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Geldpolitik: Wie machen Staaten Schulden?

Deutschland besorgt sich oft mittwochs neues Geld.

Wenn ein Privatmensch mehr Geld braucht als er zur Verfügung hat, nimmt er einen Kredit bei seiner Bank oder Sparkasse auf. Wenn ein Staat mehr ausgibt als er durch die Steuern einnimmt, macht er Schulden, indem er Wertpapiere ausgibt, an Banken, Investmentfonds oder Versicherungen. Oder direkt an seine Bürger. Der deutsche Bundesschatzbrief ist nichts anderes als eine Staatsanleihe.

Ratingagenturen bewerten Staaten mit Bonitätsnoten. Damit schätzen sie ein, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Land seine Schulden zurückbezahlen wird. Je unsicherer die Lage eines Landes, desto schlechter die Bewertung, desto mehr Zinsen verlangen Anleger. Wenn also die Bonitätsnoten sinken, werden die Kredite für die Staaten teurer. Schlimmstenfalls bekommen sie gar kein Geld mehr.

Deutschland gilt als einer der besten Schuldner der Welt. Die Schulden sind aber hoch: Ende 2009 betrug die Gesamtverschuldung allein des Bundes rund eine Billion Euro. Dafür zahlte der Bund im letzten Jahr fast 40 Milliarden Euro Zinsen. Das ist genau so viel, wie er an neuen Schulden aufnehmen musste. Die Zinslast ist nach den Renten der zweitgrößte Posten im Bundeshaushalt.

Die deutschen Schulden werden von der Finanzagentur gemanagt. Die hundertprozentige Tochter des Bundes hat ihren Sitz in Frankfurt. 340 Mitarbeiter sind jeden Tag damit beschäftigt, fällige Kredite zu begleichen und frisches Geld möglichst billig aufzutreiben. Bis zu zehn Prozent des Geldes leiht sich die Finanzagentur mittels kurzfristiger Kredite bei den Geschäftsbanken. Damit gleicht sie jeden Tag das Konto der Bundesrepublik aus. Wenn am Monatsende die Gehälter der Beamten fällig werden, die Steuern aber erst eine Woche später eingezogen werden, klafft auf dem Konto schnell eine Lücke von mehreren Milliarden Euro.

Der weitaus größere Teil der deutschen Schulden steckt in allen Arten von festverzinslichen Wertpapieren. Es gibt 10-jährige Anleihen, fünfjährige Obligationen oder zweijährige Schatzanweisungen. Neue Papiere werden beinahe jede Woche in Auktionen auf den Markt gebracht, in der Regel mittwochs. Es gibt ein festes Bieterkonsortium, bestehend aus 32 Banken. Sie teilen vorab mit, wie viele Papiere sie zu welchem Zinssatz kaufen möchten. Die Finanzagentur entscheidet, an wen sie die Anleihen vergibt. Zu dem Konsortium gehören neben Deutscher Bank und Commerzbank, auch fünf Landesbanken, US-Investmentbanken wie Goldman Sachs und J.P. Morgan oder die Schweizer UBS.

Die Banken geben die Papiere weiter an Pensionsfonds, Versicherungen, Vermögensverwalter oder Privatanleger auf der ganzen Welt. Privatpersonen können auch direkt bei der Finanzagentur Tagesanleihen oder Bundesschatzbriefe kaufen. Da die Staatsanleihen auch an der Börse gehandelt werden, lässt sich nur schwer nachvollziehen, wer sie hält.

Für die Banken sind die Schulden, die die Staaten haben ein lukratives Geschäft. Sie bringen die Staatsanleihen mit Gewinn auf den Markt, und sie können die Papiere als Sicherheiten hinterlegen, wenn sie sich bei anderen Instituten Geld leihen. Andersherum gilt: Bräche das Bankensystem zusammen, wären die Staaten ganz schnell pleite. Miriam Schröder

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