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Beratungsprotokoll: Nicht unterschreiben

Damit Beratungsfehler bei der Bank nachgewiesen werden können, schreibt die Bundesregierung seit dem ersten Januar ein Beratungsprotokoll vor. Experten fürchten, dass diese mehr schaden als nutzen.

„Das ist vollkommen sicher“, hat so mancher Bankberater seinem Kunden erzählt und ihm Zertifikate der Investmentbank Lehman Brothers verkauft. Dann ging die Bank pleite und das Geld war weg. Im Kleingedruckten des Vertrags hatte irgendwo gestanden, dass ein Zertifikat nur so lange sicher ist, wie es den Herausgeber noch gibt.

Adrian Müller-Helle hat diese Geschichte oft gehört. Der Rechtsanwalt vertritt Lehman-Geschädigte, vor allem ältere Leute, die ihre Bank jetzt wegen falscher Beratung auf Schadenersatz verklagen. Er sagt: „In vielen Fällen wurden die Risiken von den Beratern systematisch heruntergespielt“. Nur: Das zu beweisen, ist im Nachhinein schwierig.

Damit Beratungsfehler nachgewiesen werden können, schreibt die Bundesregierung seit dem ersten Januar ein Beratungsprotokoll vor. Bevor er den Vertrag für eine Geldanlage abschließt, muss der Bankberater dem Kunden ein Protokoll des Verkaufsgesprächs vorlegen. Viele Verbraucherschützer fürchten aber, dass die Papiere im Prozessfall wenig nützen. Im Gegenteil – sie könnten sogar schaden.

Niels Nauhauser, Finanzexperte von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, rät den Kunden etwa: „Das sollte man auf keinen Fall unterschreiben“. Zu groß sei die Gefahr, dass der Bankberater eine Formulierung in das Protokoll hineinschreibe, die vor Gericht zulasten des Kunden ausgelegt werden könnte.

Das Gleiche befürchtet Rechtsanwalt Müller-Helle. Viele Banken hätten auch vor der Gesetzesänderung schon Protokolle angefertigt und sie genutzt, um sich selbst abzusichern. „Eine Vielzahl von Kunden, die sich selbst als ganz klar sicherheitsorientiert bezeichnen, wurde in solchen Protokollen in eine mittlere Risikostufe eingeordnet.“ Wer ein solches Papier unbedacht unterschreibe, habe später vor Gericht schlechte Karten, zu beweisen, dass ihm die Bank gegen seinen ausdrücklichen Willen riskante Produkte aufgedrängt hat.

Der Gesetzgeber schreibt nicht vor, dass der Kunde das Protokoll unterschreibt, unterzeichnen muss nur der Bankberater. Bei vielen Banken ist eine Unterschrift des Kunden auch nicht vorgesehen, so zum Beispiel bei der Berliner Sparkasse, der Commerzbank oder der Deutschen Bank. Andere Institute lassen sich von ihren Kunden den Erhalt des Protokolls quittieren. Müller-Helle rät auch hier zur Vorsicht. Die Banken könnten die Empfangsbestätigung so formulieren, dass es am Ende so aussieht, als habe sich der Kunde mit dem Inhalt einverstanden erklärt. Unbedenklich sei nur eine Unterschrift unter einem Satz wie „Hiermit bestätige ich, dass ich das Protokoll erhalten habe.“

Auch Karin Bauer, Expertin für das Thema Geldanlage bei der Stiftung Warentest, sagt: „Wir raten, das Beratungsprotokoll nicht zu unterschreiben, so lange nicht geklärt ist, ob sich die Unterschrift später vor Gericht nachteilig für den Kunden auswirken kann.“ Grundsätzlich aber sei ein Protokoll hilfreich. „Früher stand bei Prozessen Aussage gegen Aussage. Da ist es gut, wenn man etwas Schriftliches hat.“ Nur müsse das Papier auch wirklich den Wortlaut des Gesprächs wiedergeben. Auf den ersten Protokollen, die sie gesehen habe, habe es oft vorgefertigte Versatzstücke zum Ankreuzen gegeben. „Wenn man miteinander redet, klingt das anders.“ Bauer rät den Kunden, das Protokoll vor Abschluss des Vertrags gründlich zu lesen, am besten zu Hause, nicht in der Bank. Bei jedem Punkt sollte man sich fragen: Wurde das so gesagt? Und habe ich das auch verstanden?

Eine Vorgabe, wie das Dokument auszusehen hat, macht das Gesetz nicht. Peter Lischke von der Verbraucherzentrale Berlin glaubt, dass die Banken das Protokoll so abfassen werden, dass sie sich selbst gegen mögliche Haftungsklagen absichern. Ein Protokoll, das dem Kunden nutzt, sollte zum einen die Situation des Anlegers richtig und ausführlich beschreiben: „Welchen Erfahrungshorizont habe ich mit Geldanlagen, wie viel Risiko möchte ich eingehen und wie sieht meine finanzielle Situation aus?“ Zum anderen sollte der Berater in dem Papier darlegen, warum er diesem Anleger ein bestimmtes Produkt empfohlen hat. Weiter muss das Produkt genau beschrieben, mögliche Risiken benannt und Kosten, wie zum Beispiel Depotgebühren, aufgelistet werden.

Sein Kollege Nauhauser rät den Kunden zudem, noch ein eigenes Protokoll von dem Gespräch anzufertigen und es dem Berater zur Unterschrift vorzulegen. So könne man erstens sicher sein, dass man alles verstanden hat. Und wenn der Berater Sätze wie „Das ist vollkommen sicher“ nicht unterschreibt, weiß man auch, was man davon halten kann.

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