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Wirtschaft: Müntefering lenkt bei Betriebsrenten ein

Minister denkt über eine weitere staatliche Förderung nach, will aber künftig Sozialabgaben erheben

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Berlin - Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) hält eine weitere Förderung der Betriebsrenten für möglich. „Man könnte Riester- und Betriebsrenten miteinander verknüpfen“, sagte Müntefering am Montag in Berlin auf einer Handelsblatt-Tagung zur betrieblichen Altersversorgung. Als staatliche Förderung der Entgeltumwandlung könnte sich der Minister einen Kinderzuschlag von 300 Euro im Jahr vorstellen. „Statt der allgemeinen Beitragsfreiheit könnte man gezielt Familien, die Kinder aufziehen, einen Bonus zahlen“, sagte der Vizekanzler.

Die Zukunft der Entgeltumwandlung ist ein heißes Eisen. Denn noch wird diese Form der Betriebsrente vom Staat großzügig gefördert. Bei der Entgeltumwandlung zahlt der Arbeitgeber einen Teil des Gehaltes nicht aus, sondern steckt ihn in den Aufbau einer Betriebsrente. Noch bis Ende 2008 ist das steuer- und sozialabgabenfrei. Während die Steuerfreiheit erhalten bleibt, fällt die Sozialabgabenfreiheit per Gesetz 2009 weg. Dann müssten die Beschäftigten auf ihre Einzahlungen rund 20 Prozent für Beiträge zur Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung abführen.

Arbeitgeber, Gewerkschaften und die Versicherungswirtschaft fordern eine Fortsetzung der bisherigen Förderung. „Für Gering- und Durchschnittsverdiener bringt die Steuerfreiheit nichts“, kritisierte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach, „viele zahlen ohnehin keine Steuern“. Das sieht auch Rentenexperte Bert Rürup so. Es sei kein Wunder, dass beispielsweise bei Aldi oder Lidl besonders viele Beschäftigte von der Entgeltumwandlung Gebrauch machen. „Die Sozialabgabenfreiheit ist für diese Leute attraktiv, die Steuerfreiheit nicht.“

Seit 2002 wird die Entgeltumwandlung staatlich gefördert. Seitdem hat sie sich zu einem Renner entwickelt. Von den rund 17 Millionen Verträgen, die es derzeit im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge gibt, entfallen nach Angaben des Versicherungsverbandes GDV bereits knapp neun Millionen auf die Entgeltumwandlung. Das Erfolgsmodell hat aber auch seine Schattenseiten: Wegen der Beitragsfreiheit der Einzahlungen entgehen der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung im Jahr rund zwei Milliarden Euro.

Das will die Bundesregierung nicht länger hinnehmen. „Die Sozialabgabenfreiheit war eine Starthilfe, und die läuft aus“, stellte Müntefering unmissverständlich fest. Die Frage ist, was kommt danach? DGB-Vorstandsmitglied Buntenbach geht von weiteren tarifvertraglichen Regelungen aus, fordert aber auch eine gesetzliche Pflicht der Arbeitgeber, den Beschäftigten eine betriebliche Altersvorsorge anzubieten. Regierungsberater Rürup schlägt ein Splittingmodell vor, bei dem zumindest die Rentenbeiträge entfallen. Ohne eine attraktive Anschlussförderung würden viele Menschen ihre Verträge beitragsfrei stellen und ruhen lassen, warnte Rürup. Doch angesichts des sinkenden Rentenniveaus sei eine private oder betriebliche Vorsorge unverzichtbar, um den Lebensstandard im Alter zu halten. 2050 werden zwölf Prozent der Deutschen über 80 sein, mahnte auch Müntefering. Obwohl ihn das persönlich nicht mehr betreffen wird: „2050 werde ich im Himmel sein – oder wo Sozialdemokraten hinkommen.“

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