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Sybille von Obernitz, 50, ist mit den Eltern und drei Geschwistern häufig umgezogen. Das Abitur machte sie in einer Mädchenschule in Augsburg.

© Mike Wolff, TSP

Berliner Wirtschaftssenatorin: Sybille von Obernitz braucht einen langen Atem

Sie kritisiert, krempelt um und tritt dabei so manchen auf die Füße. Mit so viel Widerstand hatte Sybille von Obernitz aber nicht gerechnet. Doch so schnell will sie nicht aufgeben. Eine Begegnung mit der Wirtschaftssenatorin.

Es könnte so ein großer Erfolg für Berlin und seine immer noch etwas hinterher hinkende Wirtschaft werden. Die neue Wirtschaftssenatorin. Eine kluge Frau, studierte Volkswirtin mit einem fundierten ordnungspolitischen Kompass, pflichtbewusst schon aus ihrem Elternhaus, offen und ehrlich und vom Leben durch persönliche Schicksalsschläge gehärtet. Mit einem reizenden Äußeren und einem interessierten, offenen Blick gesegnet. Manchem mögen diese intensiven und forschenden graublauen Augen nicht behagen. Sie scheinen Unehrlichkeit und unredliche Absichten gleich zu durchschauen. Ihr erkennbarer unverstellter Idealismus passt vielleicht nicht gut zur Mentalität im Berliner Politmilieu. Schade, es könnte sich vieles zum Besseren wenden.

Die Ziele, die sich die unverhofft in dieses bedeutende Amt gekommene jüngste Tochter aus einem offenbar eher preußisch strengen Haus für die Berliner Wirtschaft gesetzt hat, verdienen ja alle Unterstützung: Den großartigen Ruf, den Stadt und Region weltweit genießen, die Hype, nun so zu nutzen und zu untermauern, dass der Wirtschaftsstandort auch nach objektiven Kriterien erstklassig wird.

Das heißt die Cluster weiter stärken, die digitale und verkehrliche Infrastruktur kräftig ausbauen, die enormen Wissenschafts- und Forschungspotenziale der Stadt nutzen, geeignete Flächen bereithalten und das Marketing für den Standort noch effizienter zu gestalten. Und das alles in enger Kooperation mit den Brandenburgern. Das müsste doch den ungeteilten Beifall der Wirtschaft finden. Tut es aber zum Erstaunen und auch zum spürbaren Bedauern von Sybille von Obernitz nicht! Die zahlreichen kritischen Berichte irritieren sie ganz offensichtlich. Jedem Manager würde man es hoch anrechnen, wenn er zu Beginn erstmal kritische Fragen zum bisherigen Prozedere stellt und den einen oder anderen Wechsel auf den nächsten Führungsebenen vornimmt. Die Börse würde positiv reagieren. Die Berliner Szene offenbar nicht. Wenn es an gewohnte und bequeme Machtstrukturen geht, dann wehrt man sich. Nur gut, dass, so erfährt es die junge Senatorin, offenbar der Regierende hinter ihr steht.

So schnell gibt die Langstrecken-Läuferin auch nicht auf. Den Berlin-Marathon will sie auch noch laufen.

Heik Afheldt war Herausgeber des Tagesspiegels.

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