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Wirtschaft: Firmen im Speckgürtel sollen Staatsgeld zurück zahlen

Investitionsbank des Landes Brandenburg fordert von sechzig Unternehmen Subventionen zurück. Experten fürchten Pleitewelle

Berlin (dr). Unangenehme Post für eine große Zahl brandenburgischer Unternehmer: Absender ist die Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB). In den Schreiben fordert das Förderinstitut die Firmen auf, bereits gewährte Subventionen teilweise wieder an die ILB zurückzuzahlen. Betroffen sind etwa 60 Unternehmen im so genannten Speckgürtel um Berlin. Sie haben Fördermittel aus der „Gemeinschaftsaufgabe – Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GAMittel) für eigene Investitionen erhalten.

Die Investitionsbank beruft sich bei ihrer Rückforderung auf eine EU-Richtlinie. Hintergrund ist ein Beschluss der EU-Kommission von November 2000. Brüssel entschied damals, dass die Förderung von Investitionen im Umland von Berlin nicht höher ausfallen dürfe als in der Stadt. Berlin aber darf nur Zuschüsse von maximal 30 Prozent gewähren. In Brandenburg wurden 35 Prozent gezahlt.

Die Berliner Unternehmensberatung Tietz & Schreiner schlägt Alarm, sie fürchtet sogar eine Pleitewelle vor allem im Hotel- und Gaststättengewerbe, weil die betroffenen Firmen das Geld längst investiert hätten. Bei der Potsdamer Investitionsbank heißt es, sie habe geltendes EU-Recht durchzusetzen. Diese Zuschüsse seien aber von den Unternehmen „in gutem Glauben“ angenommen und auch investiert worden, argumentiert Tietz & Schreiner. Für einige kleine und mittlere Unternehmen bedeuteten diese Teilrücknahmebescheide Rückzahlungsforderungen bis in den sechsstelligen Euro- Bereich. Diese Rückzahlungen seien den Firmen aber in vielen Fällen unmöglich.

Das brandenburgische Wirtschaftsministerium hat sich eigenen Angaben zufolge auf die zuständige Planungskommission verlassen. Diese habe im März 2000 festgestellt, eine Förderung mit 35 Prozent sei mit dem EU–Recht vereinbar. Die Kommission in Brüssel sah das – trotz verschiedener Interventionen der deutschen Seite – aber offenbar anders. Sie untersagte ein gutes halbes Jahr danach die Förderung – und zwar rückwirkend zum März des Jahres 2000.

Veröffentlicht wurde der Beschluss aber erst im Amtsblatt im April 2001, was die Sache nicht einfacher machte. Denn inzwischen hatte die ILB weitere Subventionen bewilligt und auch ausgezahlt. Offenbar wollte man die Gefahr aus Brüssel nicht sehen und die Chancen zu höheren Subventionszahlungen bis zum allerletzten Augenblick nutzen. Nun aber müsse die Investitionsbank geltendes EU-Recht durchsetzen verteidigt die Förderbank ihre jetzigen Rücknahmebescheide. Zudem sei bereits vom Herbst 2000 an in den Bewilligungsbescheiden ein Genehmigungsvorbehalt der EU festgeschrieben worden. Die Unternehmen seien deshalb vorgewarnt gewesen, heißt es weiter.

Immerhin gelang es dem brandenburgischen Wirtschaftsministerium, eine so genannte De-Minimis-Verordnung durchzusetzen. Dies bedeutet, kleine und mittlere Unternehmen, die innerhalb von drei Jahren nicht mehr als 100000 Euro Gesamtförderung erhalten haben, werden zwar auch mit einem Rückzahlungsbescheid konfrontiert, de facto aber müssen sie kein Geld an die ILB zurücküberweisen.

Und auch die Investitionsbank versucht nun ihrerseits den Schaden zu begrenzen. Eine „Einzelfallüberprüfung kann erfolgen“, sagte ein Sprecher auf Anfrage des Tagesspiegel. Dies bedeutet: Unter Umständen ist eine Stundung und zumindest eine Tilgung in kleinen Raten möglich.

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