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Das Risiko, erwischt zu werden, ist für schwarz arbeitende Putzkräfte gering.

© imago images / Panthermedia

Illegal beschäftigte Putzhilfen: Wie die Start-up-Szene an der Schwarzarbeit scheitert

Portale wie Helpling machen es leicht, Putzkräfte legal zu beschäftigen. Doch 90 Prozent arbeiten noch immer schwarz. Warum ist das so?

2014 war der Markt für Putzkräfte eine Boombranche für Start-ups. Wie die Pilze schossen neue Vermittlungsplattformen aus dem Boden mit Namen wie Helpling, Book a Tiger oder Putzfee. Zudem vereinfachte die Politik Anmeldung für Putzhilfen, baute Bürokratie ab und schaffte steuerliche Anreize, die Tätigkeit ordentlich zu melden. Es schien, als könne der Job der Putzhilfe endlich aus der Schwarzarbeit heraus in legale Beschäftigungsverhältnisse geführt werden.

Doch fünf Jahre später ist davon nichts zu spüren. Wie das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) in einer aktuellen Studie errechnet hat, beschäftigen derzeit 88,5 Prozent der deutschen Haushalte mit einer Reinigungskraft diese „schwarz“. Insgesamt haben mehr als 3,3 Millionen Haushalte gelegentlich oder regelmäßig eine Hilfe angestellt – das macht knapp 2,9 Millionen illegale Beschäftigungsverhältnisse. Im Durchschnitt wenden die Haushalte dafür137 Euro pro Monat auf. 90 Prozent der Putzkräfte sind weiblich.

Doch warum ist der Schwarzarbeit auf diesem Gebiet so verlockend? „Aus Sicht der Putzkräfte ist es häufig lukrativer, schwarz zu arbeiten, als ihre Arbeit über einen Dienstleister zu vermitteln“, erklärt der Wirtschaftsprofessor und Studienautor Dominik Enste im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Es sei gut möglich, dass sie nach Sozialabgaben und Provision an den Vermittler nur noch 7 bis 8 Euro aufs Konto statt 15 bar auf die Hand bekämen. „Zudem ist der Lohn so gering, dass sich damit kaum Ansprüche zum Beispiel in der Gesetzlichen Rentenversicherungen aufbauen lassen.“

Und auch das Risiko, erwischt zu werden, ist gering. Der für die Bekämpfung von Schwarzarbeit zuständige Zoll hat weder die Personalstärke noch die Befugnisse, vagen Hinweisen nachzugehen. Meist fliegt das Vergehen nur nach konkreten Hinweisen Dritter auf oder bei Arbeitsunfällen, die zu Ärger mit Versicherungen führen.

Helpling hat die Konkurrenz verdrängt

Von den mit viel Verve gestarteten Start-ups sind ebenfalls nur noch wenige übrig, der Markt hat sich konsolidiert. Frei nach der in der Plattformwirtschaft häufig geltenden Regel „The Winner takes it all“ hat das von Rocket Internet ins Leben gerufene Unternehmen Helpling nach und nach Konkurrenten wie Clean Agent oder Familienhelfer übernommen und sich so als führender Anbieter für die Vermittlung für private Haushalte durchgesetzt. Wettbewerber Book a Tiger spezialisierte sich mit der Zeit mehr und mehr auf Gewerbekunden. Das US-Unternehmen Homejoy zog sich aus Deutschland zurück.

Doch auch der Weg von Helpling war nicht frei von Schwierigkeiten. 2015 musste das Unternehmen ein Fünftel seiner Mitarbeiter entlassen, Rocket Internet korrigierte den Unternehmenswert daraufhin um über zwölf Millionen nach unten. In der Folge weichte das Start-up sein Geschäftsmodell auf und öffnete seine Plattform auch für andere haushaltsnahe Dienstleistungen wie Möbelaufbau oder Entrümpelung. Mit privatem Putzen allein scheint kein Geschäft zu machen zu sein.

Dennoch vermittelt Helpling, das auch in Singapur, Großbritannien und der Schweiz aktiv ist, heute allein in Berlin nach eigenen Angaben täglich mehrere Hundert Aufträge. Dabei sind die Reinigungskräfte selbstständig und legen selbst ihre Preise fest. Sie müssen dabei allerdings einkalkulieren, dass Helpling bei einer Buchung eine Provision einbehält. Bei einer einmaligen Reinigung fallen 32 Prozent des Stundenpreises an, bei einer regelmäßigen Reinigung 25 Prozent inklusive der Mehrwertsteuer.

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Dafür trägt Helpling alle weiteren Kosten, auch die der Haftpflichtversicherung. Um auf den Mindestlohn von 9,19 Euro pro Stunde zu kommen, muss eine Putzkraft also bei einer einmaligen Buchung mindestens 13,51 Euro berechnen. Ein beispielhafter Blick auf helpling.de zeigt, dass in Berlin-Mitte die meisten Preise ein paar Euro über diesem Wert liegen.

Die Nachfrage ist zu groß

Laut Experten läuft der Großteil der Putzkraft-Anstellungen aber noch immer ohne die Start-ups ab. Was die Vermittler ohnehin nicht ändern konnten ist das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage. Denn laut dem IW suchen immer mehr Haushalte vergeblich nach einer Haushaltshilfe. Und auch hier zeigt sich, dass Schwarzarbeit für viele attraktiver ist. Enste zufolge ist es vielerorts „nahezu unmöglich“, eine Putzkraft zu finden, die sich anmelden lasse.

In der Fläche helfen die Start-ups da aus seiner Sicht ohnehin nicht. „Meiner eigenen Erfahrung nach sind die Putz-Start-ups eher ein Großstadt-Phänomen“, meint der Experte. „Sucht man in ländlichen Regionen im Internet nach Putzhilfen, sind die Angebote rar gesät.“ Dort laufe viel über Mund-zu-Mund-Propaganda und Nachbarschaftshilfe.

Insgesamt nahm der Anteil der Haushalte mit Putzkräften seit 2005 von neun auf acht Prozent sogar ab. Und das obwohl die Erwerbsquote im selben Zeitraum aufgrund mehr arbeitender Frauen massiv angestiegen ist. Gerade Frauen leiden darunter, denn noch immer sind dem IW-Bericht zufolge in acht von zehn Haushalten die Frauen fürs Putzen zuständig.

Doch ausgerechnet die Haushalte, die eine Reinigungshilfe eigentlich am besten gebrauchen könnten, verzichten aus Sicht von Enste überdurchschnittlich häufig auf darauf: gut verdienende Familien mit Kindern, in denen beide Elternteile arbeiten. Seine Schlussfolgerung: „Mit Blick darauf, dass Menschen, die Putzhilfen beschäftigen, im Durchschnitt glücklicher sind, wäre es vielleicht doch manchmal besser, das Geld für eine Haushaltshilfe in die Hand zu nehmen, wenn man dadurch Zeit für die Familie gewinnt.“

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