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Patienten verstehen. Reine Pflegekenntnisse reichen nicht, um kranke Menschen zu betreuen. Foto: ddp

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Wirtschaft: Hand in Hand

In der Pflege ist Empathie gefragt. Verschiedene Kurse helfen bei der speziellen Fürsorge – und bieten so neue Jobprofile.

Sie wissen es einfach nicht mehr. Viele alte Menschen stehen täglich vor dem geöffneten Kühlschrank, im Treppenhaus oder auf der Straße. Aber was sie dort wollten, das haben sie vergessen. Die einen sind im Anfangsstadium ihrer Demenz, andere fortgeschritten. Sie alle brauchen Hilfe, um Alltag und Leben zu meistern.

Wer sich für einen Pflegeberuf entscheidet, braucht sich um seine berufliche Zukunft keine Sorgen zu machen. Vorausgesetzt, er bringt ein paar wichtige Eigenschaften mit: Denn Pflegeprofis sollten fürsorglich sein, kommunikativ, zugewandt – und gerne mit Menschen arbeiten. Doch auch Pflegende, die alle diese Voraussetzungen mitbringen, sollten weiterlernen.

Zum Beispiel Techniken, wie man diese Fähigkeiten im Job gewinnbringend einsetzen kann, ohne sich selbst dabei aus den Augen zu verlieren.

Der „Schattentag“ ist so ein Instrument, eine Methode, die das Forum Berufsbildung in ihren Aus- und Weiterbildungsangeboten nutzt. Die Teilnehmer werden einen Tag lang zum Schatten eines alten Menschen, sie begleiten ihn von morgens bis abends. Dabei erleben sie seine Anstrengung, Verzweiflung und Ratlosigkeit.

Danach verstehen sie noch besser, mit welchen Problemen die Patienten zu kämpfen haben. Außerdem werden die „Schatten“ für die Grundrechte ihrer Klienten sensibilisiert. „Menschlichkeit kann man nicht einfach erlernen, die bringen die Teilnehmer schon mit“, sagt die Pressesprecherin Sabine Taubenheim. Um den Pflegeberuf menschlich und fürsorglich auszuüben, müssen man allerdings auch die Bedürfnisse und Lebensgeschichten der Patienten kennen.

Der „Schattentag“ soll den Pflegenden Fach- und Methodenkompetenz, Selbstständigkeit und soziale Techniken vermitteln. Für Sabine Taubenheim ist es aber auch wichtig, dass die Pflegekräfte ihre professionelle berufliche Rolle selber reflektieren. Nur wer mit sich selbst fürsorglich umgehe, könne auch auf andere achten.

Das Forum Berufsbildung bietet verschiedene Kurse an, in denen Menschlichkeit und Fürsorglichkeit eine große Rolle spielen. Zum Beispiel einen fünfmonatigen Lehrgang zum Pflegeberater, der von zu Hause aus absolviert werden kann. Teilnahmevoraussetzung ist unter anderem eine Ausbildung zum Altenpfleger, Gesundheits- und Krankenpfleger oder Sozialversicherungsangestellten – oder aber ein Studienabschluss in sozialer Arbeit.

Der Lehrgang bereitet die Teilnehmer auf eine Beratungstätigkeit im Pflege- und Gesundheitswesen vor. Die Absolventen können Pflegebedürftige und Angehörige individuell beraten – damit die „Behandlungskette für pflegebedürftige Menschen“ optimal organisiert wird. Arbeiten können Pflegeberater später zum Beispiel in einer Beratungsstelle, einem Pflegestützpunkt oder einer stationären beziehungsweise ambulanten Einrichtung. Außerdem hat das Forum Berufsbildung eine Ausbildung zum Pflege- oder Betreuungsassistenten im Angebot. Und eine Zusatzqualifikation im Bereich Gerontopsychiatrie.

Die DRK-Berufsfachschule für Altenpflege in der Warschauer Straße hat einen Lehrgang zum Alltagsbegleiter in ihrem Programm: In der viermonatigen Ausbildung lernen die Teilnehmer, wie man demenziell erkrankte Menschen versorgt, betreut und ihnen in einfachem Maße Pflegeunterstützung gibt.

„Die Ausgebildeten der früheren Kurse sind überwiegend in der Betreuung von Pflegeeinrichtungen tätig“, sagt Rosemarie Derkau. Für die Schulleiterin sind Menschlichkeit und Fürsorge Voraussetzung, wenn man als Altenpfleger oder Alltagsbegleiter tätig ist. „Zur Professionalität gehört jedoch auch ein theoretisches Grundwissen, mit dem Entscheidungen getroffen und die Situationen reflektiert werden können.“ Wichtig sei es auch, Techniken zu beherrschen, mit denen etwa im Beratungsgespräch Prioritäten gesetzt werden – und das Gegenüber eingeschätzt werden kann.

Das gute Herz alleine reicht also in der Pflege nicht – weil theoretische Kenntnisse in der Praxis umgesetzt werden müssen. Einige Dozenten der DRK-Schule haben sich auch in der sogenannten „Integrativen Validation nach Richard“ weitergebildet und geben diese Kenntnisse nun an ihre Schüler weiter.

Die Integrative Validation ist eine Kommunikationsart, die sich auf die Gefühlsebene konzentriert. Diese Technik soll die Kontaktaufnahme mit Demenzkranken erleichtern, damit sich die Pfleger auf die Welt des Patienten einlassen können. Gefragt ist diese Technik etwa, wenn ein Bewohner mit der Gabel auf den Esstisch haut, weil er glaubt, er sei noch berufstätig und arbeite an seiner Werkbank. Auch die „Kommunikation ohne Worte“ wird an der DRK-Fachschule unterrichtet.

Rosemarie Derkau ist davon überzeugt, dass themenbezogene Weiter- und Fortbildungen einfach dazugehören. Es sei wichtig, lebenslang zu lernen und immer auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft und des Wissens zu sein.

Kurse zum Thema Menschlichkeit und Fürsorge bietet auch das Evangelische Geriatriezentrum Berlin (EGZB) an, das eine Akademie für Fort- und Weiterbildung betreibt. Die Angebote richten sich in erster Linie an Fachleute aus allen Gesundheitsberufen, stehen aber auch Quereinsteigern offen.

Buchen kann man beim EGZB unter anderem Veranstaltungen zum Thema Sterbebegleitung in der Pflege, zum Umgang mit Demenzerkrankten oder zu Biographiearbeit. Diese Methode soll die Lebensqualität der älteren Menschen verbessern, indem ihre individuelle Lebensgeschichte und die jahrzehntelangen persönlichen Erfahrungen in die Arbeit mit einbezogen werden.

Die Pflegenden sollen ihnen dabei helfen, ihr bisher gelebtes Leben zu überblicken – und dadurch Halt und Ordnung zu finden in einem Lebensabschnitt, der von vielen Verlusten und abnehmenden Fähigkeiten geprägt ist.

Wer mit älteren Menschen über ihre Biographie spricht, macht es ihnen leichter, sich selbst zu verstehen und die eigenen Lebenszusammenhänge und Leistungen zu begreifen. Die Teilnehmer lernen in diesem Kurs, wie sie Gespräche über die Biographie in den Pflegealltag einflechten.

Aber auch, wie sie die Familien der Patienten einbeziehen können, welche Rolle dabei ihre eigene Neugier spielt und wie man etwa mit Fotos, Geschichtenbäumen und biografischen Gedächtnisspielen auf das Leben des Patienten blickt.

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