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Im Innenhof wachsen die Bäume nicht in den Himmel. Die Stahldachkonstruktion über der ehemaligen Kassenhalle der AOK bleibt erhalten und überspannt einen für alle Bewohner zugänglichen Garten.

© Ziegert

Köllnischer Park: „Rotes Kloster“ wird Luxusklause

In einem zweiten Anlauf entstehen in der ehemaligen DDR-Kaderschmiede am Köllnischen Park Wohnungen.

In manchen Räumen liegt der Schutt der abgebrochenen Zwischenwände meterhoch, die Fenster machen einen teilweise maroden Eindruck, und an einigen Stellen finden sich noch Original-DDR-Bauteile: Wer durch die riesigen Räume geht, braucht viel Fantasie, um sich die künftige Nutzung vorzustellen – doch Ende 2016 sollen die ersten Bewohner die 135 Wohnungen beziehen, die in der ehemaligen Zentrale der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) am Köllnischen Park in Berlin-Mitte, gegenüber von Märkischem Museum und Bärenzwinger, entstehen sollen.

Es ist bereits der zweite Versuch, dem spätexpressionistischen Baudenkmal aus den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts neues Leben einzuhauchen. Vor sechs Jahren stellten Vertreter der Immobilienfirma Vivacon und die Potsdamer Architektin Annette Axthelm erstmals Pläne für eine Wohnnutzung des markanten Gebäudes vor. Doch kurz danach geriet Vivacon in wirtschaftliche Schieflage. Anfang 2012 ging das Baudenkmal dann an die Activum SG, eine Fondsgesellschaft mit Sitz auf der Kanalinsel Jersey, die nach eigenen Angaben die Philosophie verfolgt, „Investitionen zu tätigen, die auf Wertsteigerung zielen und ein chancenorientiertes Renditeprofil mit grundsoliden Wachstumsfaktoren aufweisen“.

Der Eigentümerwechsel könnte sich für das Gebäude als Segen erweisen. „Nach der früheren Planung hätte das Haus seinen Charakter verloren“, sagt Sylvia Becker-Daiber, Mitglied der Geschäftsführung von Drees & Sommer, die die Projektsteuerung für das Vorhaben übernommen hat. „Unser Vorgänger setzte auf Flächenmaximierung und sah so viele Wohnungen wie möglich vor“, ergänzt Alexander Haeder vom Projektentwickler Home Center Management (HCM). Tatsächlich waren damals 375 Wohnungen geplant; jetzt werden es (inklusive Ergänzungsbauten) etwa 200 sein. Seit einigen Tagen liegt die Baugenehmigung vor.

Flächen von bis zu 400 Quadratmetern möglich

Für den neuen Investor überarbeitete Architektin Axthelm ihre Pläne mit dem Ziel, den besonderen Charakter des Gebäudes zu betonen. Dieses wurde nämlich in Stahlskelettbauweise errichtet, so dass die Geschosse ohne Stützen und Träger auskommen. Diesen Loftcharakter der in der Regel rund vier Meter hohen Räume wollen die Planer nun vor allem im zum Köllnischen Park hin ausgerichteten Vorderhaus unterstreichen: Hier sollen Wohneinheiten von rund 180 Quadratmeter entstehen, deren Grundrisse sich völlig frei gestalten lassen. Weil sich auch zwei Einheiten zusammenlegen lassen, sind sogar Flächen von bis zu 400 Quadratmetern möglich. In den drei Seitenflügeln hingegen werden auch kleinere Wohnungen ab 60 Quadratmeter Größe entstehen.

Damit bricht für das Gebäude, das jetzt unter dem Namen Metropol Park vermarktet wird, ein neues Kapitel an. Errichtet wurde es 1930/31 nach Plänen des Architekten Albert Gottheiner für die AOK. Nach dem Zweiten Weltkrieg diente es als Sitz der SED-Parteihochschule; ergänzt wurde es durch einen Neubau an der Straße am Köllnischen Park, der noch in den neunziger Jahren als Kongresszentrum („Haus am Köllnischen Park“) genutzt wurde. Nach der Wende kehrte die AOK in den Altbau zurück; seit ihrem Auszug im Jahr 2003 steht das Gebäude leer.

„Die spannende Herausforderung bei der Entwicklung des Metropol Parks lag darin, eine Sanierung und Umnutzung von Gewerbe in Wohnen zu realisieren und gleichzeitig den außergewöhnlichen Charakter dieses besonderen Ortes mit seinen expressionistischen Klinkerfassaden, den hohen Räumen und vielen historischen Bauelementen zu erhalten“, sagt Sylvia Becker-Daiber von Drees & Sommer. Und Architektin Annette Axthelm zeigt sich begeistert über „eine Großzügigkeit und Vielfalt, wie es sie sonst nur selten gibt“.

Für ein Loft mehr als eine Million Euro fällig

Um diese Großzügigkeit zu bewahren, nahm Axthelm an ihrer Planung weitere Änderungen vor. So verzichtete sie auf die vom früheren Investor geplante und von den Denkmalschutzbehörden bereits genehmigte Aufstockung um ein Dachgeschoss. Umgeplant wurde auch der Neubau, der an der Straße am Köllnischen Park entsteht, also dort, wo das (bereits abgerissene) Kongresszentrum stand: Während früher ein Riegel geplant war, sollen jetzt vier Einzelhäuser mit zusammen etwa siebzig Neubauwohnungen entstehen. Das hat den Vorteil, dass mehr Licht durchkommt. Ohnehin sind die Wohnungen in den Seitenflügeln mit ihren drei schmalen Höfen nicht so hell wie die im Vorderhaus.

Mit dem neuen Konzept richten sich die Verantwortlichen hauptsächlich an Eigennutzer sowohl aus Berlin als auch aus dem Ausland. Obwohl das Gebäude denkmalgeschützt ist und deshalb großzügige steuerliche Abschreibungen zulässt, „steht der Verkauf von Steuervorteilen nicht im Vordergrund“, wie Projektentwickler Haeder sagt.

Knapp bei Kasse dürfen die Interessenten allerdings nicht sein. Denn das Gebäude am Köllnischen Park erzählt auch einiges über die Preisentwicklung auf dem Berliner Wohnungsmarkt: 2008 hatten die Verantwortlichen einen durchschnittlichen Kaufpreis von 3300 Euro pro Quadratmeter (zuzüglich Erbbauzins, weil die Wohnungen im Erbbaurecht verkauft werden sollten) genannt. Heute beziffern die Vermarkter von Ziegert Bank- und Immobilienconsulting die Preise auf 4000 bis 7000 Euro pro Quadratmeter; für ein großes Loft werden also deutlich mehr als eine Million Euro fällig.

Dafür werden die künftigen Eigentümer allerdings auch einen ganz besonderen Innenhof haben: Die Stahldachkonstruktion über der ehemaligen Kassenhalle der AOK soll nämlich erhalten bleiben und einen für alle Bewohner zugänglichen Garten überspannen.

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