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Zwei jeweils 109 PS starke E-Motoren sorgen beim Subaru Solterra für permanenten Allradantrieb.

© Tagesspiegel/Andreas Conrad

Sterne unter Strom: Mit dem Solterra bietet Subaru in Deutschland sein erstes reines Elektro-SUV an

Seinem Allrad-Prinzip ist der japanische Konzern treu geblieben. Die Plattform und das Infotainment-System wurden gemeinsam mit Toyota entwickelt.

Das war knapp! Immerhin 2,20 Meter Innenhöhe bietet der heimische Carport, für die Heckklappe des sonst dort untergestellten Golf mehr als genug, nicht aber für einen neuen Elektro-SUV wie den Subaru Solterra. Und so schwingt die Hecktür des Testwagens, als erstmals auch diese Funktion ausprobiert wird, zügig dem Carport-Dach entgegen, droht schon die Kollision Blech gegen Holz, gerade noch verhindert durch einen beherzten Griff zur Türkante - und tatsächlich: Die Automatik stoppt, nichts passiert.

Auch stromtechnisch stößt der hauseigene, an Verbrenner gewöhnte Parkplatz bei solch einem E-Mobil rasch an seine Grenzen. Die 71,4 kWh starke Lithium-Ionen-Batterie über die Haussteckdose laden? Klar, das funktioniert, aber es dauert und dauert und dauert. Eine Wallbox wäre unabdingbar, um den Akku bei einer Wechselstrom-Ladeleistung von allerdings nur 7 kW über Nacht aufzuladen. Bei einer Gleichstrom-Schnellladesäule geht es mit einer Ladeleistung von maximal 150 kW natürlich fixer: In rund 30 Minuten ist man auf 80 Prozent.

Die Frage der Reichweite

Bleibt die Frage, wie weit man damit kommt. Schon in der Bedienungsanleitung heißt es: „Die tatsächliche Reichweite kann von der angezeigten Reichweite abweichen“ - ein offenbar berechtigter Hinweis. Die Angaben für den Solterra, ermittelt nach dem in der EU 2017 eingeführten WLTP-Prüfverfahren zur Ermittlung von Abgasemissionen und Sprit-/Stromverbrauch, schwanken zwischen 416 und 466 Kilometer Reichweite. Der Ladevorgang im heimischen Carport stoppte allerdings laut Instrumentenanzeige bei knapp über 300 Kilometern Reichweite.

An seinem zweigeteilten Dachspoiler ist der Subaru Solterra auch von hinten leicht zu erkennen.
An seinem zweigeteilten Dachspoiler ist der Subaru Solterra auch von hinten leicht zu erkennen.

© Subaru Deutschland/Andre Tillmann

Bei einer Außentemperatur zwischen 5 und 10 Grad ist solch ein Leistungsabfall nicht überraschend, auch die auf 21 Grad eingestellte Heizung kostet Kilometer. Gleichwohl kündigte Subaru Deutschland hierzu in Kürze ein Update an, in Aussicht gestellt wird eine „Optimierung der Reichweitenanzeige, eine prozentuale Anzeige des Ladezustands im Kombiinstrument, eine optimierte Reichweitenberechnung bei Benutzung der Heizung/Klimaanlage, Anpassung des Ladelimits bei Schnellladungen sowie eine optimierte Ladezeit bei Schnellladungen im Bereich zwischen 80 und 100 Prozent“. Man gehe davon aus, dass sich dann die Display-Angaben „etwas mehr der angegebenen Reichweite anpassen“.

Eine „Aero-Blende“ ersetzt beim Subaru Solterra den klassischen Kühlergrill.
Eine „Aero-Blende“ ersetzt beim Subaru Solterra den klassischen Kühlergrill.

© Subaru Deutschland/Andre Tillmann

Das ist dem Solterra zu wünschen, der insgesamt doch einen guten Eindruck hinterlässt. Vor drei Jahren erst hatte Subaru, zuvor auf Verbrenner mit Allradantrieb gepolt, einen ersten Schritt in Richtung E-Mobilität getan und seinen Klassiker Forester mittels Mild-Hybrid-Technik zum e-Boxer aufgefrischt. Nun also der Solterra als „erstes deutsches reines Elektro-SUV“ der japanischen Marke, selbstverständlich wieder mit permanentem Allradantrieb. Die sechs Sterne im Subaru-Logo - die kleinen repräsentieren die fünf Firmen, aus denen 1953 der neue, durch den großen Stern symbolisierte Konzern gebildet wurde - stehen also erstmals voll unter Strom.

Vorne wie hinten arbeitet im Solterra je ein 109 PS starker E-Motor, deren geballter Schub die Insassen beim Durchtreten des Fahrpedals in imponierender Weise in die Sitze presst. Ratsam ist solch rabiate Fahrweise freilich nicht, der strombewusste Fahrer wählt unter den drei möglichen Fahrmodi statt „Power“ oder „Normal“ am besten „Eco“ und setzt dazu aufs stromgenerierende „Single Pedal Drive“. Allein der rechte Fuß steuert nun Beschleunigung wie Verzögerung. Löst er sich vom Pedal, so verlangsamt der Wagen bis auf Schritttempo, dient die - auch sonst jederzeit verfügbare - Bremse nur noch zum finalen Stopp.

Schaltwippen fürs „Single Pedal Drive“

Für dieses Ein-Pedal-Fahren gibt es eine Taste links neben dem übrigens runden Getriebewahlschalter und zusätzlich Schaltwippen am Lenkrad. An denen lässt sich die Bremswirkung der nun als Stromgeneratoren wirkenden E-Motoren sogar mehrstufig einstellen - und damit der Grad der Rekuperation, also der Umwandlung von Brems- in elektrische Energie.

Damit der Wagen selbst in rauem Gelände immer hübsch in der Spur bleibt, ist das Allrad-Assistenzsystem X-Mode zuschaltbar, wahlweise bis 20 km/h für „Schnee/Schotter“ und bis 10 km/h für „Tiefer Schnee/Matsch“. Mangels Schnee/Matsch/Schotter blieb der Schalter bei den Testausflügen ungenutzt.

Schön übersichtlich: das Innenleben des Subaru Solterra.
Schön übersichtlich: das Innenleben des Subaru Solterra.

© Subaru Deutschland/Andre Tillmann

Beim Fahren auf solchen Abwegen, womöglich sogar durch finsteren Tann - ein geräuscharmer Elektro-SUV dürfte Waidmännern auf der Pirsch entgegenkommen -, eckt man gerne mal an. Das Außenkleid des Solterra aber, das die gemeinsam mit Toyota entwickelte „e-Subaru Global Plattform“ umgibt, ist gegen solche Fährnisse des Fahrweges oder auch Rempeleien im Stadtverkehr gut gerüstet. Front- und Heckpartie, Kotflügel und Schweller sind mit schwarzen Kunststoffteilen verkleidet. In Kombination mit lackiertem Blech wirkt so etwas oft billig, nicht dagegen bei dem überaus ansehnlichen Solterra, der von der hexagonalen „Aero-Blende“, die den klassischen Kühlergrill ersetzt, bis zum zweigeteilten Dachspoiler zugleich Kraft, Eleganz und Sportlichkeit ausstrahlt.

Im Innenraum kommt fast Behaglichkeit hinzu. Vorne wie hinten und oben wie unten wird den Insassen viel Raum geboten, zum Sitzen wie zum Verstauen. Sogar die Mittelkonsole ist nicht wie üblich ein kompakter Block, sondern als freischwebende Brücke entworfen. Das schafft darunter zusätzliche Ablagemöglichkeiten.

Erfreulich auch die nicht mit Informationen überladene, vielmehr sehr übersichtliche Instrumententafel, während das ebenfalls gemeinsam mit Toyota entwickelte Infotainmentsystem samt dem mit Echtzeit-Verkehrsinfos gefütterten Navi über einen 12,3 Zoll großen Touchscreen im Tablet-Format gesteuert wird. Auch Smartphones, eingebunden per Apple CarPlay oder Android Auto, lassen sich darüber nutzen.

Die Vielzahl der Funktionen des Solterra und der ihm implantierten elektronischen Helferlein zur Steigerung von Bequemlichkeit und Sicherheit ist schon am Gewicht der Lederbox mit den diversen Bedienungsanleitungen erahnbar: Es sind knapp zwei Kilo. So verfügt der Wagen beispielsweise nicht nur über einen aktiven Spurhalteassistenten, der den Fahrer beim unbeabsichtigten Verlassen der Fahrspur optisch und akustisch warnt und den Wagen zur Not wieder auf Kurs bringt. Das System soll den Straßenrand sogar bei fehlender Fahrbahnmarkierung erkennen. Die Grasnarbe genügt.

Wie üblich in dieser Preisklasse verfügt der Solterra auch über eine multinationale Verkehrszeichenerkennung, die im Testwagen allerdings nicht ganz überzeugte. So reagierte die Anzeige hinterm Lenkrad beispielsweise im Ortsbereich der brandenburgischen Kleinstadt Beelitz selbst auf drei hintereinandergestaffelte Schilder nicht, die wegen einer nahen Schule tagsüber das Tempo auf 30 km/h begrenzen.

Müder Fahrer? Das Auto passt auf

Oder das mehrfach passierte Schild am Ortseingang der Ortschaft Neuseddin im Verlauf der Bundesstraße 2 wurde hartnäckig ignoriert und im zentralen Digital-Cockpit weiterhin ein Tempolimit von 70 km/h angezeigt. Pech, wer hier der Technik vertraut: Kurz dahinter folgt ein Blitzer. Immerhin, das Navi-Display schrieb korrekt 50 km/h vor - eine Diskrepanz zwischen beiden Anzeigen, die wiederholt auftauchte. Die Warnung in der Bedienungsanleitung, man solle sich nicht auf das System des „Road Sign Assist“ verlassen, der Fahrer trage die alleinige Verantwortung für die Fahrsicherheit, ist also nur allzu berechtigt.

Damit dieser in seiner Konzentration nicht nachlässt, wurde dem Solterra serienmäßig auch ein „Aufmerksamkeits- und Müdigkeitswarner“ mitgegeben, eine Art „großer Bruder“, der warnt, wenn ihm die Augen zufallen oder sein nach vorn gerichteter Blick abirrt. So sinnvoll das ist, besonderes um notorische Handy-Sünder zu erziehen: Bei Sightseeing-Touren nervt es. Kaum schweift der Blick über die Schönheiten der vorbeiziehenden Landschaft, schon wird man energisch zurechtgewiesen: „Unaufmerksamkeit des Fahrers erfasst. Nach vorn schauen.“

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