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Niedersächsische Krabbenfischer sortieren ihre frisch gefangenen und bereits gekochten Krabben.

© Ingo Wagner/dpa

Matthies meint: Nordseekrabben müssen nicht mehr nach Marokko

Es gibt keinen Grund, absolut alles so lange um die Welt zu schippern, bis irgendein Kostenkommissar es rentabel findet. Die deutschen Küstenfischer wollen das nun auch ändern. Ein bisschen.

In den Stellungskriegen der Dieseldebatte hat gerade wieder eine alte Behauptung die Runde gemacht: Die zwölf größten Schiffe der Welt stoßen angeblich so viel Dreck aus wie alle Autos zusammen. Das ist eine interessante Perspektivverschiebung, denn früher, als diese These aufkam, wollten Naturschützer damit belegen, wie böse die Schifffahrt ist; heute dient sie umgekehrt den Dieselfreunden als Beweis dafür, wie hysterisch die Diskussion sei.

Das Dumme ist nur, dass das mit den Schiffen überhaupt Quatsch ist. Da werden, wie Experten versichern, Pferdeäpfel mit Glühbirnen verglichen, und schon der gesunde Menschenverstand sagt, dass bei dem Vergleich was nicht stimmen kann. Es handelt sich um eine dieser NGO-Weisheiten („Die 50 reichsten Männer der Welt...“) , die so lange herumerzählt werden, bis der fehlende Wahrheitsgehalt durch den Gewinn an moralischer Überlegenheit mehr als kompensiert ist.

Aber der gesunde Menschenverstand sagt noch was anderes: Nur weil Schiffe nicht ganz so schrecklich sind, ist das lange kein Grund, absolut alles so lange um die Welt zu schippern, bis irgendein Kostenkommissar es rentabel findet. Nehmen wir – das kommt jetzt ein wenig abrupt, ja – nehmen wir die Nordseekrabbe, crangon crangon. Vor ein paar Jahrzehnten hat es sich eingebürgert, diese wohlschmeckenden Tiere nach dem Fang ordentlich mit Konservierungsmitteln zu traktieren, sie dann nach Marokko zu bringen, dort pulen zu lassen und nach der Rückreise gnädig in deutscher Mayonnaise zu versenken.

Die Krabben sollen, ganz im Ernst, teils wieder in Ostfriesland gepult werden

Das ist keine sinnvolle Globalisierung, sondern grober Unfug, so ähnlich wie bei dänischen Schweinen, die in Oberitalien zu Schinken verarbeitet werden, welche später in Folie eingeschweißt wieder in Dänemark landen. Meist steckt irgendeine EU-Vorschrift dahinter, wenn diese Art Tiertourismus scheinbar auch noch Sinn ergibt.

Neu ist nun eine Ankündigung der Erzeugergemeinschaft der deutschen Küstenfischer in dieser Angelegenheit. Sie wollen nämlich künftig, ganz im Ernst, ihre Krabben teils wieder in Ostfriesland schälen lassen und sie auch danach nicht mehr nach Marokko schicken. Die sind dann, Marketinggeklingel muss sein, als „Premiumprodukt“ teurer als die weitgereisten Schwestern – aber ist das nicht ganz und gar vernünftig? Handelt es sich nicht um einer jener, wie wir heute sagen, disruptiven Ideen, die die Welt verändern?

Vielleicht. In diesem Fall verändert es zumindest die Luft in ein paar Häfen.

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