zum Hauptinhalt
Die App Bonify zeigt auf einem Mobiltelefon den SCHUFA-Basisscore.

© IMAGO/Guido Schiefer

Neue Gerichtsurteile machen Druck: Muss die Schufa negative Einträge schneller löschen?

Viele Negativmeldungen speichert die Schufa drei Jahre lang. Mehrere Urteile stellen die Praxis infrage. Was heißt das für die Verbraucher?

Von Max Mergenbaum

Stand:

Die Schufa steht unter Druck. In den vergangenen Wochen stellten gleich mehrere Gerichte die Speicherpraxis der Auskunftei infrage: Bislang speichert die Schufa Negativmeldungen, etwa wegen unbezahlter Rechnungen, drei Jahre lang – auch wenn die ausstehenden Beträge vom Schuldner beglichen wurden. In mehreren Fällen urteilten Gerichte nun: Die Schufa muss künftig erledigte Negativeinträge schneller löschen.

Verbraucherschützer begrüßen das. Die Schufa geht juristisch gegen die Urteile vor und will an ihrer Speicherpraxis festhalten. Sie warnt davor, dass eine Änderung auch Nachteile für Verbraucher mit sich bringen könnte.

Anfang April entschied das Oberlandgericht Köln (Az.: 15 U 249/24), dass die Schufa erledigte Negativeinträge sofort zu löschen habe. Geklagt hatte im konkreten Fall ein Verbraucher, der drei offene Forderungen beglichen hatte, dessen Zahlungsstörungen die Schufa allerdings weiterhin als Negativeinträge speicherte. Die schlechtere Kreditwürdigkeit machte es für den Kläger schwerer, einen Mobilfunk- und Energievertrag abzuschließen.

Gerichtsurteile stellen langfristige Speicherung infrage

Nach Ansicht des Oberlandesgerichts Köln verstieß die Schufa mit dieser Speicherpraxis gegen die Datenschutzgrundverordnung. Zudem verwiesen die Richter auf ein früheres Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Dezember 2023. Dem Kläger sprach das Gericht einen Schadensersatz von 500 Euro zu.

Die Schufa kündigte an, gegen das Urteil des OLG Köln Beschwerde beim Bundesgerichtshof einzulegen. Gegenüber dem Tagesspiegel verwies die Auskunftei unter anderem auf ein Urteil des Oberlandesgerichts München ebenfalls vom April, welches die dreijährige Speicherpraxis der Schufa in einem anderen Fall bestätigt hatte.

„Unternehmen haben ein berechtigtes Informationsinteresse, ob ihr Vertragspartner seine vertraglichen Pflichten erfüllt und dies auch in der jüngeren Vergangenheit getan hat“, teilte die Auskunftei mit. Personen, die in den vergangenen drei Jahren eine erledigte Zahlungsstörung hatten, wiesen statistisch gesehen ein zehnfach höheres Risiko auf, erneut ihren Zahlungspflichten nicht nachzukommen.

Sollte der Bundesgerichtshof das Urteil des OLG Köln jedoch bestätigen, müsste die Schufa ihre Speicherpraxis ändern und Negativmeldungen umgehend löschen, nachdem Schuldner ihre offenen Forderungen bezahlen. Die Schufa argumentiert, dass kürzere Speicherfristen auch zu Lasten von Verbrauchern gingen, wenn Banken etwa bei der Kreditvergabe höhere Zinsen verlangten, um sich gegen Zahlungsausfälle abzusichern.

Der Schufa-Macht werden Grenzen gesetzt.

Britta Langenberg, Bürgerbewegung Finanzwende

Verbraucherschützer bewerten die Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln dagegen positiv. Das Urteil zeige, dass sich Verbraucher „gegen die Speicherung von erledigten Forderungen durch Auskunfteien erfolgreich zur Wehr setzen könnten“, sagte Dorothea Mohn, Teamleiterin Finanzmarkt beim Verbraucherzentrale Bundesverband. Die neue Bundesregierung sollte nun mit einer Gesetzesreform die Fairness und Transparenz des Bonitäts-Scorings für alle Verbraucher absichern.

Ähnlich sieht es Britta Langenberg, Leiterin des Bereichs Verbraucherschutz bei der Bürgerbewegung Finanzwende: „Der Schufa-Macht werden Grenzen gesetzt, auch Schadenersatz wird mittlerweile erwogen.“ Das seien gute Nachrichten für Verbraucher.

Schufa will transparenter werden

Das Geschäftsmodell der Schufa steht schon länger in der Kritik. Das betrifft vor allem den Bonitätsscore, mit dem die Schufa die Kreditwürdigkeit von Verbrauchern bewertet. Der Score wird anhand von Daten von Verbrauchern errechnet, etwa anhand der Anzahl von Girokonten und Kreditkarten, aber auch Informationen über unpünktlich bezahlte Rechnungen oder Mahnungen. Wie genau diese Faktoren in die Berechnung des Scores einfließen, ist aber unklar. Verbraucherschützer fordern deshalb seit langen mehr Transparenz von der Schufa.

Bereits 2023 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) geurteilt, dass Kunden der Schufa den automatisch erstellten Score nicht maßgeblich dafür nutzen dürfen, um darüber zu entscheiden, ob ein Kreditvertrag zustande kommt. Mit Verweis auf den EuGH kam das Landgericht Bamberg im März dieses Jahres in erster Instanz in einem aufsehenerregenden Urteil zu dem Schluss, dass die Schufa den Score nicht voll automatisiert erstellen darf. Auch gegen dieses Urteil hat die Schufa Berufung eingelegt.

Die Auskunftei hat nun selbst eine Transparenzoffensive gestartet. Sie hat den Bonitätsscore überarbeitet und vereinfacht. Aus ursprünglich mehr als 250 möglichen Kriterien hat die Schufa zwölf ausgewählt, die aus ihrer Sicht am verständlichsten sind und die zugleich eine möglichst verlässliche Aussage über die Zahlungsfähigkeit liefern. Die Schufa wendet den Score laut eigenen Angaben bereits an. Bis zum vierten Quartal 2025 sollen auch Verbraucher jederzeit digital und kostenfrei ihre Daten bei der Schufa einsehen können.

Die Schufa hat laut eigenen Angaben bonitätsrelevante Informationen von rund 68 Millionen Personen gespeichert. 2024 steigerte die Auskunftei ihren Umsatz erneut auf knapp 290 Millionen Euro.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
false
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })