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In Südkorea verkauft Samsung auch Lebensversicherungen.

© ddp

Mehr als Apple: Samsung ist überall

Der südkoreanische Konzern Samsung stellt nicht nur Handys oder Fernseher her. Das Unternehmen baut Kraftwerke, Schiffe und meldet mehr Patente an als IBM. In Südkorea ist das nicht unüblich.

In Südkorea läuft vieles anders als bei uns. Traditionell ist es zum Beispiel so, dass die Frauen die Finanzhoheit haben und das Gehalt des Mannes direkt auf das Konto der Frau überwiesen wird. Er bekommt dann von ihr ein Taschengeld. Auch die Wirtschaftsstruktur ist anders: In Südkorea dominieren mächtige Firmengruppen, Jaebol genannt, die Wirtschaft. Die zehn größten von ihnen erwirtschaften nach Expertenschätzung rund 80 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die größte Firmengruppe unter ihnen ist Samsung, zu der rund 80 Unternehmen gehören. 2011 setzte die Gruppe mit mehr als 300 000 Mitarbeitern rund 177 Milliarden Euro um, mehr als der Volkswagenkonzern. Nach eigenen Angaben stand Samsung 2012 für 28 Prozent der Exporte Südkoreas. Auch global wird Samsung immer mächtiger.

Hierzulande kennt man von dem Unternehmen vor allem die größte Sparte: Samsung Electronics, den Apple-Rivalen. Der setzte im Gesamtjahr 2012 141 Milliarden Euro um und verdiente 16,7 Milliarden Euro, ein Plus von 73,7 Prozent. Samsung Electronics ist Weltmarktführer bei Smartphones und Fernsehern, baut Kameras und Hausgeräte, aber auch Chips, Displays und Lithium-Ionen-Batterien. So steckt in vielen Elektrogeräten Samsung drin, auch wenn es nicht drauf steht. Im Gegensatz etwa zu Apple deckt Samsung die komplette Wertschöpfungskette eines Smartphones ab. Und weil die Bauteile in eigenen Fabriken entstehen, kann das Unternehmen auf Veränderungen im Markt schnell reagieren.

Das Spektrum der gesamten Gruppe reicht jedoch viel weiter: Samsung ist der drittgrößte Schiffbauer der Welt, der größte Lebensversicherer in Südkorea, hat das mit 828 Meter höchste Gebäude der Welt, den Burj Khalifa in Dubai, errichtet, baut Kraftwerke, stellt chemische Erzeugnisse und Militärtechnik her, betreibt mit Everland einen den beliebtesten Vergnügungsparks in Südkorea und mit Shilla eines der besten Hotels des Landes. Nur den Autobau hat Samsung inzwischen wieder aufgegeben.

Beherrscht wird Samsung von der Familie Lee. Lee Byung-chull startete 1938 mit einem Lebensmittelhandel, schon Ende der 50er Jahre war er der vermögendste Mann des Landes. Heute herrscht sein Sohn Lee Kun-hee über das riesige Imperium, bald soll dessen Sohn Lee Jae-yong in dritter Generation die Leitung übernehmen. Der Konzern wird streng hierarchisch geführt, manche Beobachter nennen den Stil militärisch. Frank Robaschik, der für die bundeseigene Wirtschaftsfördergesellschaft Germany Trade & Invest in Seoul arbeitet, meint jedoch, „Samsungs Führungsstil ist im Vergleich zu anderen koreanischen Unternehmen modern“.

Samsung öffnet sich. Inzwischen gibt es einige wenige ausländische Manager in Führungspositionen, was noch vor ein paar Jahren undenkbar war. „Wenn die Kompetenzen fehlen, um einen neuen Markt zu besetzen, dann holt sich Samsung Verstärkung – auch aus dem Ausland“, sagt Robaschik. „Samsung ist in jedem Fall aggressiv: Sie wollen wachsen und neue Märkte erobern.“ Bei den leistungsorientierten Koreanern ist Samsung als Arbeitgeber jedenfalls hoch angesehen, auch weil das Unternehmen gut bezahlt. „Fast jeder junge Koreaner möchte gern für Samsung arbeiten, und noch mehr wünschen sich das seine Eltern“, sagt Robaschik.

Warum die Dominanz für Samsung zum Problem werden kann

Vergnügen für die ganze Familie im Freizeitpark Everland - gebaut von Samsung.
Vergnügen für die ganze Familie im Freizeitpark Everland - gebaut von Samsung.

© AFP

Die Entwicklung des Konzerns – und der anderen großen Firmengruppen wie Hyundai oder LG – ist eng verbunden mit der Wirtschaftspolitik des Landes. Der enorme wirtschaftliche Aufschwung begann unter der Militärdiktatur von Park Chung-hee in den Jahren von 1961 bis 1976. In diesem Zeitraum gab es drei Fünfjahrespläne, in denen der Staat jeweils andere wirtschaftliche Schwerpunkte setzte: zunächst auf Leichtindustrien wie die Textilwirtschaft, dann auf Schwerindustrien wie Eisen- und Stahlproduktion, Chemieindustrie und Maschinenbau, später auch auf Petrochemie. Auch nach dem Ende der Militärdiktatur gab die Regierung wirtschaftpolitische Ziele vor, allerdings änderten sich die Mittel der Durchsetzung. Heute soll eine Fülle von Maßnahmen – steuerliche Anreize, günstige Kreditkonditionen – dafür sorgen, dass die Ziele erreicht werden. So gab es in südkoreanischen Haushalten bereits hochleistungsfähige Breitbandanschlüsse, als hierzulande noch darüber diskutiert wurde. Ein anderes Ziel war, in der Games-Industrie weltweit eine Führungsrolle zu übernehmen, auch das gelang. Der noch amtierende Präsident setzte den Fokus schließlich auf „Green Growth“, auf umweltschonende Technik. Allerdings ist der Begriff sehr weit gefasst und reicht von energiesparender IT-Technik bis zur Kernkraft. Samsung hat eigene Schwerpunkte gesetzt. Zum Beispiel baut das Unternehmen für zwei Milliarden Euro einen Windpark in Kanada. Dafür habe es sich in der Solarindustrie im Vergleich zu anderen koreanischen Firmen zurückgehalten und stattdessen in Medizintechnik und Biotechnologie investiert, sagt Robaschik.

Die Koreaner sind „fast mover“ sagt ein Unternehmensberater. Er meint: Sie sind nicht die ersten in der Entwicklung, aber schnell darin, Trends zu erkennen und zu adaptieren. Oft sind sie dann sogar in der Qualität besser. So hat zwar Apple mit dem iPhone einen neuen Markt gemacht, aber schon die ersten Geräte von Samsung waren technisch besser als das Original. Nur an Design-Kompetenz habe es bei Samsung gefehlt.

Das Stadium der Nachahmung hat Samsung in verschiedenen Bereichen längst hinter sich gelassen. Bei den weltweiten Patentanmeldungen liegt das Unternehmen auf Platz 20 und damit zwar hinter Siemens, aber noch vor IBM. „In einigen Bereichen wie beispielsweise flexiblen OLED-Displays steht Samsung mittlerweile an der Spitze der weltweiten Entwicklung“, sagt Wirtschaftsförderer Robaschik. Allerdings will Samsung Electronics bei seinen Investitionen auf die Bremse treten. Die Ausgaben 2013 dürften dem Niveau des vergangenen Jahres bleiben, kündigte der Konzern an, das lag bei rund 16 Milliarden Euro. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung seien immer noch so hoch, sagt ein Beobachter, dass es unwahrscheinlich sei, dass das Unternehmen eine nleue Technologie oder einen Trend übersieht.

Die dominante Stellung des Unternehmens im eigenen Land, kann allerdings für Samsung zunehmend zum Problem werden: „In der koreanischen Gesellschaft wird die Macht der großen Konzerne kontrovers diskutiert“, sagt Robaschik. „Doch die neu gewählte Präsidentin Park Geun-Hye, die in einem Monat ihr Amt antreten wird, hat sich noch auf keine Maßnahmen festgelegt.“

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