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"Smarte" Gesellen, die Eltern bei der Kindeserziehung (und -Betreuung?) unterstützen sollen, gibt es einige auf der CES 2019 - hier die Lovot-Roboter von Groove X.

© Photo by Robyn Beck / AFP

Neuheiten auf der Tech-Messe CES: Vom smarten Kuscheltier zum funkenden Schuh für Senioren

Zum Auftakt der weltgrößten Technikmesse CES In Las Vegas präsentieren Hersteller Produkte, auf die die Welt nicht gewartet hat. Erobern sie dennoch den Markt?

„Chocolet“ hat sich verirrt. Die braune Plüschigel mit den großen liebevollen Augen ist zwar intelligent, aber das Chaos auf der weltgrößten Technikmesse CES in Las Vegas überfordert den dreirädrigen Roboter doch: „Come here!“ ruft sein Herrchen Tailor vergeblich, sammelt ihn dann auf und trägt ihn wie ein Kind im Arm zum Stand.
Nebenan steht „Codi“, ein „smarter Lautsprecher“ – auch im Kuscheltierformat. Dieser nimmt Botschaften der Eltern per Smartphone-App auf, um sie den Kindern vorzuspielen. Codi soll aber auch mit künstlicher Intelligenz gefüttert worden sein, damit er das „sozial-emotionale Verhalten“ der Kinder aufbessert: Er gibt zum Beispiel Tipps, wie sie sich im Kindergarten verhalten sollen, wenn sie mal Konflikte geraten. 230 Lern-Inhalte hat Codi geschluckt. Und der Hersteller verspricht, dass das eingebaute Mikrophon nur auf Knopfdruck lauscht – und nicht wie „Cayla“, eine „intelligente“ Puppe, die Geheimnisse aus Kinderzimmern ins weltweite Netz einspeiste.

"Smarte" Kleidung bleibt ein Trend

Mehrere hundert Journalisten drängen sich in diesen Januartagen durch die Halle des golden in der Wintersonne von Las Vegas glänzenden Mandalay Bays, einem der Casinos mit angeschlossenem Hotel und Kongresszentrum. Die neusten Gadgets, digitale Helfer und Tracker, ganz junger Firmen, gibt es hier. Aber auch die großen Konzerne sind vor Ort, um Produkte und Technologien vorzustellen, die kurz vor der Markteinführung stehen. So zeigt der Kosmetikhersteller L’Oreal in Las Vegas ein Pflaster, das der App in Echtzeit den PH-Wert der Haut verrät – und dann die passende Creme aus dem Sortiment empfiehlt.

Da legst di' nieder: Julian Martijn Jagtenberg präsentiert auf der Technikmesse CES 2019 in Las Vegas einen "Somnox Sleep Robot", welcher im Schlaf unter anderem die Atemfrequenz überwachen soll.
Da legst di' nieder: Julian Martijn Jagtenberg präsentiert auf der Technikmesse CES 2019 in Las Vegas einen "Somnox Sleep Robot", welcher im Schlaf unter anderem die Atemfrequenz überwachen soll.

© Reuters/Steve Marcus

Das „Tracken“ der Fitness- und Gesundheitswerte verspricht hohe Umsätze. Ein Kameramann eines deutschen TV-Senders streift ein „Chronolife“ T-Shirt über, das voller Sensoren steckt. Neben Herzfrequenz, Körpertemperatur misst es auch die Lungenwerte. Zwei Varianten stehen vor der Markteinführung: eine für Patienten und eine für Fitness-Freaks. Wer rank und schlank bleiben will, kann sich auch den „Welt Wellnessbelt“ umschnallen, ein mit Sensoren vollgestopfter Gürtel des Luxuswaren-Herstellers Dupont. Das Gerät gibt zum Beispiel ein Signal ab, sobald der Bauchumfang wächst. Analoge Ledergürtel verraten dies ihren Trägern zwar schon seit Tausenden von Jahren – aber nicht mit Warnsignal auf dem Handy!   

Schuhe die im Notfall den Arzt rufen

Während Fitnesstracker für die Generation der 2000er selbstverständlich sind, will der Französische „E-Vone“ auch Senioren digital aufrüsten: Er bietet einen Miet-Schuh für 35 Euro je Monat an, der Stürze erkennt und dann ein GPS-Signal an eine Notrufnummer eigener Wahl verschickt. 27 Modelle für Herren und Damen sind im Angebot – zur Miete, weil die Technik im Schuh teuer ist und wiederverwertet werden soll. Für Sehschwache bietet die Firma EyeQue ihren „Vision Check“ an: Für umgerechnet knapp 60 Euro soll das Gerät genauso gut wie ein Augenarzt die Fehlsichtigkeit messen können. Dazu gibt es noch einen „PD-Check“ zur Messung des Augenabstands, damit die Korrektur durch die Brillengläser auch genau an der richtigen Stelle erfolgt. Optiker dürften sich grämen, weil solche Geräte das Geschäft mit den billigen China-Brillen aus dem Internet noch befördern könnte.

Hunderte Journalisten aus aller Welt sind für diese Tage zur CES nach Las Vegas gereist, um über die Neuheiten zu berichten.
Hunderte Journalisten aus aller Welt sind für diese Tage zur CES nach Las Vegas gereist, um über die Neuheiten zu berichten.

© DAVID MCNEW / AFP

Mitten im Gewühl steigt ein Besucher etwas unsicher auf ein rot blinkendes Skateboard, das augenblicklich Fahrt aufnimmt und sich seinen Weg durch die Menge bahnt, wie von Geisterhand gesteuert. Eine Frau schaut ihm nach. Sie führt ein Fahrrad vor, mit Ledersattel und -Griffen im Retro-Stil, aber der Rahmen ist aus leichtem Carbon und dazu noch vollgestopft mit Elektronik. Drohnen gibt es nur noch vereinzelt, bieten dafür aber wie im Fall der „Navatics“ der Firma Mito Außergewöhnliches: Bis zu 50 Meter unter Wasser taucht sie ab, um hochauflösende Meeresbilder zu schießen.

Sprachübersetzung (fast) in Echtzeit

Richtig praktisch sind die Ohrstöpsel von Waverly Labs aus New York. Für 199 Euro übersetzen sie 15 Sprachen in Echtzeit. Deutsch ist auch dabei. Doch bei der Vorführung zeigt sich, dass es doch so einige Sekunden braucht, bis die Spracherkennung arbeitet – und wenn man Dan, dem Firmenvertreter, auf Deutsch erklären will, dass das doch etwas zu lange für den Alltagseinsatz dauert, gibt der auch zu: Das sei einer der Punkte die aufzubessern seien, auch bei der recht klobigen Form und dem Preis wolle man noch nachbessern.

Coleen - ein "smartes" Fahrrad mit einemgebautem GPS - und vielen weiteren technischen Spielereien, die auf der CES 2019 zu sehen sind.
Coleen - ein "smartes" Fahrrad mit einemgebautem GPS - und vielen weiteren technischen Spielereien, die auf der CES 2019 zu sehen sind.

© REUTERS/Steve Marcus

Die Digitalisierung der Lebenswelt erobert auch Haus und Garten. Eine Firma aus Paris verspricht mit dem „Home Fragrance“ gute Luft im Haushalt. Zur Auswahl stehen 25 Pads mit unterschiedlichen Duft-Konzentraten, aus denen jeweils fünf in eine schachtelartige Apparatur kombiniert werden können. Am Gerät oder auf der App bestimmt der Hausherr die jeweiligen Anteile. Etwas mehr Vanille aus Madagaskar und den Jasmin aus Ägypten zurückfahren bitte, vielleicht noch etwas Bergamot aus Sizilien dazu. Am Stand funktionierte das recht gut, wobei Rosenholz doch stark dominierte und auch nach den digitalen Korrekturen in den Vordergrund drängte. Ab 400 Euro will die Firma Artiris dafür verlangen, eine Kapsel Duftessenz kostet zehn Euro aufwärts. „Immerhin braucht es 700 Tausend Blätter Yasmin, um ein Kilo Essenz zu schaffen“, erklärt ein Vertreter der Firma.

Angeblich Giftiges Radon aus der Raumrluft filtern

Keine neue Raumluft sondern die bestehende bewerten, das leisten die „Airthings“ und warnen dazu noch vor dem stillen Killer Radon. Das unsichtbare Gas solle für 21.000 Todesfälle jährlich in den USA verantwortlich sein „nach dem Krebs die zweitgrößte Gesundheitsgefahr“, sagt Vertriebsmann Marc. Die runden rauchmelderartigen Messgeräte geben auch Auskunft über Temperatur, Luftdichte, Feuchtigkeit sowie den Gehalt von CO2 und Reinigungsmitteln in der Luft. 269 Euro kostet das Gerät, zu dem natürlich auch eine App gehört zum Auslesen der Werte.

Diese Schuhmodelle vermietet der Anbieter eVone vor allem an Senioren. Im Falle eines Sturzes sollen die Treter automatisch den Notarzt rufen.
Diese Schuhmodelle vermietet der Anbieter eVone vor allem an Senioren. Im Falle eines Sturzes sollen die Treter automatisch den Notarzt rufen.

© Ralf Schönball

Vom Haus in den Garten: Wer keinen grünen Daumen hat, sollte auf eine baldige Markteinführung von „Archibald“ hoffen. Die Firma Connected Garden hat den zylinderförmigen Sensor entwickelt. Den steckt der Hobbygärtner in die Erde und bekommt dann in der App Empfehlungen für die vor Ort geeigneten Pflanzen. Analysieren soll das Gerät die Dichte des Bodens, Feuchtigkeit, PH-Wert und erinnert deshalb auch ans Wässern und Düngen. Noch hat Firmengründer Olivier Ayasse die Geräte nicht in Serien gefertigt: „Wir hoffen auf der CES Investoren zu werben“.

Grillen mit Kraft der Sonne

Wer sich auf die Wesentliche im Garten konzentrieren will, nämlich das Grillen, aber dafür keine Ressourcen verschwenden will, bekommt ab 139 Euro einen „Solar Cook“. Das ist eine Vakuum-Röhre, in die Fleisch und Gemüse gelegt werden, die dort von der Sonne gegart werden und zwar mit einer Energie-Ausbeute von 85 Prozent. Ein paar Solarpaneele braucht es dafür auch und einen kleinen Speicher, damit auch am Abend der Grill heiß bleibt – ganz ohne Kohle oder Gas.
Und wer vor dem Haus noch Platz hat, dazu noch viel und oft Pakete bekommt, könnte beim „Parcel Guard“ für knapp 400 Euro schwach werden. Die Kanadische Firma Damby hat den mit Glasfasern verstärktem Hartplastik-Kasten mit einer Kamera, Sensoren und einer Alarmanlage ausgerüstet. Der Postbote steckt das Paket in das stets offene Fach oben. Das Gewicht drückt eine Klapptür auf, so dass die Sendung in die verriegelte untere Ebene fallen. Der Empfang wird per Sendungsverfolgung Online quittiert und außerdem per App gemeldet. Und über das Smartphone kann das private Paketzentrum auch aus der Ferne geöffnet werden, falls die Kinder oder ein Nachbar das Paket herausholen soll. „Die Kamera dient ja gleichzeitig der Sicherheit“, sagt Frank – so gesehen sei der Preis doch gerechtfertigt.
Die Recherchereise nach Las Vegas wird unterstützt vom Unternehmen Intel.

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