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Wirtschaft: Neuer Markt: Die Unschuld verloren

Es wäre zu schön: Man kauft sich ein paar Aktien, legt sich auf die faule Haut, und zwei Wochen später kann man den ersten Geldsegen ernten. Lange hat der Neue Markt vielen Börsianern und vor allem Neu-Aktionären genau dieses Gefühl vermittelt.

Es wäre zu schön: Man kauft sich ein paar Aktien, legt sich auf die faule Haut, und zwei Wochen später kann man den ersten Geldsegen ernten. Lange hat der Neue Markt vielen Börsianern und vor allem Neu-Aktionären genau dieses Gefühl vermittelt. Es war ein verführerisches, trügerisches und für viele teures Gefühl. Der Neue Markt hat seine Unschuld verloren. Auch für ihn gilt: An der Börse geht es nicht nur nach oben, es geht mitunter auch ganz heftig nach unten. Freilich: Ganz unschuldig sind Banken und Börsen an dieser Entwicklung nicht. Da haben die Beschützer der Kleinanleger Recht. In vielen Fällen, vor allem offenbar im laufenden Börsenjahr, haben die Banken Unternehmen an die Börse gebracht, deren Unternehmensidee alles andere als ausgereift ist. Die Banken und die Deutsche Börse schaden mit ihrer Nachlässigkeit nicht nur den Aktionären, sie schaden sich auch selbst. Zum einen weil ihre Reputation in Zweifel gezogen wird. Zum anderen weil sie den Eindruck mangelhafter Seriosität erwecken und damit dem Finanzplatz Deutschland einen Bärendienst erweisen. Auch das schlägt indirekt auf die deutschen Geldhäuser und die Deutsche Börse zurück. Der willkommenen Aktionärskultur in Deutschland tut dieses kurzfristig lukrative aber langfristig höchst bedenkliche Verhalten ebenfalls nicht gerade gut. Andererseits: Die enttäuschende Entwicklung am Neuen Markt hat auch eine durchaus heilsame Komponente. Kursverluste warnen die Anleger vor blindem Zeichnen und raten zu mehr Vorsicht. Wer sein Erspartes an der Börse investiert, sollte sich eingehend mit den Unternehmen befassen. Diesen Prozess sollten und müssten Börse und Banken fördern: Indem sie nicht mehr jeder Klitsche das Tor zum Neuen Markt öffnen, sondern genau prüfen, wer Einlass begehrt. Das sollte eigentlich selbstverständlich sein. Es ist schlimm genug, dass die Herren in den Banktürmen und an der Börse darauf erst von den Anwälten der Kleinaktionäre gestoßen werden müssen. Noch ist es glücklicherweise nicht zu spät.

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