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Der frühere VW-Manager Martin Winterkorn erschien als Angeklagter vor dem Landgericht Braunschweig.

© REUTERS/Fabian Bimmer

Update

Früherer VW-Chef in Dieselaffäre angeklagt: Winterkorn trifft zum Prozessbeginn im Landgericht Braunschweig ein

Der ehemalige VW-Boss soll Abgastricks beim Autobauer bewusst vertuscht haben. Fast neun Jahre nach dem Dieselskandal beginnt nun der Strafprozess gegen Winterkorn. Ihm drohen mehrere Jahre Haft. Der 77-Jährige weist die Vorwürfe zurück.

Stand:

Für den Strafprozess zur Dieselaffäre bei Volkswagen ist der angeklagte Martin Winterkorn im Landgericht Braunschweig eingetroffen. Der frühere VW-Vorstandschef zeigte sich kurz vor Beginn vor dem Verhandlungssaal, um Gelegenheit für Fotos zu geben.

Im Verfahren vor der Wirtschaftsstrafkammer werden einem mittlerweile 77-Jährigen gewerbsmäßiger Betrug, Marktmanipulation und uneidliche Falschaussage vorgeworfen. Die Verlesung der Anklage ist für 11.00 Uhr im Landgericht Braunschweig geplant.

Winterkorn bestreitet kurz vor dem Prozess jegliche Schuld. „Unser Mandant weist die gegen ihn erhobenen Vorwürfe entschieden zurück“, teilte sein Verteidiger Felix Dörr zum Prozessauftakt im Landgericht Braunschweig mit. Winterkorn sei weder der „Hauptangeklagte“ noch der „Hauptverantwortliche“ für den Dieselskandal beim Wolfsburger Autobauer vor mittlerweile neun Jahren.

Allein seine Stellung als damaliger Vorstandsvorsitzender rechtfertige es nicht, ihn in dieser Weise zu qualifizieren und für das Thema „Dieselmotoren“ in allen seinen Facetten verantwortlich zu machen. „Wir sind zuversichtlich, dass wir zu einem guten Ergebnis für unseren Mandanten gelangen werden“, sagte Dörr. 

Zum Prozessbeginn verwies Verteidiger Dörr darauf, dass das Strafrecht den Nachweis persönlicher Schuld eines jeden Angeklagten erfordere.

Die Botschaft der Verteidigung ist klar: Das Gericht muss beweisen, dass die wichtigen Informationen den damaligen Konzernchef beim Autogiganten erreicht haben. Zentraler Punkt für alle drei Vorwürfe sei daher die Frage nach Kenntnis und Zeitpunkt des Wissens vom Einsatz einer kritischen Software in US-Fahrzeugen, sagte Dörr. Erst wenn dies feststehe, könne die weitere Voraussetzung einer Strafbarkeit geprüft werden.

„Dieselgate“ war im September 2015 durch Nachforschungen von US-Umweltbehörden und Wissenschaftlern aufgeflogen und hatte Winterkorn aus dem Amt gefegt. Der Vorstand übernahm mit seinem Rücktritt die politische Verantwortung, wies aber strafrechtlich relevantes Verhalten zurück. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Die Affäre stürzte den Volkswagen-Konzern in die schwerste Krise der Firmengeschichte und kostetet Milliarden Euro für die juristische Aufarbeitung. Winterkorn sagte später, er habe zu akzeptieren, dass sein „Name verbunden ist mit der sogenannten Dieselaffäre“.

Anfang 2024 äußerte sich Winterkorn erstmals als Zeuge vor Gericht: „Ich halte diese Vorwürfe für unzutreffend“, sagte der frühere Konzernlenker im milliardenschweren Zivilprozess von Investoren gegen VW vor dem Oberlandesgericht Braunschweig.

Winterkorn bezog sich dabei auf die beiden Strafverfahren wegen Betrugs und Marktmanipulation der Staatsanwaltschaft Braunschweig. Eine Anklage wegen Falschaussage im Bundestag kommt von Berliner Strafverfolgern hinzu. 

Für den Strafprozess hat das Landgericht fast 90 Termine bis September 2025 angesetzt. Berichte über die Gesundheit des 77-Jährigen ließen zuletzt Zweifel an der Planung aufkommen. Er sei stark geschwächt, hieß es zuletzt aus seinem Umfeld. Für die Verhandlung soll Winterkorn nahezu jede Woche von Bayern nach Niedersachsen reisen, um für zwei Tage in einem Gerichtssaal zu sitzen.

Längst gibt es zur Dieselaffäre Urteile, Bußgelder, Verfahrenseinstellungen gegen Geldauflagen und Entschädigungen. Die genauen Hintergründe und Abläufe beim Wolfsburger Autobauer bleiben bis heute aber im Verborgenen.

Auch der erste große Betrugsprozess gegen vier andere Ex-VW-Manager sowie -Ingenieure brachte nach drei Jahren Verhandlung bisher keine großen Erkenntnisse hervor. Eigentlich sollte Winterkorn schon bei diesem Verfahren ab 2021 mit auf der Anklagebank sitzen. Aus gesundheitlichen Gründen wurde sein Komplex aber abgetrennt und soll nun endlich nachgeholt werden. (dpa, AFP)

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