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Um die 50 000 Stellen sind Schätzungen zufolge derzeit allein in der Pflege nicht besetzt. Mit einem Sofortprogramm will die Bundesregierung 8000 neue Fachkraftstellen schaffen. Es ist jedoch nicht erkennbar, woher und wer die Stellen besetzen kann.

© imago/photothek

Fachkräftemangel: Pflegenotstand hat viele Ursachen

Fachkräfte in Krankenhäusern und Altenheimen verdienen hierzulande deutlich weniger als der Durchschnittsarbeitnehmer. Und die Belastung ist höher.

Problem erkannt, Abhilfe angekündigt: „In einem Sofortprogramm werden wir 8000 neue Fachkraftstellen im Zusammenhang mit der medizinischen Behandlungspflege in Pflegereinrichtungen schaffen.“ So steht es im Koalitionsvertrag. Das klingt gut, zumal „dem Sofortprogramm weitere Schritte folgen werden“. Doch ob Gesundheitsminister Jens Spahn überhaupt ein Schrittchen vorankommt, ist zweifelhaft. Denn schon jetzt können Zehntausende Arbeitsplätze in der Pflege nicht besetzt werden. Woher also sollen die zusätzlichen 8000 kommen? Zu viele Gründe sprechen gegen einen Job im Altenheim oder Hospital, wie die Hans-Böckler-Stiftung in einer Studie erläutert: Die Bezahlung ist schlecht, die Belastung hoch, die Arbeitszeiten schrecken ab und eine Karriere ist kaum möglich. „Neben Verbesserungen bei der Finanzierung ist es zentral, die beruflichen Einstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten in sozialen Dienstleistungen zu verbessern“, teilte die DGB-eigene Stiftung am Montag mit.

Ein Altenpfleger bekommt 14,24 Euro die Stunde

Der Durchschnittsstundenlohn aller Beschäftigten liegt hierzulande bei 16,97 Euro. Dahinter bleiben die Bruttostundenlöhne von examinierten Arbeitskräften in der Altenpflege mit 14,24 Euro und der Krankenpflege mit 16,23 Euro ebenso zurück wie die der Erzieherinnen mit 15,91 Euro. Die Helfer und Helferinnen in der Alten- und Krankenpflege bekommen sogar nur etwas mehr als elf Euro die Stunde.

Soziale Dienstleistungsberufe sind auch wegen der körperlichen und seelischen Belastung unattraktiv, „oft in Folge zu schlechter Personalausstattung“, sowie wegen der Arbeitszeiten, häufig am Abend und am Wochenende und dazu oftmals nur in Teilzeit. „Überbelastete Beschäftigte werden häufiger krank, sie steigen aus dem Beruf aus oder müssen gar vorzeitig unfreiwillig in den Ruhestand gehen“, schreibt die Böckler-Stiftung. In anderen Ländern ist das anders. So kommen der Studie zufolge in US-amerikanischen Krankenhäusern im Schnitt 5,3 Patienten auf eine Pflegekraft, in den Niederlanden sind es sieben, in Schweden 7,7 und in der Schweiz 7,9. Hierzulande betreut eine Krankenschwester durchschnittlich 13 Patienten.

Sehr viele Helfer im Einsatz

Die Studienautoren haben sich auch die Struktur der Pflege angesehen. Um Kosten zu sparen, hätten Krankenhäuser und Pflegeheime in der Vergangenheit „Arbeitsabläufe wie in einer Fabrik zerlegt und Fachkräfte nur dort eingesetzt, wo es unabdingbar sei“. Die dadurch entstehenden Lücken würden in Stoßzeiten, etwa mittags oder abends, von Hilfskräften gefüllt. Auch deshalb liege die Teilzeitquote hierzulande bei sozialen Dienstleistungen deutlich über dem europäischen Durchschnitt, vor allem bei Helfertätigkeiten. Ohne längere Arbeitszeiten, besserer Qualifizierung, großzügigere Personalschlüssel und höheren Einkommen werde der Pflegenotstand nicht zu beheben sein, resümieren die Autoren.

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