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Hält den Leitzins niedrig: Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB).

© REUTERS

EZB-Ratssitzung: Mario Draghi wird als Nullzins-Präsident in die Geschichte eingehen

Mit einem Leitzins von null Prozent wird sich der EZB-Chef im Oktober verabschieden. Der historisch niedrige Zinssatz bleibt bis mindestens 2020 bestehen.

Der Leitzins im Euroraum bleiben niedrig. Das gilt auf jeden Fall bis Ende 2019, wie Mario Draghi, der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag nach der Sitzung des geldpolitischen Rates ankündigte. „Der Rat geht inzwischen davon aus, dass die EZB-Leitzinsen mindestens über das Ende 2019 auf dem aktuellen Niveau bleiben“, sagte der Italiener in Frankfurt.

Daneben wird die Notenbank den Kreditinstituten ab September neue günstige Kredite für zwei Jahre gewähren. Damit ersetzt sie ähnliche Kredite, die ab 2020 nach und nach fällig werden. Hintergrund der Entscheidungen ist die Abschwächung der Konjunktur in der Eurozone und die Tatsache, dass sich die Inflationsrate nur langsam der von der EZB angepeilten Rate von knapp zwei Prozent nähert. Draghi betont aber, dass der Rat die Wahrscheinlichkeit einer Rezession als „sehr niedrig“ einstuft. 

Volkswirte erwarten nun, dass der rekordtiefe Leitzins von null Prozent allerfrühestens im Laufe des Jahres 2020 erhöht wird, und dann auch nur graduell. Auch der Einlagezins von minus 0,4 Prozent, den Banken für Einlagen bei der EZB zahlen müssen, dürfte in diesem Zeitraum nicht verändert werden. Damit müssen sich Sparer noch lange mit Mini-Zinsen begnügen, Kreditnehmer und potenzielle Immobilienkäufer hingegen können weiter auf sehr günstige Finanzierungen setzen.

Bislang hatte die Notenbank betont, die Zinsen würden bis über den Sommer hinaus und damit bis September nicht erhöht. Auch über neue langfristige Kredite - die sogenannten TLTROs -war bislang nur spekuliert worden.

Die Wirtschaft wächst nicht mehr schnell genug 

Hintergrund der nach Angaben von Draghi durch alle Ratsmitglieder einmütig getragenen Entscheidungen ist die Abschwächung des Wachstums und die nur langsam steigende Inflationsrate. Auch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann steht demnach hinter dem Beschluss. Den neuen Prognosen der EZB zufolge wächst die Wirtschaft in der Eurozone in diesem Jahr nur noch um 1,1 Prozent, 2020 dann um 1,6 und ein Jahr später um 1,5 Prozent.

Im Dezember noch war sie von jeweils 1,7 Prozent für 2019 und 2020 ausgegangen. Hintergrund sind, betont Draghi, weiter bestehende Unsicherheiten, die ungelösten Handelskonflikte, der Brexit und die Abschwächung der Konjunktur in China und anderen Schwellenländern. Insgesamt seien die Risiken gestiegen. „Unsere Schritte erhöhen jetzt aber die Widerstandsfähigkeit der Eurozone“.

Zugleich sollen sie die Inflationsrate nach vorne bringen. Auch hier ist die EZB wieder skeptischer. Für 2019 erwartet sie jetzt nur noch 1,2 Prozent (nach bislang 1,6 Prozent). Auch 2020 und 2021 sollen die Preise in der Eurozone im Schnitt nur mit 1,5 Prozent und 1,6 Prozent steigen und damit schwächer als die in den bisherigen Prognosen. Damit bleibt das Ziel von knapp zwei Prozent, bei der die Währungshüter die Deflation sicher gebannt und dir Preisstabilität gewahrt sehen, weiter außer Reichweite.

Draghi wird die Zinsen nicht mehr erhöhen

Draghi betont zwar, dass die Kreditvergabe der Banken an Unternehmen und Haushalte weiter zunehme, dass die Löhne steigen, sich der Arbeitsmarkt weiter verbessert habe und auch die Finanzierungsbedingungen günstig seien. Aber der Rat will sie noch günstiger gestalten, um vorzubeugen. Deshalb werden ab September den Banken in der Eurozone im Abstand von drei Monaten bis März 2021 neue gezielte Kreditlinien bereitgestellt, mit einer Laufzeit von jeweils zwei Jahren.

Über das Volumen will die EZB noch entscheiden, auch über mögliche Anreize für Banken, damit sie diese Kreditlinien nutzen. Der Zinssatz der neuen Kredite soll an den jeweils geltenden Leitzins gebunden werden, dürfte also bei den ersten Geschäften im September bei null liegen. „Diese neuen Geschäfte werden zur Aufrechterhaltung günstiger Kreditvergabekonditionen der Banken und zur reibungslosen Transmission der Geldpolitik beitragen“, ist Draghi überzeugt. 

Mit den jüngsten Entscheidungen des EZB-Rates steht fest, dass die Notenbank die Zinsen in der Amtszeit von Draghi nicht mehr erhöhen wird. Der Italiener scheidet nach acht Jahren turnusmäßig als Präsident der EZB Ende Oktober aus. Über einen Nachfolger dürfte erst nach der Europawahl im Mai entschieden werden. Bundesbank-Präsident Weidmann gilt zwar als idealer Kandidat. Allerdings hat er geringe Chancen, da die Bundesregierung darauf setzt, dass der CSU-Europa-Parlamentarier Manfred Weber als Nachfolger von Jean-Claude Juncker Präsident der EU-Kommission wird. Zwei Deutsche in diesen beiden Spitzenpositionen wären den EU-Partnern wohl nicht vermittelbar.

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