
© dpa/Stephan Scheuer
Rückzug aus Uiguren-Provinz: Volkswagen verkauft umstrittenes Werk in Xinjiang
Das Werk im Nordwesten Chinas steht seit Jahren wegen Vorwürfen von Menschenrechtsverletzungen und Zwangsarbeit in der Kritik. Nun trennt sich VW davon und zieht sich ganz aus der Region zurück.
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Seit über zehn Jahren ist Volkswagen in Xinjiang tätig. Nun hat VW sein umstrittenes Werk in der nordwestchinesischen Provinz verkauft. Das gab Volkswagen am Mittwochmorgen in einer Mitteilung bekannt. Zuvor berichteten verschiedene Nachrichtenagenturen übereinstimmend unter Berufung auf Unternehmenskreise. Der Standort in Urumqi war wegen Menschenrechtsverletzungen an Mitgliedern der Uiguren-Minderheit lange in der Kritik.
Aus der Region gibt es seit Jahren Vorwürfe, dass der chinesische Staat Uiguren unterdrückt, zur Arbeit gezwungen und in Umerziehungslagern drangsaliert hat. China bestreitet die Vorwürfe. VW ging diesen Ende 2023 mit einer an die deutsche Auditfirma Löning übertragenen Untersuchung nach. Im Dezember teilten die Prüfer mit, man habe weder Hinweise noch Belege für Zwangsarbeit finden können. Dieser Bericht wies allerdings gravierende Mängel auf, wie der renommierte Xinjiang-Forscher Adrian Zenz recherchierte.
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Staatsbetrieb aus Shanghai übernimmt
Volkswagen hatte das Werk zusammen mit dem staatlichen chinesischen Autobauer Saic als Joint Venture betrieben. Dort waren zuletzt weniger als 200 Menschen tätig. Zu Hochzeiten noch vor der Corona-Pandemie waren es rund 650 Beschäftigte. Als Grund für den Verkauf wurden wirtschaftliche Gründe genannt.
Über die Zukunft des Werkes war monatelang verhandelt worden. Schon im Februar teilte VW mit, seine Geschäftsaktivitäten in der Region neu ausrichten zu wollen. Neuer Inhaber soll ein chinesischer Staatsbetrieb mit dem Namen Shanghai Motor Vehicle Inspection Certification (SMVIC) sein. Der Deutschen Presseagentur zufolge hat der neue Besitzer die Übernahme der verbliebenen Angestellten zugesichert.
In der Region verfügt VW zusätzlich zwei Teststrecken in Anting und Turpan. Laut Medienberichten gab es auch beim Bau der Strecke in Turpan Ende 2019 Hinweise auf Zwangsarbeit. VW wird sich auch von diesen beiden zum Werksstandort gehörenden Teststrecken trennen, hieß es in der Mitteilung. Damit wird der Konzern nicht länger in Xinjiang vertreten sein.
VW China-Geschäft weiter ausbauen
Über Xinjiang hinaus will VW sein Produktionsnetz weiter anpassen, hieß es. Die Standorte sollen für den Fokus auf die Elektrifizierung umgebaut werden. Laut VW ist dies allerdings nicht für alle Werke möglich. In der Vergangenheit hatte es bereits Gerüchte gegeben, VW könnte sich von seinem Werk im ostchinesischen Nanjing trennen.
An der Zusammenarbeit mit Saic will Volkswagen allerdings weiter festhalten. Am Dienstag verlängerte VW die Kooperation mit dem größten Autobauer der Volksrepublik um zehn Jahre bis 2040. Der bisherige Vertrag wäre 2030 auslaufen. Das Joint Venture mit Saic in den 1980er-Jahren gilt als der Grundstein für VWs Expansion nach China.
Der Autobauer aus Wolfsburg will damit eine neue Produktoffensive ab 2026 starten und bis Ende der Dekade mit Saic 18 neue Modelle der Kernmarke Volkswagen und Audi auf den Markt bringen. Davon seien 15 exklusiv für den chinesischen Markt. Bis 2030 will der VW-Konzern jährlich vier Millionen Autos verkaufen und so einen Marktanteil von 15 Prozent in China erreichen. Zuletzt lag er bei 14,5 Prozent.
Zwischen der Veräußerung des Werks in Urumqi und der beiden Teststrecken in Xinjiang, welche vor wenigen Tagen besiegelt worden sei, und der Vertragsverlängerung bestehe kein Zusammenhang, hieß es bei VW.
Mit dem Rückzug aus Xinjiang folgt VW dem Beispiel anderer deutscher Firmen. Im Februar gab bereits der Chemiekonzern BASF bekannt, sich von seinen Anteilen an zwei Joint-Ventures in der Region trennen zu wollen. Auch in diesem Fall gingen der Entscheidung Medienberichte voraus, denen zufolge chinesische Geschäftspartner der Ludwigshafener Firma in Menschenrechtsverletzungen involviert waren. In der Stadt Korla war BASF seit 2016 tätig und beschäftigte in den zwei Werken rund 120 Menschen. (mit dpa)
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