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Auf 0,1 Prozent der Verkehrsemissionen in Deutschland schätzt das Umweltbundesamt den Anteil von Motorbooten.

© DPA

Messe "Boot Düsseldorf": Nach den Autos knöpfen sich Klimaaktivisten nun Motorboote vor

Für Dieselautos gibt es Fahrverbote, Dieselboote tuckern weiter durch die Umweltzonen der Städte. Amsterdam ändert das nun - und setzt auf E-Boote.

„Kuten kuulet, et kuule mitään“, sagt Janne Kjellmann und gibt Gas, „wie Sie hören, hören Sie nichts“. Der finnische Gründer von Q Yachts steuert ein Elektroboot über den Berliner Wannsee. Dessen Design könnte auch von Apple stammen: funktional und futuristisch, ein iPad als Boot, ein Q30 genanntes Statement. Der E-Cruiser diente beim „Großen Preis von Monaco“ den Formel-1- Fahrern als Wasser-Shuttle.

Auf der Boot Düsseldorf, der mit 250.000 Besuchern weltgrößten Wassersport-Messe, ist Q Yachts nicht mehr allein in seiner Nische. Dutzende Elektroboot-Aussteller zählt der Veranstalter mittlerweile. Ein Marktführer kommt aus Deutschland. Torqeedo, eine Tochter des traditionsreichen Motorenbauers Deutz, verbaut Batterien aus dem BMW i3 in seinen Booten. Das wird in Düsseldorf als „Diesel-Killer“ angekündigt. „Elektro ist im Kommen“, verspricht die Messe, die noch bis zum kommenden Sonntag geht.

Das Boots-Business boomt. Der Milliardenmarkt ist zuletzt sieben Jahre in Folge gewachsen. Für 2019 rechnete der Bundesverband Wassersportwirtschaft (BVWW) mit einem Umsatzplus von drei Prozent für Hersteller und Dienstleister in Deutschland. Die Zahl der Bootsbesitzer im Land schätzt der Verband auf 460.000. Die meisten tuckern mit teils jahrzehntealten Dieselmotoren über die 7300 Kilometer Wasserstraßen hierzulande.

"Symbol für einen saturierten Lebensstil"

„Motorboot macht Klima tot“, skandierten Klimaaktivisten bereits am Bodensee und forderten ein Aus für Verbrenner-Motoren auf dem Wasser. Es gebe ja auch Segel- und Solarboote, Kanus und Kajaks, weshalb Motorboote „zu 100 Prozent überflüssig“ seien und „als Symbol für einen saturierten Lebensstil auf Kosten anderer“ stünden, so sagt ein Aktivist von „Ende Gelände Bodensee“.

Die Datenlage über Schadstoffe und Emissionen der Freizeitboote ist freilich recht dünn. Das Umweltbundesamt (UBA) gibt gegenüber Tagesspiegel Background den CO2-Ausstoß von Sportbooten für 2018 mit 73.000 Tonnen CO2 an, was 0,1 Prozent der Verkehrsemissionen in Deutschland ausmache. Kursierende Statistiken zu Schadstoffmengen seien allerdings wenig aussagekräftig, warnen die Experten des Umweltbundesamts.

Dass die ersten europäischen Städte Diesel-Boote verbieten wollen, hat denn auch weniger mit dem CO2-Ausstoß zu tun als mit der Luftverschmutzung. Stichwort: Stickoxide. In Amsterdam etwa dürfen ab 2025 keine Boote mit Verbrenner mehr in die Grachten der Innenstadt fahren, weil ähnliche Regeln auch für den Straßenverkehr gelten sollen. Auch in Skandinavien ist die Debatte bereits von der Straße aufs Wasser übergeschwappt. Norwegen diskutierte 2019 ähnlich aufgeregt über die 900.000 Boote des Landes wie über Flugscham.

Leise über den See. Elektroboote, wie hier eines vom Typ Q Yachts, sind nahezu geräuschlos. Das scheint das neue Statussymbol zu werden. Die Boote sind sehr teuer, vor allem wegen der Batterien.
Leise über den See. Elektroboote, wie hier eines vom Typ Q Yachts, sind nahezu geräuschlos. Das scheint das neue Statussymbol zu werden. Die Boote sind sehr teuer, vor allem wegen der Batterien.

© promo

In Deutschland dagegen gibt es zwar teils Fahrverbote für ältere Dieselautos. Schiffe und Boote tuckern auf dem Wasser oftmals weiter mitten durch die Umweltzonen der Städte, was im Sommer bereits für Kritik sorgte. Im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln sind Wasserfahrzeuge insgesamt weniger reguliert und die von der EU festgelegten Grenzwerte für die Abgasemissionen neuer Boote etwas in die Jahre gekommen.

Riesiger Gebrauchtmarkt für Boote

Die meisten Boote sind ohnehin Jahrzehnte unterwegs – der Gebrauchtmarkt ist riesig. Als Randbereich des Verkehrssektors braucht die Branche aber wohl trotzdem nicht mit üppigen Kaufprämien für E-Boote und andere Klima-Subventionen rechnen, wie es etwa der Autoindustrie vergönnt ist.

Dafür investiert der Bund in die Forschung. Erst vor wenigen Wochen verkündete der Maritime Koordinator der Bundesregierung, Norbert Brackmann (CDU), dass ein neues Institut für Maritime Energiesysteme des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Schleswig-Holstein angesiedelt wird und Mitte des Jahres seine Arbeit aufnimmt. Die jährlich 15 Millionen Euro sollen nicht nur in die Entwicklung neuer Antriebe für Ozeanriesen fließen, sondern sind ausdrücklich für Schiffe „jeder Größenordnung“ gedacht.

Die selben Probleme wie beim Auto

Auf der Boot Düsseldorf werden sich in den nächsten Tagen freilich ähnliche Beobachtungen machen lassen wie auf Automessen in den vergangenen Jahren. Während Veranstalter und Aussteller die Möglichkeiten der Elektrifizierung überbetonen, tummelt sich die Masse der Besucher bei den schnellsten, größten und spritdurstigsten Yachten. Und so, wie der Marktanteil von SUVs zuletzt stetig gestiegen ist, werden auch die verkauften Boote im Durchschnitt von Jahr zu Jahr größer.

Die Hürden für die maritime Elektromobilität klingen ebenfalls vertraut: die Reichweite wächst zwar mit jeder neuen E-Generation, aber die Ladeinfrastruktur an Anlegestellen ist noch lange nicht flächendeckend ausgebaut. Und während schon Boote mit klassischem Dieselantrieb schnell mal sechsstellige Summen kosten, ist der Elektro-Preisaufschlag noch einmal üppig. Das liegt an den Batterien.

Das erste Modell von Q-Yachts-Gründer Janne Kjellmann, die Q30, ist mit neun Metern Länge und zwei Metern Breite ein eher kleines Boot, steht aber mit 183 000 Euro in der Preisliste von Händlern – ohne Steuern. „Ein Drittel davon kostet allein die Batterie“, verrät Kjellmann. Wer kauft das? „Leute, die einen Tesla und einen Audi E-tron in der Garage haben“, sagt der Bootsbauer. Dabei komme vor allem der flüsterleise Antrieb gut an. Wer George Clooney auf der anderen Seite des Comer Sees besucht, will ja nicht die Nachbarn stören.

Zum Massenphänomen werden (Mini-)Elektroboote in Deutschland bislang vor allem dort, wo es strenge Auflagen für Verbrennungsmotoren gibt. Deren Zahl wird auf einigen Seen von anliegenden Kommunen auch aus Lärmschutzgründen begrenzt. So wuchs die Zahl der Boote auf dem Starnberger See rasant, obwohl es für Verbrenner eine Art Zulassungsstopp gibt. Schon 2016 kreuzten 1200 E-Boote über den See, wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete. Noch häufiger sieht man dort aber damals wie heute: Segelboote.

Felix Wadewitz

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