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Mit Kerze und Esparanza-Rosen: Wie L’Osteria das Image pflegt
Personalchef Gugisch im Gespräch: Wir wollen unbedingt die Unternehmenskultur bewahren - auch im Ausland. 109 Nationalitäten in der Belegschaft vertreten.
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Rund um die Feiertage ist die Stimmung gut in der Großfamilie, es kommen reichlich Gäste. Die Pizza- und Pasta-Kette L’Osteria umfasst inzwischen 211 Restaurants und 9300 Mitarbeitende. „Wir sprechen von La Famiglia“, sagt Personalvorstand Ingo Gugisch. „Das Gefühl der Zusammengehörigkeit ist das wichtigste Bindungselement in der L’Osteria Gruppe.“
Die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) hat nicht viel zu meckern über den Arbeitgeber L’Osteria. Derzeit bereitet die NGG erste Betriebsratswahlen vor. Mitbestimmungsstrukturen gibt es in der Branche kaum, bei L’Osteria soll sich das 2026 ändern. Für die Gäste indes ändert sich kaum etwas: Die anstehende Senkung der Mehrwertsteuer wird nicht für flächendeckende Preissenkungen genutzt.
1999 eröffneten Friedemann Findeis und Klaus Rader in Nürnberg die erste L’Osteria mit einer Spezialität, die bis heute das Image prägt: Die Pizza ragt über den Tellerrand hinaus. Den Grund dafür erläutert Gugisch im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Die Tische im ersten Lokal seien für zwei Pizzateller zu klein gewesen, sodass Findeis/Rader eine große Pizza zum Teilen auf einen Teller servieren ließen.
Gugisch hat weitere Geschichten parat. Die Gründer übernahmen das Restaurant in Nürnberg, in dem sie Stammgäste gewesen waren, von einem Italiener, der für seine Frau Esparanza-Rosen auf den Tresen stellte. Heute schmückten die Rosen alle 211 Lokale.

© L'Osteria
Und am Ein- respektive Ausgang leuchte immer eine Kerze als Symbol für den Wunsch von Findeis, der als Christ seine Gäste mit Gottes Segen den Heimweg antreten lassen möchte, erzählt Gugisch.
Findeis und Rader, die auch zu den Vapiano-Gründern gehörten, verkauften 2023 zwei Drittel von L’Osteria an die Investmentgesellschaft McWin. Das Unternehmen soll damals mit 400 Millionen Euro bewertet worden sein, was einen Verkaufserlös von 265 Millionen Euro ergibt.
„The joy of italy – everywhere and for everyone“, mit diesem Leitspruch hat die Restaurantkette immer mehr Glieder bekommen, allein in den Deutschland sind es 170. Rund 40 Prozent der Lokale betreibt das Unternehmen selbst, 30 Prozent als Joint-Venture mit L’Osteria als Mehrheitseigner, weitere 30 Prozent liegen in der Hand von Franchisepartnern.
Die unterschiedlichen Partner bringen ihre Vorstellungen und Ideen ein. „Diese Vielfalt ist sehr wertvoll, Diversifizierung erleichtert Wachstum“, erläutert Gugisch. „Wir sind eng am Markt und bekommen schnell mit, wenn sich Gästewünsche verändern.“
Wir merken, dass die Gäste ihre Ausgaben genauer abwägen und insgesamt preissensibler geworden sind.
Ingo Gugisch, Personalvorstand L’Osteria
So wie 2024, als der in den Coronajahren auf sieben Prozent reduzierte Mehrwertsteuersatz auf das alte Niveau von 19 Prozent zurückkehrte und L’Osteria daraufhin die Preise um 6,2 Prozent anhob. In jenem Jahr sei die Zahl der Besuche in der deutschen Gastronomie insgesamt um 84 Millionen gesunken, beschreibt Gugisch die Reaktion auf die Preiserhöhung.
Erst Inflation, dann Rezession und nun die Angst vor Arbeitslosigkeit. „Wir merken, dass die Gäste ihre Ausgaben genauer abwägen und insgesamt preissensibler geworden sind.“
2026 sinkt die Mehrwertsteuer für das Gastgewerbe wieder auf sieben Prozent, doch davon werden die Kunden nicht viel bemerken. Gugisch erklärt das mit den gestiegenen Kosten, unter anderem für Personal, das bei L’Osteria zwischen 35 und 40 Prozent der Gesamtkosten ausmache. Von 2021 bis 2026 sei der gesetzliche Mindestlohn um 46 Prozent gestiegen.
„Es wird keine flächendeckenden Preissenkungen geben, aber wir werden Produkte anbieten, die weniger als zehn Euro kosten“, kündigt Gugisch an. Aktuell kostet die günstigste Pizza 11,95 Euro, doch eine Pizza ohne Käse könnte künftig unter zehn Euro liegen und mithin zum „niedrigschwelligen“ Angebot gehören. Alle Sorten und Preisstufen zusammen verkauft jede L’Osteria 500 Pizzen am Tag.

© L'Osteria
L’Osteria gehört zur sogenannten Systemgastronomie: Einheitlicher Auftritt, identische Produkte, standardisierte Ausstattung und Abläufe. Im Bundesverband der Systemgastronomie (BdS), in dem sich Gugisch als Vizepräsident ehrenamtlich engagiert, haben sich unter anderem Burger King, KFC, McDonald’s, Nordsee, Pizza Hut, Starbucks und L´Osteria zusammengeschlossen.
Jeder dritte Euro, der hierzulande in der Gastronomie ausgegeben wird, landet in der Systemgastronomie. Die BdS-Firmen wenden alle für ihre 120.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Tarifverträge an und zahlen vergleichsweise gut.
Zu Beginn der Coronapandemie machte die Branche, die bis dahin eher für Billiglöhne berüchtigt war, Schlagzeilen: Mit der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) vereinbarte der BdS eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes von 63 auf 90 Prozent des Nettogehalts und eine schrittweise Erhöhung der unteren Entgeltgruppe.
„Der Tarifvertrag ist das Ergebnis einer neuen Tarifpolitik im Niedriglohnsektor, die sich nicht mit Armutslöhnen abfinden will, sondern auf eine Aufwertung der Branchen zielt“, lobte die gewerkschaftliche Böckler-Stiftung.
Wir konnten viele Mitarbeitende halten und nach Ende des Lockdowns sofort wieder loslegen.
Ingo Gugisch, Personalvorstand L’Osteria und Vizepräsident des Verbandes BdS
Gugisch erinnert sich an die „heiße Diskussion“ damals, weil kein Geld eingenommen wurde, aber die Kosten blieben. „Im Nachhinein haben wir Lob dafür bekommen, denn so konnten wir viele Mitarbeitende halten und nach Ende des Lockdowns sofort wieder loslegen, ohne Abstriche bei der Qualität oder im Service.“
Bis heute bekomme L’Osteria auf dem Arbeitsmarkt ziemlich problemlos die erforderlichen Arbeitskräfte. „Bei uns arbeiten 119 Nationalitäten, das macht mich stolz“, sagt Gugisch. Zumal nur die Hälfte der Beschäftigten einen deutschen Pass habe. „Wir sind die Branche der Chancen und wir sind ein Integrationsmotor.“
Fünf Bereiche gibt es in jedem Restaurant: Pizza- und Pasta-Station, Salatbar, Service und Spüle. „Als Spüler muss ich nicht zwingend Deutsch sprechen“, erläutert Gugisch. Piktogramme weisen den Weg, etwa den Einsatz spezieller Reinigungsmittel betreffend.
Die Förderung der Mitarbeitenden und deren Aufstieg sind ein wesentlicher Teil unserer Kultur.
Ingo Gugisch
Als Beispiel für gelungene Personalentwicklung schildert Gugisch den Fall eines Bulgaren, der ohne Deutschkenntnisse nach Deutschland kam, bei L’Osteria ausgebildet wurde und heute sechs Restaurants führt. „Das macht mich megastolz“, sagt der Personalchef. „Die Förderung der Mitarbeitenden und deren Aufstieg ist ein wesentlicher Teil unserer Kultur.“
Die Unternehmenskultur in allen Lokalen implementieren, sei ihm ein „Herzensanliegen“. Und grundsätzlich eine Herausforderung für die Systemgastronomie mit zahlreichen Filialen und unterschiedlichen Filialleitern. Ein neuer Joint-Venture-Partner aus Polen habe ein halbes Jahr in den deutschen Restaurants gearbeitet, ein Teil der Beschäftigten aus Warschau wurde in deutschen Restaurants geschult. „In drei Monaten bekommt man ein Gefühl für unsere Kultur“, sagt Gugisch. Perspektivisch werde der polnische Partner zehn L’Osterien betreiben.
Mehr als 80 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet die Kette auf dem deutschen Markt, der inzwischen als gut besetzt gilt. Neue Lokale entstehen zumeist im Ausland, der Umsatzanteil Deutschlands soll bis 2030 auf 60 Prozent fallen.
„Für das Wachstum in anderen europäischen Ländern setzen wir fast ausschließlich auf Partner vor Ort, weil die über das Markt-Knowhow verfügen“, erläutert Gugisch. Ausreichend Kapital ist eine Voraussetzung: Die Ausstattung einer neuen L’Osteria erfordert einen siebenstelligen Betrag. Und kapitalstarke Partner, die mehrere Restaurants betreiben, könnten eher die Vorgaben des Franchisegebers umsetzen.
Zweifel an der Übertragbarkeit des Konzeptes in andere Länder hat der Personalvorstand nicht. Mit 16 Restaurants ist Österreich der zweitgrößte Markt, große Potenziale sieht das Management vor allem in Frankreich, Großbritannien und Polen. Pasta und Pizza gehen immer, weiß Gugisch. „Italienische Kost ist in jedem europäischen Land auf der Beliebtheitsskala mindestens auf Platz zwei oder drei.“
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