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Twinity

© dpa

Virtuelle Welt: Hackescher Markt und Unter den Linden – ausverkauft

Metaversum erschafft Spiegelwelten – darunter auch ein virtuelles Berlin. Jetzt hat die Firma frisches Kapital bekommen.

Düsseldorf - Unter den Linden geht fast nichts mehr, auch der Hackesche Markt ist praktisch ausverkauft. Knapp 7000 Appartements sind vermietet oder verkauft, sagt Metaversum-Chef Jochen Hummel. Kein Wunder, bei Einstiegspreisen um 20 Euro für ein Appartement in der Berliner Innenstadt. Aber es sind nur virtuelle Wohnungen im digitalen Berlin von Metaversum. Vorbei die Zeiten, als noch Irrsinnspreise für digitale Inseln in der virtuellen Welt „Second Life“ gezahlt wurden.

Da sind Staatshilfen willkommen. Das Berliner Start-up Metaversum konnte sich für seine Spiegelwelt Twinity, die so realistisch wie möglich Metropolen wie Berlin, Singapur oder London im Internet nachbaut, in einer zweiten Finanzierungsrunde 4,5 Millionen Euro sichern. Mit dabei ist die Staatsbank KfW, die BC Brandenburg Capital, eine Tochter der Investitionsbank des Landes Brandenburg, und private Kapitalgeber. „Bei Second Life wurden viele falsche Erwartungen geweckt“, sagt Hummel im Gespräch mit dem „Handelsblatt“. Aber jetzt sei alles besser, die Geschäftsmodelle tragfähiger.

„Einfach die Tore öffnen und warten, das geht schief“, meint Hummel. „Sie müssen etwas bieten.“ Ähnlich sieht es Christoph Gerlinger, Chef von Frogster Interactive Pictures: „Welten ohne Inhalte, ohne Sinn und Aufgaben, werden untergehen.“ Frogster hat im März das Online- Rollenspiel „Runes of Magic“, Konkurrent zum legendären „World of Warcraft“, gestartet, und macht damit laut Gerlinger bereits eine Million Euro Umsatz im Monat. Online-Spielewelten gelten als schärfste Konkurrenz zu den klassischen Welten: Da ist immer was los. Aus den Billigprodukten der Anfangsjahre sind opulente Cyberwelten geworden, die Spiel und soziales Netzwerk verbinden.

In Twinitys Metropolen soll es auch munter zugehen, mit realen Charakteren vor realen Hintergründen. Eine Straßenecke im Cyber-Berlin sieht so aus wie im echten. Die Pizzeria findet der Besucher genau da, wo er sie im Internet gesehen hat. Und vielleicht auch den Pizzabäcker, mit dem er vorher auf einem digitalen Rockkonzert gewesen ist. „Das ist ein großer Unterschied“, sagt Hummel. Als Parallelen nennt er anonyme soziale Netze wie Myspace, die klar zurückfielen, während Netze mit Klarnamen wie Facebook boomten. „Die Menschen wollen was erleben, jemand kennenlernen.“

Die Branche ist bescheiden geworden. Vordergründig war das Jahr 2008 nicht so schlecht für die virtuellen Welten. In 63 Unternehmen aus dem weiteren Bereich der Cyberwelten und virtuellen Güter wurden zusammen 594 Millionen Dollar investiert, rechnet der New Yorker Branchenbeobachter Virtual World Management vor. 2007, als der Rummel um Second Life noch ungebrochen schien, waren es 1,4 Milliarden Dollar gewesen. Besonders schwer haben es Erwachsenenwelten wie Twinity, die nur noch 47 Millionen Dollar Beteiligungsgelder einsammelten. Sie kämpfen nicht nur gegen Rollenspiele, sondern auch gegen Zeitfresser wie Facebook. Axel Postinett (HB)

Axel Postinett (HB)

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