Proteste bei Betriebsversammlung: VW-Spitze verteidigt gegenüber Mitarbeitern den angekündigten Sparkurs
Volkswagen muss laut Konzern-Spitze Geld umverteilen, um mehr Investitionen tätigen zu können. Mitarbeitervertreter kündigten massiven Widerstand gegen die Sparpläne an.
Stand:
Die VW-Spitze hat auf der Betriebsversammlung in Wolfsburg ihren verschärften Sparkurs verteidigt.
„Wir haben noch ein Jahr, vielleicht zwei Jahre Zeit, das Ruder herumzureißen. Aber diese Zeit müssen wir nutzen“, sagte Konzern-Finanzchef Arno Antlitz vor mehr als 10.000 Beschäftigten im VW-Werk. „Wir geben in der Marke seit geraumer Zeit schon mehr Geld aus, als wir einnehmen. Das geht nicht gut auf die Dauer!“
Mit den Einsparungen wolle VW die Mittel freisetzen, die man für neue Produkte brauche. „Dafür brauchen wir jetzt Geld, um kräftig zu investieren“, sagte Markenchef Thomas Schäfer.
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„Wenn wir es jetzt schaffen, unsere Kosten nachhaltig zu reduzieren und in ein Modellfeuerwerk zu investieren, wie es der Wettbewerb und die Kunden noch nicht gesehen haben, dann werden wir es sein, die die Voraussetzungen geschaffen haben, damit auch die nächsten Generationen hier in Deutschland für Volkswagen arbeiten können“, erläuterte Schäfer.
Mitarbeiter protestieren
Von den Mitarbeitern war der Vorstand mit scharfem Protest empfangen worden. „Hände weg von der Beschäftigungssicherung“, war auf einem Transparent zu lesen. Auf einem anderen wurde dem Vorstand mit Blick auf mögliche Gehaltskürzungen „Doppelmoral“ vorgeworfen.
Neue Details zu den am Montag verschärften Sparplänen nannte VW bei dem Auftritt auf Einladung des Betriebsrats nicht. Europas größter Autobauer hatte angekündigt, angesichts der sich zuspitzenden Lage den eingeschlagenen Sparkurs bei der Kernmarke VW noch einmal zu verschärfen.

© REUTERS/Moritz Frankenberg
Auch eine Werkschließung in Deutschland und betriebsbedingte Kündigungen werden nicht länger ausgeschlossen. Betriebsrat und IG Metall hatten erheblichen Widerstand angekündigt. Schuld an der Krise bei Volkswagen seien nicht die Mitarbeiter, sondern die Konzernführung, sagte Betriebsratschefin Daniela Cavallo laut Redemanuskript bei der Betriebsversammlung.
Mit Blick auf das von VW jüngst verschärften Sparprogramm nannte sie klare rote Linien: Werkschließungen dürfe es nicht geben, die Job-Garantie dürfe nicht angetastet und müsse verlängert werden. Auch Einschnitte bei den Tariflöhnen lehnte sie ab. „Volkswagen krankt daran, dass der Vorstand seinen Job nicht macht“, sagte Cavallo. Dafür dürfe man nun nicht die Belegschaft zur Verantwortung ziehen.
Betriebsratschefin nennt Sparpläne „Bankrotterklärung“
„Das ist Ihre Antwort auf die Krise? Ist das alles, was Ihnen einfällt?“, fragte Cavallo die mit auf dem Podium sitzenden Vorstände bezüglich der Sparpläne. „Das ist nicht nur ein Armutszeugnis. Das ist eine Bankrotterklärung.“
Volkswagen krankt daran, dass der Vorstand seinen Job nicht macht.
Betriebsratschefin Daniela Cavallo
Auf die Krise bei VW nur mit Einsparungen zu regieren, sei der falsche Weg, kritisiere Cavallo. Stattdessen müsse der Vorstand zunächst ein Zielbild entwickeln, wie die Kernmarke in die Zukunft geführt werden könne, forderte sie. „Und vor allem muss der Vorstand dafür sorgen, dass nachhaltig in die Auslastung der Werke investiert wird.“ Dafür brauche die Belegschaft Sicherheit.
„Die Flickschusterei muss enden! Klares Ziel muss es sein, die branchenweite Technologieführerschaft wieder im Hause Volkswagen zu haben“, forderte Cavallo. „Alles andere ist blindes Sparen von einem Quartal zum anderen. Und das ist das Gegenteil von nachhaltiger Unternehmensführung und sorgt nur dafür, dass wir die Abwärtsspirale weiter befeuern.“
Es fehlen uns die Verkäufe von rund 500.000 Autos, die Verkäufe für rund zwei Werken.
VW-Finanzchef Arno Antlitz
Auch die Politik schaltete sich ein: Das an VW beteiligte Land Niedersachsen forderte den Autobauer auf, Standortschließungen zu vermeiden. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sprach sich ebenfalls für den Erhalt aller VW-Standorte aus. Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) forderte, Entscheidungen müssten in enger Abstimmung mit den Sozialpartnern erfolgen.
Verkäufe für zwei Werke fehlen
Mit Blick auf die Standorte verwies Finanzchef Antlitz auf Überkapazitäten. In Europa würden derzeit zwei Millionen Autos weniger pro Jahr verkauft als vor der Corona-Pandemie. Und das werde sich auch kaum ändern.
Für VW mit einem Marktanteil von rund einem Viertel in Europa bedeute das: „Es fehlen uns die Verkäufe von rund 500.000 Autos, die Verkäufe für rund zwei Werken. Und das hat nichts mit unseren Produkten zu tun oder schlechter Leistung des Vertriebs. Der Markt ist schlicht nicht mehr da.“
Angaben zu möglichen Standorten, die schließen könnten, machte VW weiter nicht. Der Konzern hatte zuvor erklärt, Werkschließungen wären nur die letzte Maßnahme, wenn es nicht gelinge, mit schnellen Maßnahmen gegenzusteuern. VW betreibt Autowerke in Wolfsburg, Emden, Osnabrück, Hannover, Zwickau und Dresden, hinzu kommen Komponentenfabriken in Kassel, Salzgitter, Braunschweig und Chemnitz. (dpa)
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