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Ein Frau putzt die Frontpartie eines Autos der Marke Geely im Hauptquartier des chinesischen Autokonzerns Hangzhou.

© Wu Hong/dpa

Neuer Großaktionär: Geely-Einstieg bei Daimler wirft Fragen auf

Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries fände es problematisch, wenn Daimler mit einem Vertreter von Geely einen Konkurrenten in den Aufsichtsrat ließe. Sie will das "besonders aufmerksam betrachten".

Der überraschende Aufstieg des chinesischen Autobauers Geely zum Großaktionär von Daimler löst Skepsis ebenso wie Zuversicht aus. Die noch amtierenden Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries äußerte sich kritisch: "Wir müssen das besonders aufmerksam betrachten", sagte sie der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten" am Montag. Nach ihren Worten wäre es problematisch, wenn Daimler mit einem Vertreter von Geely einen Konkurrenten in den Aufsichtsrat ließe. Daimler wollte sich dazu wie zu allen anderen offenen Punkten nicht äußern. Geely-Eigner Li Shufu besuchte einem Insider zufolge Daimler-Chef Dieter Zetsche am Montag in Stuttgart und sollte in dieser Woche auch im Kanzleramt vorstellig werden.

Zypries hält es nach eigenen Worten auch für erklärungsbedürftig, wie Geely trotz der Meldeschwellen bei drei und fünf Prozent am Freitag erst das Aktienpaket von 9,69 Prozent offenlegen konnte. Dem "Handelsblatt" sagte die SPD-Politikerin, die unternehmerische Entscheidung des Geely-Einstiegs wolle sie nicht bewerten, und Deutschland begrüße als offene Volkswirtschaft marktkonforme Investitionen. Andererseits dürfe die Offenheit "nicht als Einfallstor für industriepolitische Interessen anderer Staaten benutzt werden." Geely-Manager Li hat Insidern zufolge gute Verbindungen zu Präsident Xi Jinping.

Der Aufstieg des chinesischen Autobauers zum Großaktionär ruft auch die Finanzaufsicht Bafin auf den Plan. "Wie in anderen vergleichbaren Fällen sehen wir uns natürlich an, ob die Stimmrechtsveränderungen bei Daimler rechtzeitig gemeldet wurden", sagte eine Bafin-Sprecherin am Montag.

Zehn Prozent Stimmrechte

Geely-Chef Li Shufu.
Geely-Chef Li Shufu.

© Aly Song/Reuters

Die Regierung hat nach dem Außenwirtschaftsgesetz erst ab einem Anteil von 25 Prozent in der Hand ausländischer Investoren ein Recht, das Engagement zu prüfen und Nein zu sagen. Das gilt allerdings nur für strategisch wichtige Industrien, wobei die Autoindustrie nicht ausdrücklich genannt wird. Der wirtschaftspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion Joachim Pfeiffer hingegen begrüßte das Engagement des chinesischen Investors in seinem Heimatland Baden-Württemberg. Das könne auch eine große Chance für Daimler sein. "Die Globalisierung lebt von offenen Märkten", sagte Pfeiffer der Nachrichtenagentur Reuters.

Geely und Daimler gaben am Freitagabend bekannt, dass der größte Autobauer Chinas auf einen Schlag mit fast zehn Prozent der Stimmrechte bei dem Dax-Konzern eingestiegen war. Der Stuttgarter Konzern begrüßte das Engagement des langfristig orientierten Aktionärs als Zeichen der Innovationsstärke und des Potenzials von Daimler. Geely-Haupteigner Li sei dem Autokonzern als besonders kompetenter Manager bekannt, mit dem man den industriellen Wandel konstruktiv diskutieren könne.

Die Vertreter der Beschäftigten im Daimler-Aufsichtsrat wollen das Wirken des neuen Großaktionärs bei dem Autokonzern genau im Auge behalten. Die Arbeitnehmervertreter wollten sich intensiv mit den Auswirkungen des Einstiegs der Chinesen, insbesondere auf die Sicherheit von Standorten und die Arbeitsplätze in Deutschland, auseinandersetzen, erklärten sie. "Unsere Erwartung gegenüber Li Shufu ist, dass er langfristiges Interesse an Daimler hat und unser Unternehmen gemeinsam mit den Beschäftigten weiterentwickeln will." Von den Kollegen bei dem von Geely beherrschten schwedischen Autobauer Volvo gab es nach früheren Aussagen von Daimler-Betriebsratschef Michael Brecht noch keine Beschwerden über den chinesischen Eigentümer.

Allianz gegen US-Elektroautos

Der chinesische Autobauer strebt eine Allianz mit den Schwaben an, um sich bei selbstfahrenden und elektrischen Autos gegen Konkurrenten aus den USA wie den Elektroautobauer Tesla, Google und Uber zu wappnen. Die heimischen Hersteller in China stehen ebenso wie die westlichen Konzerne unter großem Druck, wegen der schärferen Klimavorschriften das Angebot an Elektroautos zu verbessern.

Während Daimler-Aktien in Frankfurt leicht nachgaben, griffen die Anleger an der Börse Hongkong vielfach zu Geely-Aktien. Der Kurs stieg um sieben Prozent. Allerdings gaben Experten zu bedenken, dass der Automanager Li damit noch nicht sicher sein kann, direkt von Daimlers Technologie zu profitieren. "Es ist eine Sache, ein beachtlicher Investor zu sein, aber eine andere, Partner einer Allianz zu werden", sagte James Chao, Berater von IHS Markt Automotive. Geely gehört zu den lokalen Herstellern, die sich am stärksten auch außerhalb der Landesgrenze engagieren und eine globale Präsenz aufbauen wollen. Shufus jüngster Coup mit Daimler werde nicht der letzte Schritt auf diesem Weg gewesen sein, sagte Autoexperte Chao. "Sie haben ganz klar Ambitionen, die noch viel größer sind als das bisherige." (Reuters)

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