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Dieses Wandbild an einer zeigt ein altes Ehepaar beim Blick aus dem Fenster auf den Rembertikreisel in Bremen. Der Künstler Peter K. F. Krüger malte das Bild 1976, um die Sehnsucht nach dem ursprünglichen Stadtbild auszudrücken. Im Ostertorviertel waren damals alte Häuser abgerissen worden, um Platz für die sogenannte Mozarttrasse zu schaffen. Zur Trasse kam es nicht. Auch in Bremen leben die meisten Menschen nicht in Einfamilienhäuser, sondern in einer Etagenwohnung. Das Glück ist nicht immer vollkommen, wenn diese Wohnung Eigentum ist: In der Gemeinschaft regiert immer der Kompromiss.

© imago/Eckhard Stengel

70 Jahre Wohnungseigentumsgesetz: „My home is our castle“

Eigentümer sehen sich mit vielen Problemen konfrontiert - Lösungen gelingen nur gemeinsam

Der Neue hatte sich gleich „gut“ eingeführt. Noch ehe er in der Eigentümerversammlung seinen ersten Auftritt hatte, tauschte er die Fenster seiner Wohnung aus und die Wohnungseingangstür gleich mit. Letztere gefiel ihm nicht, die Fenster verdienten dagegen einen besseren kW-Wert zur Wärmedämmung. Darf er das? Das hatte sich dieser Eigentümer gar nicht erst gefragt.

Fehleinschätzungen der Vorteile von Eigentumswohnungen führen häufig zu bösem Erwachen nach dem Kauf. Das hat der Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum (WiE) bei der Beratung Hunderter Mitglieder festgestellt, die von den rechtlichen und finanziellen Folgen ihrer Investition gestresst oder sogar überfordert sind. „Wer weiß, was er sich mit einer Wohnung einkauft, kann Enttäuschungen und Streit vermeiden und realistischer kalkulieren“, gibt WiE-Vorstand Gabriele Heinrich zu bedenken.

Auch sie warnt vor vier Irrlichtern, die - gängiger Hochglanzwerbung sei Dank - durch die Köpfe potenzieller Wohnungskäufer geistern:

Ich kann machen, was ich will.

Richtig ist: Den Wohnungseigentümern gehören innerhalb „ihrer“ vier Wände allein nur der Luftraum, Tapete und Putz, der Bodenbelag, die Innentüren und nicht tragenden Innenwände. Dazu kommen noch ein paar Details wie zum Beispiel die Badezimmerausstattung. Wesentliche Bestandteile wie Wohnungseingangstüren, tragende Decken und Wände sowie Fenster sind und bleiben Gemeinschaftseigentum. Wer etwas daran verändern - modernisieren, reparieren, austauschen - will, braucht die Genehmigung der Miteigentümer. Solche Wünsche müssen in einen Antrag gekleidet werden. Dann wird darüber auf der jährlichen (oder auf einer außerplanmäßigen) Versammlung abgestimmt. Der Neue zum Beispiel beantragte die Rückerstattung der austauschten Fensterelemente und der Wohnungseingangstür. Abgelehnt mit einfacher Mehrheit.

Geht mich doch nichts an

Muss man sich bei einer Eigentumswohnung um nichts kümmern? Schön wär's. So funktioniert es nicht, denn die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums muss organisiert und kontrolliert werden. Wohnungseigentümer müssen Verträge mit den Verwaltungen aushandeln, ihre Geldanlagen und -ausgaben kontrollieren, die Jahresabrechnung prüfen, Beschlüsse zur Instandhaltung der Wohnanlage fassen und die Umsetzung der Aufträge im Blick behalten. Sie müssen die Leistungen der Verwaltungen beurteilen und im Zweifels- oder sogar Krisenfall selbst handeln. Beschlüsse fällt die Eigentümergemeinschaft in der Eigentümerversammlung, die nicht mit einer Plauderstunde verwechselt werden sollte. Was die Mehrheit dort beschließt, zahlt jeder einzelne Miteigentümer mit. Und wenn die Rücklagen für bestimmte Sanierungs- oder Modernisierungsmaßnahmen nicht ausreichen, werden Sonderumlagen fällig. Das ist den meisten Erwerbern neuer Eigentumswohnungen gar nicht bewusst. Die können nämlich schadhaft hergestellt worden sein. Ist der Bauträger oder das von ihm mit Leistungen beauftragte Unternehmen insolvent, bleiben die Kosten in der Eigentümergemeinschaft.

Hausgeld = Nebenkosten?

Wer als Mieter Eigentümer wird - und das betrifft wohl alle Käufer - könnte auf den Gedanken kommen, dass Hausgeld mit Nebenkosten gleichzusetzen ist. Doch das von den Wohnungseigentümern an die Eigentümergemeinschaft zu zahlende Hausgeld ist deutlich höher als die Nebenkosten, die ein Mieter zahlt. Denn es enthält noch weitere Positionen wie zum Beispiel das Verwaltungshonorar, den Anteil für die Instandhaltungsrücklage und gegebenenfalls Ausgaben für Gerichtsverfahren etc. Diese Kosten dürfen nicht auf Mieter umgelegt werden.

In Deutschland ist alles geregelt

Rund ums Eigentum ist in Deutschland alles reguliert, da kann nichts passieren. Das denken viele, die Eigentümer werden. Doch Wohnungseigentum ist eine Sonderform, bei der ein Grundstück mit Gebäude eben nicht nur einem, sondern vielen Eigentümern gehört. Das Wohnungseigentumsgesetz (WEGesetz) trifft hierfür Sonderregelungen, erfasst aber vieles Wichtige gar nicht, und in vielen anderen Gesetzen werden die Besonderheiten von Wohnungseigentumsanlagen einfach „vergessen“ und eben nicht geregelt. Lücken werden dann aufwendig und langwierig über Gerichtsurteile durch alle Instanzen geschlossen - Ausgang wie auf hoher See ungewiss. Deshalb gibt es bereits eine umfangreiche Rechtsprechung, die Wohnungseigentümer regelmäßig überfordert. Andererseits ist es aber ohne Kenntnis derselben unmöglich, mit Verwaltungen und kundigen Miteigentümern auf Augenhöhe zu verhandeln. 

Wie schwierig die Verwaltung des Wohnungseigentums mit einem wie dem Neuen sein kann, zeigt ein weiteres Beispiel, das das Zeug zum Lehrstück hat. Auf dem großen Grundstück der Wohneigentumsanlage wuchsen die Bäume in den Himmel. Ursprünglich gepflanzt, um die Einblicke von benachbarten Gebäuden aus einzuschränken, ragten viele Äste nun über die Grundstücksgrenze. Die Nachbarn beschwerten sich. Es musste etwas geschehen.

Das Geld für professionelle Baumkletterer wollte sich die Wohnungseigentümergemeinschaft sparen. Mit einer Hebebühne war dem Problem nicht beizukommen: Dafür war das Gartentor zu klein. Der Neue bot sich an: „Ich habe da meine Leute“, sagte er über Handwerker, die er in seinem Betrieb beschäftigte. Von der Eigentümergemeinschaft bekam er das „Go“ bestimmte Schnitte vorzunehmen. Doch daran hielt er sich nicht und sägte erst einmal die Bäume ab, die ihm und seinem Ausblick im Wege waren. Als andere Eigentümer sich für ihre Kamine einige größere Baumscheiben beiseitelegen wollten, wurde er richtig böse. Und ließ den gesamten Schnitt an Ort und Stelle auf dem Rasen liegen - anstelle ihn, wie zugesagt, abzufahren. So kann es gehen. Die Eigentümergemeinschaft entscheidet sich jetzt immer für Profis. Koste das, was es wolle.

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Hilfreiche Tipps hält der Verein „Wohnen im Eigentum“ parat: www.wohnen-im-eigentum.de/eigentumswohnung/wohnungskauf.html

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