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Der Plan für die Parkstadt Karlshorst in Berlin-Lichtenberg.

© Klaus Theo Brenner Stadtarchitektur

Bezirk stellt Nachforderungen: Warum in Lichtenberg 1800 Wohnungen nicht gebaut werden können

Eigentlich sollte es bald losgehen mit dem Projekt Parkstadt Karlshorst. Doch ein Vertrag mit dem Bezirk soll nicht mehr gelten, deshalb geht es nicht voran.

Klaus Theo Brenner ist ehrlich empört. Bereits 2012 sollte das Bauplanverfahren für die von ihm geplante Gartenstadt Karlshorst auf dem einstigen Militärgelände zwischen Zwieseler Straße, Köpenicker Allee und dem Naturschutzgebiet Biesenhorster Sand abgeschlossen sein. Doch 2019 ist man in Lichtenberg immer noch nicht in der Zielkurve.

„Die spontane, unkontrollierte Veränderung der Kennzahlen mit einem Anteil an Sozialwohnungen in der Gartenstadt Karlshorst und der Parkstadt Karlshorst – entgegen den Vereinbarungen im städtebaulichem Vertrag und nach vierjähriger detaillierter Planungsarbeit – ist eine Katastrophe, wobei sich die verantwortlichen Politiker jeder Verantwortung entziehen“, schreibt der Architekt und Stadtplaner an den Tagesspiegel. Was ist da los?

Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Die Linke) möchte den Tagesspiegel nach Auskunft seines Vorzimmers zum Telefongespräch nicht vorlassen. 1000 Wohnungen sollen in der Parkstadt entstehen, doch weil an dem Vorhaben noch mehr Projekte hängen, liegt der Bau von 1800 Wohnungen auf Eis, ist auf unbestimmte Zeit verschoben. Einen Bebauungsplan gibt es noch immer nicht.

Das Projekt ist in seiner Größenordnung mit dem „Pankower Tor“ vergleichbar, das in den Amtsstuben seines Parteigenossen, des Bezirksbürgermeisters von Pankow, Sören Benn (Die Linke), auf Eis liegt.

Auch hier gibt es Jahr für Jahr offenbar unüberwindliche Hindernisse, weshalb – trotz entsprechender Vereinbarungen mit den Investoren – keine Wohnungen gebaut werden können. Mal geht es um die Umsiedlung von Kröten, dann wieder um Schulstandorte oder um die Größe eines von Möbelhändler Kurt Krieger geplanten Einkaufszentrums.

Wohnraummangel im Bezirk

Grunst beklagt indes den Wohnraummangel in seinem Bezirk: „Auch in Lichtenberg führt der Mangel an Wohnraum dazu, dass die Mieten insbesondere bei Neuvermietung und Modernisierungen steigen. Viele Lichtenbergerinnen und Lichtenberger haben in den letzten Tagen erhebliche Mieterhöhungen erhalten. Ich bitte alle betroffenen Lichtenbergerinnen und Lichtenberger die Mieterhöhungen vor Zustimmung zu prüfen und sich rechtlich beraten zu lassen.“

Seine Kollegin, Stadtentwicklungsstadträtin Birgit Monteiro (SPD), sekundiert: „Unsere Mieterberatung hilft gern.“

Der Vertrag mit dem Bezirk steht seit Juli 2018

Rico Kallies, Regionalleiter der Berlin Bonava, die die Parkstadt Karlshorst errichten will, ist – mit Brenner – fassungslos ob der jüngsten Volte des Bezirks Lichtenberg. „Wir haben im Juli letzten Jahres einen städtebaulichen Vertrag geschlossen“, sagt Kallies: „Wir haben hier nichts unterzeichnet, was nicht dem damals geltenden Berliner Modell der Kooperativen Baulandentwicklung entsprach.“ Im November 2018 seien Bauanträge gestellt worden: „Und heute sind wir aber noch keinen Punkt weiter.“

Der Bonava-Mann verweist auf das schriftliche vorliegende „Go“ der Wohnungsbauleitstelle des Senats. Diese hatte keine Beanstandungen. Nun aber überlegten es sich die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen und der Bezirk Lichtenberg noch einmal anders.

Die Senatsverwaltung schreibt auf Anfrage, dass die Verträge mit dem Projektentwickler zu einem Zeitpunkt geschlossen worden seien, als noch andere Regelungen galten. Aktuell gelte das Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung. Die darin enthaltenen Bestimmungen zur Wohnungsbauförderung von 2018 seien nicht in dem Vertrag berücksichtigt. Das bedeute etwa, dass der Projektentwickler sich zu einer Mietpreis- und Belegungsbindung für die Dauer von 30 Jahren verpflichtet.

„Wir stimmen dem zu“, sagt Kallies. Gegen die Änderung der Bindungsfrist von 20 auf 30 Jahre habe man nichts. Mit den Förderungsbedingungen hätten sich eben auch die Bindungsfristen geändert. Geschenkt. Doch das Wohnungsbauunternehmen knabbert an anderen Themen.

Neue Planungen

Es gebe da verschiedene Punkte, sagt Kallies: „mehr soziale Infrastruktur, mehr Schulplätze, mehr Kitaplätze, mehr mietpreisgebundene Wohnungen“. Hoffend auf die in Aussicht gestellte Baugenehmigung hatte das Unternehmen bereits Architekten beauftragt, Belegungs- und Ausführungsplanungen gemacht.

„Wir haben abgerissen, um dann zu dem Termin fertig zu sein. Wir haben einen neuen zeitlichen Ablaufplan bekommen, es hieß, im April bekommt Ihr eine Baugenehmigung – da haben wir alles eingebracht, was wir konnten.“ Nun stockt das Verfahren.

Status quo ante. Das war der Stand im Januar 2019, und das ist der Stand. Alles andere ist Sand.
Status quo ante. Das war der Stand im Januar 2019, und das ist der Stand. Alles andere ist Sand.

©  Bonava

„Die städtebaulichen Verträge waren doch die Grundlage – drei Jahre lang wurde daran gearbeitet“, sagt Architekt Brenner: „Jetzt wird gesagt: Macht 40 Sozialwohnungen zusätzlich – sonst bekommt Ihr keinen Bebauungsplan.“

Lichtenbergs stellvertretende Bezirksbürgermeisterin und Bezirksstadträtin der Abteilung Stadtentwicklung, Soziales, Wirtschaft und Arbeit, Birgit Monteiro (SPD), bestätigt auf Anfrage, dass sich Bonava nichts hat zu schulden kommen lassen: „Der städtebauliche Vertrag beinhaltet keinen Verstoß gegen das Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung. Er ist lediglich nicht auf die aktuell gültigen Wohnungsbauförderungsbestimmungen abgestimmt.“

Trotz der zugesagten Änderung dieser Fristen wird jetzt nachverhandelt.

Mit der Gartenstadt hängen zwei weitere Projekte in der Luft

Die Gartenstadt Karlshorst ist im Gesamtzusammenhang nicht das einzige Projekt, das in der Luft hängt. „Da hängen auch noch zwei weitere Bauvorhaben dran“, sagt der Berliner Bonava-Chef: „Da ist auch Investor Sören Schwaar mit der ,Gartenstadt Karlshorst’ betroffen. Dann gibt es noch die ,Kaisergärten’ in der Wandlitzstraße. Die beiden B-Pläne werden nicht festgesetzt bevor nicht unser B-Plan festgesetzt ist, weil die Schulplätze an der Parkstadt Karlshorst nachgewiesen werden.“

Das heißt: Es geht um 1800 Wohnungen, eine dreizügige Grundschule mit 432 Grundschulplätzen, eine Kita nur für das Bonava-Projekt mit 130 Plätzen, einen Lebensmittelmarkt und es geht um einen Bauantrag, für 211 mietpreis- und belegungsgebundene Wohnungen, so Kallies. Investor Sören Schwaar möchte sich auf Anfrage nicht zu den Vorgängen im Bezirk äußern.

Hoffen auf die BVV

Bonava hofft, dass der B-Plan nach der Sommerpause am 22. August durch die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) verabschiedet wird. Eine weitere Verzögerung würde dazu führen, dass die am Blockdammweg geplante Schule am Jahresende aus dem Schnellbauprogramm des Senats fällt, heißt es aus dem Unternehmen: Hinter der angepeilten Eröffnung in 2023 würde dann ein mehr als deutliches Fragezeichen stehen.

Um den Baustart zu beschleunigen, machte Bonava laut Projektleiter Rico Kallies neue Zugeständnisse. Neben der Änderung der Bindungsfrist für die mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnungen (von zwanzig auf dreißig Jahre), soll die geplante Grundschule nun 3- statt 2-zügig ausgelegt werden.

Zudem sollen 14 zusätzliche Kitaplätze geschaffen werden, insgesamt 130, denn das Unternehmen plant nun mit zusätzlichen Staffelgeschossen. Nach dem Berliner Modell sollten 113 Plätze geschaffen werden. Die Schule soll ebenfalls zusätzliche Plätze erhalten.

Der bestehende Vertrag soll durch einen Änderungsvertrag ergänzt werden, teilte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mit. An der Quote von 25 Prozent der Wohneinheiten für mietpreis- und belegungsgebundene Wohneinheiten wollen Land und Bezirk nicht rütteln.

Während die Parameter für dieses Teilprojekt neu aufgesetzt wurden, stehen hinter dem Vorhaben von Sören Schwaar laut Stadträtin Monteiro noch Fragezeichen: „Im Falle der Gartenstadt sind die entsprechenden Verhandlungen noch nicht abgeschlossen.“

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