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Gegenüber der Spandauer Altstadt findet sich das Areal, das der Kölner Immobilienentwickler Bauwens Group gekauft hat.

© Thilo Rückeis

Spandau: Kölner Investor kauft alte Geschützgießerei in Stresow

Am Havelufer sollen die historischen Hallen der preußischen Geschützgießerei belebt werden – mit Büros, Gastronomie und Kultur. Fest steht: Einfach werden die Planungen wohl nicht.

Das kann demnächst richtig krachen am Zusammenfluss von Havel und Spree. Der Tatort erscheint angemessen: das Gelände der preußischen Geschützgießerei im Spandauer Ortsteil Stresow. Die Immobilie in 1A-Wasserlage mit zwei denkmalgeschützten Gebäuden aus der Kaiserzeit ist jetzt an einen Projektentwickler verkauft worden, der Großes vorhat. Noch befindet sich der Erwerber, die Kölner Bauwens Group, in der „Konzeptionierungsphase“. Nach heutigem Stand der Dinge sollen „die Denkmäler wieder aktiviert und der Standort in Teilen für die Öffentlichkeit erlebbar gemacht werden“, wie das Unternehmen auf Anfrage mitteilt. Die Gebäude von 1871 und 1914 auf dem Areal gegenüber der Spandauer Altstadt hatten mit dem Fall der Mauer ihre letzte Funktion verloren – als Getreidelager für Senatsreserven. Verkauft wurde die Liegenschaft jetzt von der Victoria-Mühlenwerke GmbH. „Über den Verkaufspreis haben die Parteien Stillschweigen vereinbart“, heißt es.

Auch wenn sich der neue Eigentümer noch etwas sehr zugeknöpft gibt – niemand kauft ein 10 000 Quadratmeter großes Grundstück in bester Wasserlage aus Jux und Dollerei. Es steht außerdem zu vermuten, dass die Immobilie am Ufer nicht zum Schnäppchenpreis zu haben war, also muss sich die Investition in irgendeiner Form rentieren. „Um den Standort allgemein zugänglich zu machen, erwägen wir gewerbliche Nutzungen, welche in Teilen auch öffentlichen Charakter haben werden. Neben einer Büronutzung denken wir intensiv über eine gastronomische und/oder kulturelle Dienstleistungen an dem Standort nach“, orakelt Timo Wess, Geschäftsführer bei der Bauwens Development Berlin GmbH.

Viel Platz für Neubau

Mit den zuständigen Behörden habe man sich bereits ins Benehmen gesetzt, sagt Wess weiter. Dabei sei ziemlich schnell deutlich geworden, dass die bestehenden Denkmäler auch zukünftig „in ihrer ursprünglichen Substanz zu erkennen sein sollen“, berichtet der für das Projekt verantwortliche Geschäftsführer. Auch die öffentliche Nutzung des Uferstreifens sei sowohl Bestandteil der Gespräche als auch der Konzeption. „Eine wohnwirtschaftliche Nutzung war nicht Inhalt unserer Überlegungen oder der Gespräche mit den Ämtern“, versichert Timo Wess. Die Frage nach einem eventuellen Neubau auf dem Gelände ließ er hingegen unbeantwortet. Platz wäre schon. Bei der Konzeption arbeite sein Unternehmen mit dem Büro Pott Architects zusammen, das „eine große Expertise in der Revitalisierung von denkmalgeschützten Gebäuden hat, auch in Berlin“. Die wird das Büro gut nutzen können, denn nach Aussage von Augenzeugen befinden sich die Fabrikhallen in erbärmlichem baulichen Zustand.

Noch sind die Pläne für die denkmalgeschützten Gebäude reichlich unkonkret. Doch auch für einen Neubau wäre Platz.
Noch sind die Pläne für die denkmalgeschützten Gebäude reichlich unkonkret. Doch auch für einen Neubau wäre Platz.

©  Thilo Rückeis

Wie stellen sich nun die Bauwens-Überlegungen aus der Sicht des Spandauer Rathauses dar? „Auf dem Grundstück wäre nach momentan geltendem Planungsrecht eine industrielle oder gewerbliche Nutzung zulässig“, sagt Baustadtrat Frank Bewig (CDU). „Eine Büronutzung oder gar Wohnnutzung ist nach geltendem Planungsrecht selbst über eine Befreiung nicht realisierbar, da dann Grundzüge der Planung berührt wären.“ Im Planungsprozess müssten zudem denkmalschutzrechtliche Belange einbezogen werden. „Die Aussagekraft des Baudenkmals darf nach geltendem Recht nicht beeinträchtigt werden“, betont der Stadtrat. Da dem Investor eine Büronutzung sowie ein Gastronomieangebot auch für die Öffentlichkeit vorschwebe, müsse entsprechend ein „vorhabenbezogener Bebauungsplan“ aufgestellt werden, sagt Bewig. Bisher sei jedoch von Bauwens noch kein Antrag gestellt worden.

Frühere Ideen scheiterten am Geld

Mit vorhandenen, über die Jahre immer wieder entwickelten Studien zum Standort „alte Geschützgießerei“ habe sich Bauwens intensiv auseinandergesetzt, sagt Timo Wess. Man werde prüfen, welche Ideen in der Konzeptionierung berücksichtigt werden könnten. Und Ideen gab es bereits viele, die in der Regel an der Finanzierbarkeit scheiterten. So berichtete am 6. Februar 1979 der Tagesspiegel: „Im Bereich des Stresow … will Spandau eines von zwei Gebäuden einer ehemaligen Geschützgießerei … in eine Mehrzweckhalle umwandeln. Der Name – Havellandhalle – und die Nutzungsmöglichkeiten – sportliche, kulturelle und gesellschaftliche Ereignisse – stehen schon fest.“ Fest steht einzig, dass heute eine „Havellandhalle“ mit Freizeitangeboten im nahen brandenburgischen Seedorf statt in Stresow steht.

Spekulationen darüber, ob in Stresow die Auferstehung einer Art „Meilenwerk“ vollzogen werden soll, fanden bisher keine Bestätigung. Vor ziemlich genau zwei Jahren musste die Meilenwerk AG Insolvenz anmelden. Sie hatte sich unter anderem an einem Projekt verhoben, das auf der Spandauer Insel Eiswerder – ebenfalls beste Wasserlage – entstehen sollte: Für 100 Millionen Euro waren neben einer „Oldtimer-Event-Werkstatt“ auch luxuriöse Eigentumswohnungen, ein Hotel und Restaurants geplant.

Bauwens mit Sitz in Köln ist auf dem Immobiliensektor insbesondere in Nordrhein-Westfalen durchaus eine Größe. Das Unternehmen ist auch in Berlin aktiv, baut aktuell etwa 180 Eigentumswohnungen am Gleispark in Kreuzberg. In der Bauwens-Geschäftsführung sitzen unter anderem Patrick Adenauer und Paul Bauwens-Adenauer, beides Enkel des ersten Kanzlers der Bundesrepublik. Paul Adenauer wurde 1983 im Alter von 30 Jahren vom kinderlosen Paul-Ernst Bauwens, seinem Patenonkel, adoptiert. So wurde die Betriebsübergabe geregelt, ohne das Überleben der Firma durch Steuerzahlungen zu gefährden. Bereits seit 1986 sitzt der Kanzler-Enkel Paul in der Topetage des traditionsreichen Familienunternehmens.

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