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Eine neue EU-Richtlinie macht das Streaming für zahlende Kunden auch im Ausland möglich.

© Getty Images

Geoblocking: Im Urlaub Filme streamen wie zuhause

Wer im Urlaub eine angefangene Serie weiterschauen wollte, hatte bislang oft Pech. Ab 1. April ist Streaming auch im Ausland möglich. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Kaum eine Einblendung nervt Filmfans mehr als der leidige Hinweis: „Dieses Video ist in diesem Land leider nicht verfügbar“. Denn trotz des europäischen Binnenmarktes werden die meisten Filmrechte pro Land vermarktet, und so bekommt auch das Internet viele Grenzen. Doch ab dem 1. April wird das so genannte Geoblocking zumindest ein Stück weit gelockert. Dann gilt die Verordnung zur grenzüberschreitenden Portabilität von Online-Bezahlinhalten.

Was ändert sich genau?

Sämtliche kostenpflichtigen internetbasierten Streaming-Angebote und Pay-TV-Abos wie Netflix, Amazon Prime, Sky Go oder Maxdome müssen Kunden ab April auch auf Reisen im EU-Ausland zugänglich sein. Denn bislang war es oft so, dass Kunden im Urlaub auf einmal ihre gerade begonnene Lieblingsserie nicht weiter sehen konnten oder die Videos nicht auf Deutsch verfügbar waren. Genau das ändert sich nun: Musik, Serien, Filme oder Live-Übertragungen müssen im Netz so angeboten werden, wie sie für Abonnenten auch an ihrem Wohnsitz verfügbar wären. Zusätzliche Kosten dürfen dafür nicht entstehen.

Welche Ausnahmen gibt es?

Das Streaming-Vergnügen hat trotzdem Grenzen: Es gilt nämlich nur für vorübergehende Aufenthalte. Die Regeln kommen also primär Geschäftsreisenden oder Urlaubern zugute. Auf Reisen müssen Kunden die Leistungen im gleichen Umfang nutzen können. Wer allerdings dauerhaft in einem anderen EU-Land lebt, muss zu den dortigen Bedingungen ein Abonnement beim jeweiligen Dienst abschließen. Die Anbieter haben das Recht, im Zweifelsfall den Wohnort zu überprüfen. Wie sie das anstellen, kann sich im Einzelfall unterscheiden. Eine Prüfung kann zum Beispiel über Ausweisdokumente erfolgen, aber auch über die IP-Adresse eines Nutzers.

Was gilt bei längeren Aufenthalten?

Wann ein Aufenthalt als „nur vorübergehend“ zu klassifizieren ist, regelt die Verordnung allerdings nicht ausdrücklich. Eine Höchstgrenze wurde nicht festgelegt. Damit dürfte auch ein Auslandsaufenthalt über mehrere Monate während des Studiums noch als „nur vorübergehend“ gelten, schreibt die Anwaltskanzlei Wilde Beuger Solmecke. Was aber weiterhin nicht gehen wird, ist, Online-Dienste aus anderen EU-Ländern zu abonnieren und in Deutschland zu nutzen.

Kann ich auch deutsches Fernsehen gucken?

Nur genauso eingeschränkt wie bisher. Denn ausgenommen sind kostenlose Dienste, zu denen die Live-Streams deutscher Sender gehören oder auch die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender. Solche Dienste können auch weiter selbst entscheiden, in welchem Umfang sie ihre Inhalte auch außerhalb des Ursprungslandes verfügbar machen. Zur grenzenlosen Verbreitung werden sie auch künftig nicht gezwungen.

Wie kann ich im Ausland Fußball schauen?

Vor allem wenn besondere Fußballspiele oder andere Sportereignisse anstehen, die in den lokalen Sendern nicht laufen, ärgern sich viele Reisende. Und gerade die Bundesliga und andere Spiele gehören zu den Übertragungen, bei denen der Live-Stream im Ausland in der Regel nicht geht. Daran ändert sich auch künftig nichts. Doch es gibt Anbieter, mit denen Sportfans ab April auch im Ausland besser auf ihre Kosten kommen. Zum einen der Pay-TV-Sender Sky. Abonnenten können künftig über den Dienst Sky Go auf Laptops, Smartphones oder Tablets auch im EU-Ausland alle Sport-Übertragungen schauen.

Eine andere Variante bietet Zattoo. Das Schweizer Unternehmen ermöglicht es, 200 TV-Kanäle per Streaming auf Computern, Tablets oder Smartphones zu schauen. Wer dabei einen kostenpflichtigen Premium-Account nutzt, kann auch alle Übertragungen der enthaltenen TV-Sender im Ausland schauen. Zattoo bietet das bereits seit Januar. Seither haben sechs Prozent der 20 Millionen Kunden das Streaming im Ausland genutzt. Zattoo will damit gerade während der Fußball-Weltmeisterschaft punkten. Denn nach einer Umfrage von Kantar TNS ist es 22 Prozent der Befragten „eher wichtig“ bis „wichtig“, die Fußballspiele im deutschen Fernsehen zu sehen. Für jeden Zehnten (11 Prozent) ist es sogar „sehr wichtig“.

Wann wird das Geoblocking ganz gekippt?

Am Donnerstag trat eine neue europäische Verordnung gegen ungerechtfertigtes Geoblocking in Kraft, die ab dem 3. Dezember 2018 gilt. Sie bezieht sich jedoch nur auf das Ende des Geoblockings beim Internethandel. Bisher können Online-Händler damit den Zugang zu bestimmten Bestellseiten verweigern, wenn die Kunden in einem anderen Staat ansässig sind oder im Ausland ausgestellte Kreditkarten benutzen. Das wird abgeschafft.

Für digitale Medien wie E-Books, Filme und Computerspiele wird es vorerst weiterhin Ländergrenzen geben. Zwei Jahre nach Inkrafttreten der neuen Verordnung steht dem EU-Rat zufolge aber die Überprüfung durch die EU-Kommission an. Eine Ausweitung des Geoblocking-Verbots auf digitale Medien könnte dann folgen.

EU-Politiker wie die Kommissarin für die Digitalwirtschaft, Mariya Gabriel, träumen von einem „europäischen Netflix“, Gabriel hat sich auf der Berlinale wieder dafür ausgesprochen. „67 Prozent der Filme, die mit EU-Geldern produziert werden, werden nur in einem Land gezeigt“, kritisiert auch Andrus Ansip, Vizepräsident der EU-Kommission. Doch bis sich daran etwas ändert, wird es noch eine Weile dauern.

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