
Wirtschaft: Drei Prozent mehr Sauberkeit
Die heimischen Autohersteller freuen sich über den geringeren CO2-Ausstoß von Neuwagen / Der Verkehrsclub hält dagegen
Berlin - Matthias Wissmann strahlte wie ein Satz polierter Chromfelgen in der Wintersonne: „Die deutschen Automobilhersteller kommen bei der CO2-Minderung schneller voran als ihre Wettbewerber“, sagte der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VCD) am Mittwoch in Berlin. Die etwas sperrige Begründung: 2010 hätten die heimischen Autobauer die Emissionen ihrer in Deutschland zugelassenen Pkw um drei Prozent gegenüber dem Vorjahr reduziert. Bei den Importfahrzeugen dagegen sei der Kohlendioxidausstoß sogar um 0,6 Prozent gestiegen.
Dies sei besonders bemerkenswert, weil 2010 – im Vergleich zum Krisenjahr 2009 – der Anteil der neu zugelassenen Pkw der Mittelklasse und oberen Mittelklasse zuletzt wieder deutlich gestiegen sei. Zudem hob Wissmann hervor, dass sich die Erfolge bei der CO2-Effizienz auf alle Segmente erstreckten – vom Kleinstwagen bis zum Großraum-Van. Die Zahlen, betonte der Chef-Autolobbyist, stammten nicht aus seinem Hause, sondern vom Kraftfahrzeug-Bundesamt. Im Premium-Segment, bei dem deutsche Marken 80 Prozent des Weltmarktes bedienten, seien die Erfolge besonders groß: Ob Audi A6, BMW 5er oder Mercedes Benz E-Klasse – selbst hier sei heute ein Verbrauch von fünf Litern mit Diesel-Aggregaten möglich.
Insgesamt bieten deutsche Hersteller und ihre im Ausland produzierenden Töchter mehr als 230 Modelle an, die unter 130 Gramm CO2 je Kilometer ausstoßen, was in etwa einem Kraftstoffverbrauch von fünf Litern je 100 Kilometern entspricht. Knapp 30 Prozent aller Wagen erfüllen damit die Zielmarke, die die Industrie mit der EU-Kommission ausgehandelt hat. Bis 2012 müssen es 65 Prozent sein. Im Schnitt stießen deutsche Neuwagen 2010 noch 152 Gramm Kohlendioxid je Kilometer aus.
Wissmann hegt keine Zweifel, dass die heimischen Hersteller die von der EU für die Jahre 2012 bis 2015 definierten Zielmarken schaffen, und ist sich wenigstens in diesem Punkt einig mit dem industriekritischen Verkehrsclub Deutschland (VCD). „Die schaffen das, weil die Ziele viel zu milde sind“, sagte Gerd Lottsiepen, verkehrspolitischer Sprecher des Verbandes, und verwies auf den Umstand, dass Pkw sieben Gramm mehr ausstoßen dürfen, wenn die Hersteller Öko-Innovationen eingebaut haben – zum Beispiel Rückspiegel durch Kameras ersetzen, die keinen Luftwiderstand bieten. Auch habe der Gesetzgeber weitere Ausnahmeregelungen getroffen.
Lottsiepen erinnerte sich, dass die CO2-Grenzwerte im Dezember 2008 festgelegt worden sind, als die Autobranche in den Abgrund schaute. „Da hat sich keiner der Regierungschefs getraut, die Industrie so unter Druck zu setzten. Wäre die Entscheidung drei Monate früher getroffen worden, wären die CO2-Ziele deutlich ambitionierter ausgefallen“, sagte Lottsiepen auf Anfrage. Er räumte zwar ein, dass die deutsche Autoindustrie inzwischen hohe Effizienzgewinne zu verzeichnen hat, „allerdings kommen sie von ganz weit hinten und hinken beim CO2-Ausstoß noch immer ihrer Konkurrenz hinterher“. Deutsche würden eben immer noch größere und schwerere Autos bauen als Japaner, Koreaner, Italiener und Franzosen.
In den USA zumindest sind genau diese Fahrzeuge wieder gefragt. Im Januar konnte Mercedes den Absatz seiner M- und GL-Geländewagen um 29 Prozent im Vergleich zum Vorjahr steigern. BMW verkaufte sogar viermal so viele X3 und Porsche setzte insgesamt ein Drittel mehr Autos in den USA ab.