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Blick in das "Betahaus" in Berlin-Kreuzberg. In Gemeinschaftsbüros wie diesem sammeln viele Start-ups erste Erfahrungen und knüpfen Kontakte zu Investoren.

© Kitty Kleist-Heinrich

Update

Berlin beliebter als London: Milliarden für die Gründer-Hauptstadt

In Berlin gehen private Geldgeber und Fonds besonders gern ins Risiko. Das jedenfalls legt eine neue Studie nahe: Die Start-ups der Bundeshauptstadt sind mehr gefragt denn je.

Das Tempo bleibt hoch in Berlin. Die Start-ups in der Bundeshauptstadt haben im abgelaufenen Jahr rund 2,1 Milliarden Euro von Investoren eingesammelt. Im europäischen Städte-Ranking der Beratungsfirma EY ist Berlin damit die Nummer eins – vor London (1,7 Milliarden Euro), Stockholm (992 Millionen Euro) und Paris (687 Millionen Euro). Auf den Plätzen fünf und sechs rangieren Hamburg mit 296 und München mit 206 Millionen Euro. Deutschlandweit sicherten sich die jungen technologielastigen Firmen 3,1 Milliarden Euro und damit fast doppelt so viel wie im Vorjahr (1,6 Milliarden Euro).

Berlins Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) sieht sich in ihrem Kurs bestätigt. „Der Spitzenplatz macht deutlich: Anzahl, Innovationskraft und wirtschaftliche Bedeutung der Start-ups haben mittlerweile eine Größenordnung erreicht, die Berlin auch international attraktiv macht“, sagte sie dem Tagesspiegel. Nicht nur kreative Köpfe aus aller Welt, sondern auch internationale Kapitalgeber würden von der Hauptstadt angezogen. Ein Eindruck, den die Macher der Studie durchaus teilen. „Deutsche und ausländische Investoren nehmen zunehmend deutsche Internet- und Technologie-Start-ups ins Visier“, sagte Peter Lennartz, Partner bei EY. Wachsende Risikobereitschaft und Anlagedruck sowie starke Schwankungen an den Aktienmärkten und anhaltend niedrige Zinsen würden vor allem junge Technologieunternehmen zu Investitionszielen machen.

Rocket Internet spielt eine zentrale Rolle

Ein großer Teil der Investitionen in Berlin kommt allerdings aus einer einzigen Richtung: Rocket Internet. Die Firma mit Oliver Samwer an der Spitze ist an vier der fünf bei Investoren erfolgreichsten deutschen Unternehmen beteiligt. Allein bei der Lieferplattform Delivery Hero spiegelt sich Samwers Vertrauen, dass Essen das nächste große Ding im Internet ist. Knapp 600 Millionen hat Rocket dort investiert. Weitere 400 Millionen flossen in Foodpanda – eine Lieferplattform für Schwellenmärkte – und den Kochboxversender Hello Fresh. Auch Zencap, ein Kreditmarktplatz für Mittelständler, kassierte eine Zusage über bis zu 230 Millionen Euro vom US-Vermögensverwalter Victory Park Capital. Im Oktober vergangenen Jahres wurde dann bekannt, dass das Rocket-Gewächs mit dem deutlich größeren britischen Konkurrenten Funding Circle fusioniert.

Auch solche Übernahmen hätten den Investitionsboom zusätzlich befeuert, glauben die Autoren der Studie. Als Beispiele nennen die Berater etwa das Berliner Start-up 6Wunderkinder. Der Technologiekonzern Microsoft hatte bei den Machern der To-do-Listen-App „Wunderlist“ im vergangenen Sommer zugeschlagen. Der Kaufpreis soll zwischen zwischen 100 und 200 Millionen Dollar gelegen haben.

Auch abseits der Hauptstadt tut sich etwas

Aber auch außerhalb Berlins gab es Käufe mit Signalwirkung für den Start-up-Standort Deutschland. So verleibte sich die Deutsche Börse die Devisenhandelsplattform 360T ein – für 725 Millionen Euro. Und beim Börsengang von Windeln.de sammelten Konstantin Urban und Alexander Brand 183 Millionen Euro für den Münchner Onlineshop für Babybedarf ein. Bereits ein Jahr zuvor hatten die Börsengänge des Online-Modehändlers Zalando und von Rocket Internet auch international Beachtung gefunden. Übernahmen und Börsengänge von nennenswerter Größe – Exits genannt – gelten unter Fachleuten als entscheidender Faktor für ein funktionierendes Ökosystem mit Ideengebern und Investoren.

„Erfolgreiche und große Exits zeigen, dass sich das Investment auch für die Kapitalgeber lohnen kann“, erläutert Lennartz. Die genannten Beispiele schafften einerseits Vertrauen und sorgten anderseits für die „unbedingt nötige internationale Sichtbarkeit“. Allerdings könnten auch diese Erfolge nicht darüber hinwegtäuschen: Für die Mehrheit bleibe es schwierig, genug Kapital für das nötige Wachstum zu bekommen.

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