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Alltagsverkehr. In China rollen mehr als 50 Millionen Elektro-Scooter.

© dpa

Elektroroller: Easy E-Rider

In China sind Elektroroller millionenfach unterwegs – auf deutschen Straßen sieht man die sparsamen und sauberen Bikes kaum.

Berlin - Auf den Straßen Pekings haben sie die Fahrräder ersetzt. Und wer sich kein Auto leisten kann, um sich damit in den Stau zu stellen, fährt Elektroroller. Mehr als 50 Millionen batteriebetriebene Zweiräder sind in Chinas Metropolen unterwegs. Preiswert, lautlos, abgasfrei – und oft so unsicher, dass die als Fahrräder geltenden Gefährte in einigen Städten schon verboten wurden. Weil aber viele überfüllte Stadtzentren in China für Mopeds mit Verbrennungsmotor gesperrt sind, bleiben E-Bikes oft das einzige Fortbewegungsmittel.

In Deutschland muss man elektrische Roller, Kleinkraft- oder Motorräder noch suchen. Elektromobilität ist bestenfalls ein Thema für die Autoindustrie. Der Elektrohype findet dort statt, wo noch Muskelkraft im Spiel ist: auf dem Fahrradmarkt. Vor allem ältere Radler greifen häufiger zu Rädern mit E-Motor. Rund 150 000 sogenannte Pedelecs wurden im vergangenen Jahr in Deutschland verkauft, 2010 sollen es etwa 180 000 werden.

Im Grenzbereich zwischen Fahrrad und Motorrad bewegen sich Zweiradmanufakturen wie E-Rockit aus Berlin (www.erockit.net) oder die Münchener Firma Third Element (www.3-element.com) mit dem „Espire“-Bike. Ihre Zweiräder werden zwar mit Tretkurbeln angetrieben, die aufgewendete Muskelkraft wird aber elektronisch verstärkt und an einen Elektromotor weitergegeben, der die Zweiräder auf bis zu 80 Stundenkilometer beschleunigt.

Die Nischenfahrzeuge sind wegen ihrer Anschaffungskosten von 7000 bis 12 000 Euro aber nichts für den Massenmarkt. Der wird von klassischen Zweirädern mit Verbrennungsmotor dominiert. Dabei wären E-Scooter oder -Motorräder gerade in feinstaub- und lärmbelasteten Städten wie Berlin ideale Fortbewegungsmittel. Dem hohen Preis stehen sehr niedrige Verbrauchskosten von wenigen Cent pro Kilometer gegenüber. Die geringen Reichweiten von 50 bis 100 Kilometern, die selbst moderne Lithium-Ionen-Batterien maximal erlauben, sind bei der täglichen Fahrt zum Arbeitsplatz oder zum Supermarkt kein Problem.

„Die Großen sind alle dabei, E-Bikes zu entwickeln“, versichert Siegfried Neuberger, Geschäftsführer des Zweirad-Industrie-Verbands (ZIV). Auf den Branchen- Messen im Herbst dieses Jahres sei mit einigen Überraschungen zu rechnen. Doch „die Großen“ sind zurückhaltend. Zu kaufen gibt es reine Elektrozweiräder bei den bekannten Markenherstellern nicht. Die Argumente gleichen dabei denen der Autohersteller: Sie ließen sich zu aktuellen Kosten nicht wirtschaftlich vermarkten. Die Batterien seien noch zu schwer, zu schwach und vor allem zu teuer, entsprechend klein sei die Reichweite und zu hoch der Anschaffungspreis der E-Bikes. Außerdem fehle noch die nötige öffentliche Ladeinfrastruktur. Flops und Pleiten, wie die des Herstellers Vectrix, schrecken ab.

„E-Bikes sind noch gnadenlos teuer“, räumt ein Sprecher des italienischen Roller-Produzenten Piaggio ein. „Einige Vorreiter kaufen sie trotzdem, weil sie sich damit zeigen wollen.“ Die Nachfrage nach dem ersten Roller mit Hybridantrieb – dem Piaggio- Dreirad „MP3“ für rund 9000 Euro – sei „relativ verhalten“, sagt der Sprecher. Zum Vergleich: Das konventionelle Benziner-Modell mit einem doppelt so großen Motor kostet 2000 Euro weniger als der „MP3“.

Beim französischen Wettbewerber Peugeot findet man ebenfalls kein Elektro- Zweirad im aktuellen Programm. Schon vor 15 Jahren produzierten die Franzosen einen elektrisch angetriebenen Roller, den „Scoot’Elec“. Zu früh – 2005 wurde die Herstellung wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit und Nachfrage eingestellt. Doch Peugeot will einen zweiten Anlauf wagen. Für „Anfang 2011“ kündigt eine Sprecherin den mit einer Lithium-Ionen-Batterie ausgestatteten Elektroroller „E-Vivacity“ an. Mit 4000 Watt, dem Maximum dessen, was die europäische Gesetzgebung für einen 50-Kubik- Scooter zulässt, soll der E-Vivacity „allen anderen Fünfzigern um die Ohren“ fahren. Einen Preis nennt Peugeot noch nicht. Ende 2011 soll zudem das deutlich stärkere Hybrid- Dreirad auf den Markt kommen. Zukunftsmusik – zumindest für den deutschen Markt.

In China produzieren Piaggio und Peugeot mit Joint-Venture-Firmen Elektroscooter für den asiatischen Megamarkt. „Das Thema liegt noch nicht richtig auf unserem Tisch“, heißt es lapidar beim deutschen Motorrad-Industrie-Verband. Möglich, dass der Zweiradmarkt erst Impulse von den Automobilherstellern braucht, die mit ihren Elektro-Projekten unter einem ungleich höheren Wettbewerbs- und Imagedruck stehen. So schloss Opel- Chef Nick Reilly unlängst im Tagesspiegel-Interview nicht aus, dass die GM-Tochter ihr Elektro-Knowhow künftig auch auf zwei Rädern vermarkten könnte. „Wir profitieren von der intensiven Entwicklungsarbeit im Automobilbereich“, bestätigt auch ein Sprecher des Nobelherstellers BMW, der fast alle seine Motorräder in seinem Berliner Werk baut und sich mit dem konzernweiten „Project i“ als Vorreiter der Elektromobilität sieht. Im Motorradgeschäft ist davon allerdings noch wenig zu sehen. „Wir sind im Pkw-Bereich weiter“, räumt der Sprecher ein. Die 2009 vorgestellte Studie eines Elektro- Motorrads auf der Basis des inzwischen eingestellten BMW-Kabinenrollers C1 geht nicht in Serie. Ganz aufgegeben hat man das Projekt aber auch nicht. „Es wird weiter daran gearbeitet, das ist ein offenes Thema“, heißt es. Für große Tourenmaschinen dürfte der Elektroantrieb allerdings wegen der fehlenden Reichweite vorerst uninteressant sein. Bleiben die Roller und Scooter, die BMW bisher aber nicht im Programm hat – schon gar nicht in der E-Version. „Das Thema ist hochspannend, wir schauen uns das intensiv an“, sagt der Sprecher. „Langfristig könnten wir uns das vorstellen.“

Bevor es soweit ist, feiern kleine Hersteller in der Elektro-Nische Erfolge. Etwa die Münchner Firma Elbike (www.elbike.eu), die den ersten Elektroroller mit Typenzulassung beim Kraftfahrtbundesamt herstellt. Zum Preis von rund 1800 Euro fährt das Ebike mit voller Batterie 40 Kilometer weit, Höchstgeschwindigkeit 45 Kilometer pro Stunde. Mehr als 1000 Stück haben die Bayern nach eigenen Angaben hierzulande schon verkauft, in Europa mehr als 4000.

Andere Marken setzen auf exklusives Design, wie der Hersteller Elmoto (www.elmoto.com). Zu sehen sind einige der Modelle im Berliner Elektro-Shop www.lautlos-durch-berlin.de.

Aber elektrische Mobilität auf zwei Rädern ist nicht nur etwas fürs Schaufenster. In vielen Städten werden schon in der Praxis Erfahrungen gesammelt. Offenbar sehr gute Erfahrungen: Die Schweizer Post hat Ende 2009 ihre Elektroscooter- Flotte um 250 Fahrzeuge des Herstellers Oxygen aufgestockt.

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