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Wirtschaft: EU-Kommission zur Klage gegen die Finanzminister bereit Europäischer Gerichtshof soll über das deutsche Defizit entscheiden

(jh/HB). Der europäische Währungskommissar Pedro Solbes hält ungeachtet unkalkulierbarer politischer Risiken an dem Plan fest, den EUMinisterrat beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg zu verklagen.

(jh/HB). Der europäische Währungskommissar Pedro Solbes hält ungeachtet unkalkulierbarer politischer Risiken an dem Plan fest, den EUMinisterrat beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg zu verklagen. Der EuGH soll in einem Eilverfahren prüfen, ob die EU-Finanzminister im November bei der Aussetzung des Defizitverfahrens gegen Deutschland und Frankreich den EU-Vertrag verletzt haben. Morgen will die Kommission über die Klage entscheiden.

Deutschland und Frankreich überschreiten in diesem Jahr zum dritten Mal in Folge die erlaubte Neuverschuldung von drei Prozent im Staatshaushalt, auf die sich die Euro-Staaten im Maastricht-Vertrag geeinigt hatten. Beide Länder hatten sich geweigert, die Etats für das Jahr 2004 nach den Vorgaben der EU-Kommission anzupassen .

Der deutsche Kommissar Günter Verheugen lehnt die Klage der Kommission ab, hält sie aber angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Kollegium für „unabwendbar“. Er glaube, dass sie zu einer unnötigen Verschärfung der Situation innerhalb der EU führen werde, sagte er am Wochenende im Deutschlandfunk. Er könne nicht erkennen, wie eine Klage das Gesprächsklima fördern könne. Er sehe auch nicht den praktischen Nutzen einer Klage. Vielmehr rät er, „miteinander zu sprechen und zu sehen, ob man Elemente zusammenbringen kann, die den Stabilitätspakt für die Zukunft handhabbar machen“.

Kritische Stimmen zu der möglichen Klage kamen auch aus europäischen Notenbankkreisen. Die juristische Analyse der Kommission sei zwar korrekt. Doch der politische Schaden, der mit einer Klage und später dem Urteil in den Beziehungen zwischen Rat und Kommission angerichtet werden könnte, sei schwer abzuschätzen.

Kommissionspräsident Romano Prodi steht nach Angaben seines Sprechers jedoch hinter Solbes. Äußerungen aus Prodis Umfeld deuten jedoch an, dass der Italiener die politische Brisanz einer Klage gegen den Ministerrat sehr ernst nimmt. Anders als beim heftigen Schlagabtausch zwischen Berlin und Brüssel über die Verschärfung des EU- Defizitverfahrens gegen Deutschland verzichtete die Bundesregierung diesmal auf deutliche Worte. Auch die französische Regierung hielt sich mit Kritik bisher zurück.

Solbes wird unterstützt vom Juristischen Dienst der Kommission. Ihm zufolge handelten die Finanzminister illegal, als sie das Defizitverfahren einfach aussetzten, anstatt Sanktionen gegen Deutschland und Frankreich einzuleiten. Auch die Juristen des Ministerrates beurteilen das Vorgehen der Finanzminister kritisch: Sie hätten die Flexibilitätsspielräume des EU-Vertrags zu großzügig ausgelegt. Zugleich verweisen die Rats-Juristen aber darauf, dass der Ministerrat sich in der Vergangenheit mehrfach von den Vorgaben des EU-Vertrages entfernt habe. Der EuGH sei niemals angerufen worden.

Die Kommission will den Fall in einem Eilverfahren klären. Dies dauert beim EuGH rund zwei Monate. Der Bonner Europarechtler Martin Seidel gibt der Sache keine Chance. Die Luxemburger Richter dürften die Klage als „unzulässig und unbegründet“ zurückweisen, meint er.

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