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Mehr Mitsprache: Regierung will Übernahmen aus dem Ausland erschweren
Vor allem kritische Infrastruktur will die Bundesregierung besser vor Übernahmen aus dem Ausland schützen - und zielt damit vor allem auf China ab.
- Marie Zahout
- Carla Neuhaus
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Erst war es der Spezialmaschinenbauer Leifeld, dann der Stromversorger 50 Hertz. Gleich zweimal hat die Bundesregierung in diesem Jahr den Einstieg chinesischer Investoren bei deutschen Unternehmen verhindert. Zu groß war und ist die Angst, die Volksrepublik könne Einfluss auf hiesige Firmen nehmen, die wichtige Technologien herstellen. Im Fall von Leifeld hatte das Bundeswirtschaftsministerium argumentiert, dass man die Maschinen der Firma theoretisch auch im Bereich der Urananreicherung und Nukleartechnik einsetzen könne. Im Fall von 50 Hertz nutzte die Förderbank KfW ein Vorkaufsrecht, um den Chinesen den Zugriff auf das ostdeutsche Stromnetz zu verweigern.
Um in solchen Fällen künftig mehr rechtliche Handhabe zu haben, will die Bundesregierung an diesem Mittwoch eine Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) beschließen: Künftig soll sie schon dann ein Veto einlegen können, wenn ein ausländischer Investor mehr als zehn Prozent an einer Firma übernehmen will. Bislang ist das erst ab einem Anteil von 25 Prozent möglich.
Auch andere Länder wollen Investitionen prüfen
Die Reform der AWV ist dabei kein deutscher Alleingang. Auch die EU plant, Investitionen aus Drittländern in strategischen Sektoren zu überprüfen. Die österreichische Ratspräsidentschaft hatte Ende November mit Vertretern des Europäischen Parlaments eine vorläufige Einigung über eine Überprüfung von ausländischen Direktinvestitionen erzielt. Diese ist eine Reaktion auf den Anstieg von Investitionen staatseigener oder privater Unternehmen aus dem EU-Ausland mit engen Verbindungen zu ihren Regierungen. Investiert haben diese etwa in europäische Firmen, die Spitzentechnologien oder Technologien mit doppeltem Verwendungszweck (beispielsweise künstliche Intelligenz, Robotik oder Nanotechnologie) und strategische Infrastrukturgüter verwenden.
In der Wirtschaft wie in der Politik ist die Reform der AWV durchaus umstritten. Schließlich stehen dahinter grundsätzliche Fragen: Wie viel Einfluss darf der deutsche Staat auf die Privatwirtschaft nehmen? In welchen Fällen kann und sollte er ausländischen Geldgebern eine Investition in Deutschland verweigern? Holger Görg vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel etwa hält es für falsch, die Schwelle abzusenken, ab der der Staat bei Investitionen aus dem Ausland eingreifen kann. „Wir sollten jeden Schritt vermeiden, der ausländische Investoren abschreckt“, sagt er. „Deutschland braucht mehr, nicht weniger Investitionen aus dem Ausland. Schon heute sind wir diesbezüglich im Vergleich zu anderen Ländern schwach aufgestellt.“
Tomaso Duso vom Deutschen Institut der Wirtschaft (DIW) sieht das ähnlich. Deutschland stehe als Exportnation für seine Offenheit. „Diese Offenheit jetzt in Frage zu stellen, sendet einerseits die falschen Signale und könnte andererseits der Konkurrenzfähigkeit Deutschlands schaden“, argumentiert er. Zudem sei es falsch, einen Investor schlicht deshalb abzulehnen, weil er aus der Volksrepublik kommt. „Gerne wird von der Politik so getan, als ob Übernahmen aus bestimmten Ländern, allen voran China, grundsätzlich ein Übel wären“, meint Duso, „aber oft genug finden sich keine deutschen oder europäischen Käufer für hiesige Unternehmen, aus welchen Gründen auch immer“.
Eingreifen darf der Staat nur bei kritischer Infrastruktur
Cora Jungbluth von der Bertelsmann Stiftung, hält es dagegen durchaus für sinnvoll, Investitionen ausländischer Firmen bereits ab einer Beteiligung in Höhe von zehn Prozent zu prüfen. Sie argumentiert, es gehe bei der geplanten Änderung schließlich nur um kritische Infrastruktur wie Wasser- oder Stromnetze sowie verteidigungsrelevante Unternehmen. „Die Übernahme eines Unternehmens wie Kuka durch Chinesen werden Sie mit dieser Änderung auch in Zukunft nicht verhindern.“
Dazu kommt, dass es auch nach der Anpassung der Verordnung für chinesische Firmen noch immer sehr viel leichter sein wird, in Deutschland aktiv zu werden als umgekehrt für deutsche Firmen in China. Zwar bewegt sich die Volksrepublik etwas: So sollen Autokonzerne künftig im Land produzieren können, ohne erst mit einem chinesischen Partner ein Gemeinschaftsunternehmen gründen zu müssen. „Doch will sich ein deutscher Konzern an einer chinesischen Firma beteiligen, ist das immer noch schwierig“, sagt Jungbluth.
Denn mit der Öffnung Chinas ist das so eine Sache. Auf der öffentlichen Bühne präsentiert sich die Volksrepublik gerne als zuverlässiger Partner. Als Xi Jinping sich in Davos vor knapp zwei Jahren zum Freihandel bekannte, ließ das aufhorchen: „Wir müssen Nein sagen zum Protektionismus“, sagte er damals. Dennoch tun sich ausländische Firmen weiterhin schwer, wenn sie in der Volksrepublik aktiv werden wollen. Einzelne Sektoren wie etwa der Finanzmarkt sind noch immer komplett abgeschottet.
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