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Wirtschaft: Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit: Der Arbeitsmarkt wird blockiert (Kommentar)

Walter Riester ballanciert auf einem gefährlichen Grat: Der Arbeitsminister will es Unternehmern in Deutschland schwerer machen, Personal zeitlich befristet zu beschäftigen, und er plant den gesetzlich verbrieften Anspruch aller Arbeitnehmer auf einen Teilzeit-Job. Gelingt es ihm, seine Vorstellungen umzusetzen, wird die Bundesregierung ihrem gewerkschaftlichen Klientel zwar näher rücken, und auch sozialkonservative Politiker in der SPD-Bundestagsfraktion hätte Riester mit dem Bundeskanzler versöhnt.

Von Antje Sirleschtov

Walter Riester ballanciert auf einem gefährlichen Grat: Der Arbeitsminister will es Unternehmern in Deutschland schwerer machen, Personal zeitlich befristet zu beschäftigen, und er plant den gesetzlich verbrieften Anspruch aller Arbeitnehmer auf einen Teilzeit-Job. Gelingt es ihm, seine Vorstellungen umzusetzen, wird die Bundesregierung ihrem gewerkschaftlichen Klientel zwar näher rücken, und auch sozialkonservative Politiker in der SPD-Bundestagsfraktion hätte Riester mit dem Bundeskanzler versöhnt. Dass sich Gerhard Schröder bei seinem Arbeitsminister dafür bedanken wird, ist jedoch nicht wahrscheinlich. Denn mit Riesters Gesetzentwurf schwindet die Hoffnung, dass die Bundesregierung die Deregulierung des starren deutschen Arbeitsmarktes ernsthaft in Angriff nehmen will. Wer den Niedergang der europäischen Währung beobachtet hat, ahnt, auf welche Weise die Anleger eine solche politische Weichenstellungen in Deutschland bewerten werden. Den Unternehmen mit der Begrenzung von befristeter Beschäftigung weitere Fesseln im Personalbereich anzulegen, zöge unweigerlich neue Skepsis über die Reformwilligkeit der stärksten Wirtschaftsnation im Euroraum nach sich.

Doch damit nicht genug. Riesters Schmusekurs mit den Gewerkschaften wird auch den Abbau der Arbeitslosigkeit in Deutschland - ein zentrales Politikziel des Kanzlers - verzögern. Die Möglichkeit, mit befristeten Arbeitsverträgen rasch auf Absatzsspitzen und Flauten reagieren zu können, ist bisher fast die einzig flexible Regelung im Arbeitsrecht. Zeitverträge gestatten Arbeitgebern nicht nur, unbürokratisch und ohne teure Sozialpläne Mitarbeiter zu entlassen. Sie erleichtern ihnen auch, ohne unkalkulierbares Risiko Mitarbeiter einzustellen. Versperrt Riester den Unternehmen jetzt die Möglichkeit, sich von Arbeitnehmern zu trennen, nimmt er unweigerlich in Kauf, dass die Unternehmen in Zukunft noch restriktiver auswählen werden, wen sie einstellen werden.

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