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Die deutsche Wirtschaft schwächelt nach wie vor, zeigt der Konjunkturausblick der Industrieländer-Organisation OECD.

© Sina Schuldt/dpa/Archiv

Ökonomen beklagen „Germanosklerose“: Deutschlands Wirtschaft kommt einfach nicht wieder auf die Beine

Während sich die Weltwirtschaft „widerstandsfähiger als erwartet“ zeigt, schwächelt die deutsche Konjunktur weiter. Der OECD zufolge ist Besserung erst im kommenden Jahr zu erwarten.

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Das Wirtschaftswachstum in Deutschland bleibt nach einer Prognose der Industriestaatenorganisation OECD ausgebremst. Die Expertinnen und Experten senkten ihre Erwartung auf 0,3 Prozent – 0,1 Prozentpunkte weniger, als sie in ihrem vorherigen Wirtschaftsausblick im Juni angegeben hatten.

Die Bundesrepublik bildet damit im Vergleich zu anderen OECD-Nationen weiterhin die Nachhut. Erst im nächsten Jahr soll sich die Situation hierzulande bessern und die Konjunktur um 1,1 Prozent zulegen.

Die Weltwirtschaft war der OECD zufolge in der ersten Hälfte dieses Jahres dagegen „widerstandsfähiger als erwartet“. Das gelte insbesondere in Schwellenländern, wie aus dem OECD-Bericht hervorgeht.

Das angenommene globale Plus von 3,2 Prozent für 2025 ist um 0,3 Prozentpunkte höher als in der vergangenen Prognose. Im kommenden Jahr soll das Wachstum nach wie vor bei 2,9 Prozent liegen.

Gefahr von Handelskonflikten nicht gebannt

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung warnte, dass die vollen Auswirkungen der Zollerhöhungen, die US-Präsident Donald Trump in diesem Jahr initiierte, noch nicht vollständig spürbar seien. Seit Mai seien die US-Zollsätze gegenüber fast allen Ländern gestiegen.

In einigen Ländern sahen die OECD-Fachleute eine Abschwächung auf dem Arbeitsmarkt, mit steigenden Arbeitslosenquoten und weniger offenen Stellen im Verhältnis zur Zahl der Arbeitslosen – so auch in Deutschland. Das deute auf eine nachlassende Arbeitskräftenachfrage hin, so der Bericht.

Deutschland gehört dem Bericht zufolge außerdem zu den Ländern mit einem Rückgang der industriellen Produktion in den letzten Monaten, zusammen mit etwa Südkorea und Brasilien.

IWH-Vizepräsident Oliver Holtemöller, dessen Institut an der am Donnerstag anstehenden Gemeinschaftsdiagnose (GD) für die Bundesregierung beteiligt ist, äußerte sich skeptisch: „Wir haben keinen normalen Aufschwung vor uns. Wir krebsen uns von unten an ein immer schwächer werdendes Produktionspotenzial heran.“ Das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner sei fast drei Prozent niedriger als 2019, sagte der Ökonom aus Halle bei einer von der OECD organisierten Diskussionsrunde.

Der Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft IW, Michael Hüther, sprach mit Blick auf die wirtschaftliche Verfassung von „einer Art Germanosklerose“: Deutschland stecke in einer Wachstumskrise, die strukturelle Gründe habe. Das über Jahre erfolgreiche Geschäftsmodell stehe unter Druck: Der Export leide unter Deglobalisierungs- und Protektionismustendenzen. Die Investitionen kämen nicht in Gang und die Konsumenten hätten angesichts steigender Arbeitslosenzahlen Sorgen um ihre Beschäftigungssicherheit. „Das alles ist ein Strukturthema und da wird uns auch ein kurzes Konjunkturfeuerwerk nicht helfen“, fügte er hinzu. Auch das von der OECD veranschlagte Wachstum von 1,1 Prozent für 2026 biete „keine Aufholqualität“.

Der Konjunkturbericht steht unter dem Vorbehalt erheblicher Risiken: Die Gefahr von Handelskonflikten etwa sei nicht gebannt, der Inflationsdruck könnte wieder steigen. Schwankende Bewertungen von Krypto-Anlagen stellen der Prognose zufolge ein Risiko für die Finanzstabilität dar.

Auf der anderen Seite könnten der Abbau von Handelsbeschränkungen oder der Einfluss von KI-Technologien die Wachstumsaussichten verbessern, so die Expertinnen und Experten. (dpa)

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