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Prekär beschäftigt sind Flugbegleiter häufig, da sie in Teilzeit arbeiten und vom Saisongeschäft abhängen.

© Imago

Tarifkonflikt mit den Flugbegleitern: Lufthansa lenkt ein

Tarifverhandlungen mit Verdi und Ufo über die Arbeitsbedingungen der Flugbegleiter.

Die Tarifkonflikte bei der Lufthansa wurden am Montag am Verhandlungstisch fortgesetzt. Konzern und Flugbegleitergewerkschaft Ufo teilten am Nachmittag mit, „die Verhandlungen vom Wochenende über den Wiedereinstieg in Lösungen, insbesondere zur Vereinbarung eines Schlichtungsprozesses, sind noch nicht beendet“. Ebenfalls am Montagnachmittag begann die Lufthansa mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi Verhandlungen für die rund 3500 saisonalen Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter (SMK). Bei der Lufthansa und ihren Töchtern Germanwings und Eurowings, Cityline und Sunexpress arbeiten rund 23 000 Flugbegleiter, für die bislang Ufo Tarifverträge abgeschlossen hat.

Verdi will die Ufo-Schwäche nutzen

Aufgrund einer Führungskrise bei der Ufo hat die Lufthansa der Organisation das Vertretungsrecht abgesprochen und lässt juristisch prüfen, ob Ufo überhaupt noch eine Gewerkschaft ist. Die Schwäche der Ufo, deren Mitgliederzahl in diesem Jahr schätzungsweise von rund 13 000 auf 6000 gefallen ist, versucht Verdi zu nutzen und hat deshalb vor fünf Wochen die Lufthansa zu Verhandlungen über das Kabinenpersonal aufgefordert. Bislang sind im Lufthansa-Konzern drei Gewerkschaften tätig: Die VC Cockpit vertritt die Piloten, Ufo das Kabinenpersonal und Verdi die Beschäftigten am Boden.

Raus aus der Eskalationsspirale

Nach den massiven Ufo-Streiks Ende der vergangenen Woche mit rund 1500 ausgefallenen Flügen spricht die Konzernführung seit dem Wochenende mit Ufo-Vertretern, deren Vertretungsanspruch in den vergangenen Monaten zurückgewiesen worden war. „Da wir immer noch versuchen, nach diesen überaus schwierigen Monaten einen Weg aus der Eskalationsspirale zu finden, haben wir gemeinsam vereinbart, den heutigen Montag noch zu nutzen, um vertraulich miteinander zu sprechen“, teilten Ufo und Lufthansa mit. Spätestens am Dienstag wollen die beiden Seiten mitteilen, ob eine Lösung gefunden wurde. Oder ob die Eskalationsspirale sich weiter dreht.

Fünf Euro mehr Spesen am Tag

Die materiellen Forderungen der Ufo wurden bislang von dem organisationspolitischen Machtkampf überdeckt. Für die Flugbegleiter bei der Lufthansa will Ufo eine Erhöhung der Spesen um fünf Euro am Tag, bei der Lufthansa Cityline soll das Gehalt um zwei Prozent steigen, bei Germanwings geht es um einen Tarifvertrag zur Teilzeit, für die Eurowings-Beschäftigten steht eine betriebliche Altersvorsorge im Forderungskatalog, und für Sunexpress schließlich, wo die Gehälter nach Ufo-Angaben mit einen Jahresbrutto von 24 000 Euro nach neun Jahren im Job die niedrigsten im gesamten Konzern sind, möchte die Gewerkschaft eine Erhöhung um fünf Prozent durchsetzen.

3500 Saisonkräfte in der Kabine

Verdi wiederum hatte die Lufthansa am 11. Oktober zu Tarifgesprächen aufgefordert, da die Arbeitssituation vieler Flugbegleiter „nicht weiter tolerierbar“ sei. „Auch die extrem prekären und sozialpolitisch nicht verantwortbaren Arbeitsbedingungen der SKMler müssen überwunden werden“, hatte Verdi-Vorstandsmitglied Christine Behle geschrieben. „Nach mehrwöchigen Sondierungsgesprächen“, habe man nun am Montag die Verhandlungen für die 3500 Saisonalen Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter (SMK) aufgenommen, teilte Verdi am Montag mit. Das ist indes nur ein Bruchteil der Flugbegleiter bei der Lufthansa, aber „immerhin ein Einstieg“, wie es bei Verdi hieß.

Lufthansa hat mehrere Optionen

Die Lufthansa wiederum hat womöglich gerade jetzt die Verhandlungen mit Verdi begonnen, um Druck auf Ufo zu machen. Mit Hilfe des neu gefassten Tarifeinheitsgesetzes, das von der letzten großen Koalition 2015 verabschiedet wurde, könnte Verdi als die mit Abstand größte Gewerkschaft im Lufthansa-Konzern die Ufo verdrängen. Sofern die Lufthansa-Führung das auch will.

Für 1500 Euro brutto

Die sogenannten SKMler sind Teilzeitbeschäftigte, die in der Hochsaison im Sommer viel und in der Nebensaison im Winter wenig arbeiten. Alle 3500 SKMler sind in Frankfurt (Main) und München stationiert. Nach Verdi-Angaben kommen viele SMK-Flugbegleiterinnen und -Flugbegleiter im Winterflugplan nicht über den Mindestsatz von 1500 Euro brutto hinaus, was einem monatlichen Nettoeinkommen von maximal 950 Euro entspricht. „Mit diesem Niedriggehalt ist es in Ballungsräumen wie München und Frankfurt nahezu unmöglich, eine Wohnung zu finanzieren und die Existenz zu bestreiten“, sagte Mira Neumaier, die auf Seiten der Gewerkschaft die Verhandlungen führt.

Lösung vor dem Winter

Das Unternehmen schiebe „Teile des unternehmerischen Risikos auf diese Kräfte ab“. Dazu seien in der Vergangenheit mit der Ufo Tarifstrukturen geschaffen worden, in denen SMK-Kräfte wesentlich weniger Geld verdienen als der Rest der Belegschaft. „Lufthansa muss noch in diesem Winter Abhilfe abschaffen, um allen Flugbegleiterinnen und Flugbegleitern die Möglichkeit zu geben, sichere, planbare und existenzsichernde Lebens- und Arbeitsbedingungen zu bekommen“, sagte Neumaier.

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