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Detroit 2009: Keine Rinder, keine Stunts

Wenn die diesjährige Automesse in Amerikas "Motor Town" Detroit an diesem Sonntag ihre Tore öffnet, ist Schmalkost angesagt: weniger Luxus, weniger Show, weniger Besucher.

Detroit - Wenn die diesjährige Automesse in Amerikas „Motor Town“ Detroit an diesem Sonntag ihre Tore öffnet, ist Schmalkost angesagt: weniger Luxus, weniger Show, weniger Besucher.Zwölf modernistische Konzeptstudien werden vorgestellt, halb so viele wie 2008. Die Besucherzahl wird wohl von gut 800 000 auf 700 000 sinken, und sie werden keine spektakulären Inszenierungen mehr erleben. Vor wenigen Jahren hatte Chrysler seinen Jeep Wrangler bei der Vorstellung durch eine riesige Glasscheibe auf die Bühne brechen lassen. 2008 trieb der Konzern 120 Langhornrinder durch die Straßen, um für den Pick-up zu werben. Diesmal ist die wirtschaftliche Lage dramatisch genug. Bescheidenheit ist die PR-Strategie. Arbeiter protestieren vor dem Messezentrum Cobo-Hall aus Sorge um ihre Arbeitsplätze.

Mehrere hunderttausend Jobs haben „die großen drei“ General Motors (GM), Ford und Chrysler in den jüngsten Jahren gestrichen. Der Abbau wird 2009 fortschreiten. Denn der Verkauf bricht weiter ein. In der Wirtschaftskrise warten die einen ab, und die anderen bekommen keine Kredite mehr. Um 30 Prozent sanken die Zulassungszahlen im Dezember 2008 gegenüber dem Vorjahr. Für 2009 rechnen Experten mit einem Rückgang um 17 Prozent auf 10,8 Millionen verkaufte Autos.

Für die US-Autobauer ist der Einschnitt noch schmerzlicher, weil sie kontinuierlich Marktanteile verlieren. Über Jahrzehnte hatten sie die USA, den größten Markt auf der Erde, nach Belieben dominiert. Inzwischen liegt ihr Anteil unter 50 Prozent. Toyota hat 2007 Ford als zweitgrößten Hersteller der Erde überholt und GM 2008 die Spitzenposition abgenommen. Freilich schreibt auch Toyota 2008 rote Zahlen, zum ersten Mal, seit die Japaner 1941 begannen, ihr Ergebnis zu veröffentlichen: 1,7 Milliarden Dollar. Bei den großen drei fehlen weit höhere Summen. Zum Jahresende hat die US-Regierung 17,4 Milliarden Dollar Nothilfe bewilligt, damit GM und Chrysler nicht in den unkontrollierten Bankrott driften. Bei Ford sieht es nicht ganz so schlimm aus.

Doch die Behauptung, Detroit 2009 sei eine „Totenmesse“, ist übertrieben. Im Raum Detroit werden weiter Autos gebaut, nur eben weniger mit weniger Arbeitern. Der „geregelte Konkurs“ ist in den USA ein Weg, Schulden zu reduzieren und Sozialverträge mit den Gewerkschaften zu beenden, um die Kosten zu drücken und so zu überleben. Die meisten der US-Fluggesellschaften fliegen seit Jahren, obwohl – oder besser: gerade weil – sie Konkurs angemeldet haben. Christoph von Marschall

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