachrichten für Aktienanleger?

Die Fed hatte negative Leitzinsen bisher ausgeschlossen. Andererseits hat sie seit der Finanzkrise viele Schritte unternommen, die zuvor nicht denkbar waren. Spekulationen auf niedrigere Zinsen deuten auf eine deflationäre Erwartung und Pessimismus hin.

Für Aktienanleger könnten das aber auch gute Nachrichten sein. Wenn die Anleihezinsen sinken, dann steigen oft die Aktienkurse. Vor allem, wenn die Dividendenrendite höher ist als die Anleiherendite. In der Regel lagen früher die Dividendenrenditen niedriger als die Anleiherenditen.

Das hat sich umgekehrt. Damit sind Aktien relativ gesehen niedrig bewertet.

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