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Wirtschaft: Nobelpreis für Amartya Sen

BERLIN .Hungersnöte entstehen nicht allein aus Mangel an Nahrungsmitteln.

BERLIN .Hungersnöte entstehen nicht allein aus Mangel an Nahrungsmitteln.Amartya Sen untersuchte die verschiedenen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Faktoren, die zu Versorgungskrisen geführt haben.Dafür wird der indische Wissenschaftler mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet.Das gab die Akademie der Wissenschaften in Stockholm am Mittwoch bekannt.Preiswürdig fand die Akademie auch die von Sen entwickelten Indizes zur Messung von Wohlfahrt und Armut und seine Theorie der kollektiven Entscheidungen.

Sen gilt als "das Gewissen" seiner Zunft.Er setzt sich ein für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte, er macht sich stark für die Belange der Armen und Minderheiten in aller Welt.In seinem zentralen Werk ("Armut und Hungersnöte") untersuchte Sen Hungersnöte seit den 40er Jahren in Indien, Bangladesh, Äthiopien und Staaten der Sahara.Dabei widerlegte er die traditionelle Ansicht, daß die Knappheit von Nahrungsmitteln die wichtigste und manchmal einzige Ursache solcher Katastrophen ist.Hungersnöte traten auch dann schon auf, wenn nicht weniger Lebensmittel zur Verfügung standen als sonst.Manche Regionen hätten sogar noch Nahrungsmittel ausgeführt, obwohl sie unter Versorgungsengpässen litten."In Ländern, in denen es keine Wahlen oder Opposition gibt, brauchen sich die Regierungen nicht um die politischen Folgen zu kümmern, die sich aus ihrem Versagen bei der Armutsbekämpfung ergeben", lautet eine These von Sen.Große Hungersnöte ereigneten sich selten in demokratischen und unabhängigen Ländern.

Der Inder Sen ist der erste Asiate der den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhält.Er wurde bereits seit Jahren als Kandidat für den Wirtschafts-Nobelpreis gehandelt.In einer ersten Reaktion sagte Sen, es freue ihn besonders, daß ein wissenschaftlicher Gegenstand gewürdigt werde, der das Leben der normalen Menschen betreffe.Er sei am frühen Morgen in New York mit der freudigen Nachricht geweckt worden.Zugleich würdigte der Professor die Arbeit seiner Kollegen auf dem Feld der Wohlfahrtsökonomie: Es sei "eine Tragödie, das wir uns nicht alle den Preis teilen können."

Sen wurde 1933 in Bengalen geboren.Bis vor einigen Monaten lehrte er an der US-Eliteuniversität Harvard Wirtschaftswissenschaften und Philosophie.Derzeit ist er Direktor am Trinity-College der namhaften englischen Universität Cambridge wo er 1959 promoviert hatte.Nach den Angaben der Akademie hat Sen rund 20 Ehrendoktortitel.

Der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaft ist insgesamt mit umgerechnet 1,5 Millionen DM (7,6 Millionen Kronen) dotiert.Er geht nicht wie die anderen Preise auf die Stiftung des Erfinders und Dynamit-Fabrikanten Alfred Nobel zurück, sondern wurde 1969 auf Initiative der Stockholmer Reichsbank erstmals vergeben.Die feierliche Verleihung findet zusammen mit den anderen Preisen 10.Dezember, dem Todestag Nobels, statt.

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