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Frutti für tutti. Sogenannte Convenience Produkte richten sich nach Geschmacksvorlieben und Lebensweisen. Das reguläre Obst und Gemüse ist dafür meist günstiger.

© picture alliance / dpa

Messe Fruit Logistica: Spielereien für Grünzeug-Muffel

Deutsche essen weniger Obst und Gemüse. Die Händler setzen auf neuartige Snacks und Erfindungen wie die Kokosnuss mit Drehverschluss.

Diese Regel gilt nach wie vor: Fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag sind nötig, um den Körper mit Vitaminen und weiteren wichtigen Nährstoffen zu versorgen. Klingt leicht, ist es aber offenbar nicht. Denn die von der Weltgesundheitsorganisation WHO empfohlene tägliche Mindestmenge von 400 Gramm Obst und Gemüse dürften die meisten Deutschen kaum schaffen. Die durchschnittlich zweiköpfigen Privathaushalte kauften im vergangenen Jahr 85,5 Kilogramm Obst und 69,9 Kilogramm Gemüse – das ergibt Tagesrationen von knapp über 200 Gramm pro Person. Der Obstverbrauch stagnierte, der Gemüsekonsum ging sogar leicht zurück.

Keine leichten Zeiten für die Branche, deren weltgrößte Fachmesse Fruit Logistica diese Woche in den Berliner Messehallen unter dem Funkturm stattfand. Die Zahlen wurden zu Beginn der dreitägigen Veranstaltung verkündet – und die vermeintliche Lösung des Problems gleich dazu: Obst und Gemüse muss zeitgemäßer werden.

"Wie wird Kohl cool?"

Damit beschäftigt sich auch Daniëlle Bruin, Marketingchefin des holländischen Gemüseproduzenten Bejo. „Wie wird Kohl cool? Wir arbeiten daran vor allem im Snack-Bereich.“ Eintöpfe und schwere Speisen waren gestern. Künftig sollen die Konsumenten beim Stichwort „Kohl“ an leichte Kost denken, wünscht sich das Unternehmen. Sushirollen und Lasagnen mit milden Kohlblättern etwa statt Algen und Nudelplatten.

Aber nicht nur der Geschmack der Sorten wird angepasst, also milder und süßer gemacht, auch der Mengenbedarf soll besser zu heutigen Lebensweisen passen. „Familien brauchen vielleicht einen ganzen Kohlkopf, aber Singlehaushalte haben ganz andere Bedürfnisse“, sagt Bruin. Damit auch jüngere Alleinstehende zum Kohl greifen, vertreibt Bejo das Produkt Coolwraps: Eine Packung quadratisch geschnittener, glatt ausgerollter und küchenfertiger Kohlblätter.

Convenience-Produkte als Wachstumsmarkt

Die schlappe Fruchtbranche setzt verstärkt auf solche Convenience-Produkte, vorbereitete und fertig zubereitete Waren. Denn wer keine Zeit oder Lust hat, um in der Küche Grünzeug zu schnippeln, greift zu Fertiggerichten. Und die müssen eben nicht ungesund sein: Supermärkte verkaufen Gemüsesticks im Becher, Minitomaten in Schulkindportionen und Salatschalen mit Dressing und Besteck.

Auch Obst muss niemand mehr selbst schälen und schneiden. Fertig püriert sollen Smoothies den Fruchtbedarf in Flaschenform decken – zu vergleichsweise happigen Preisen, versteht sich. Den Handel freut das. „Convenience-Produkte sind für uns ein Wachstumsmarkt“, sagt Edeka-Sprecher Rolf Lange. Immer mehr Verbraucher würden frisches, verzehrfertig vorbereitetes Obst und Gemüse kaufen. Das Sortiment werde darum weiter ausgebaut.

Verspieltes kommt gut an

Auf der Fruit Logistica hatten neuartige Produkte und Dienstleistungen einen Ehrenplatz zwischen den Hallen der europäischen Aussteller. Unter den diesjährigen zehn Nominierten für den Innovation Award kamen vor allem die verspielten Ideen gut beim Fachpublikum an. Den ersten Preis gewann am Freitag ein spanisches Produkt, eine Kokosnuss mit Getränkedosenverschluss. Zieht man an der Lasche, öffnet sich ein Loch in der harten Schale, in das man den mitgelieferten Strohhalm stecken kann – quasi Kokosnusswasser to go.

Auf Platz zwei kam ein dänisches Unternehmen, das Tomaten-Sträucher für die heimische Fensterbank züchtet und vertreibt. Die Pflanze hat einen eingebauten Wachstumsstopp, wird nicht größer als 35 Zentimeter und soll angeblich bis zu 150 Cherrytomaten jährlich abwerfen. Geschäftsführer Michael Søndergaard glaubt, dass die Verbraucher mehr Lust auf Tomaten haben, die sie zu Hause direkt vom Strauch zupfen können, aus eigenem Anbau, aber ohne Gewächshaus und viel Pflege. Urban Gardening also für Menschen ohne grünen Daumen. Die ersten deutschen Baumarktketten haben die Pflanze gerade ins Sortiment genommen.

Cherrytomaten statt Kaugummis

Einen Sonderpreis bekam „Automato“ – ein System, dass an Kaugummiautomaten erinnert. Wenn ein großer Hebel gedrückt wird, spuckt die Maschine rote und gelbe Cherrytomaten aus. Das führt vor allem Kinder an den Genuss von Gemüse heran, meint der belgische Hersteller Stoffels. Ob die Kleinen die Papiertüte voller Tomaten nach dem Spaß auch wirklich aufessen, ist aber eine andere Frage.

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