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Wirtschaft: Tarifpartner wollen keinen Stahl-Streik

IG Metall beschließt Urabstimmung über Arbeitskampf – und setzt die Verhandlungen fort

Berlin - Kurz vor Beginn einer Urabstimmung über Streiks wollten Arbeitgeber und IG Metall am Dienstagabend in einer weiteren Gesprächsrunde eine friedliche Lösung des Tarifkonflikts suchen. „Wir wollen darüber sprechen, ob es einen Weg gibt, einen Streik abzuwenden“, sagte der Sprecher des Arbeitgeberverbands Stahl, Volker Becher in Düsseldorf der Deutschen Presse-Agentur. Der nordrhein-westfälische IG Metall-Sprecher Wolfgang Nettelstroth bestätigte das Gesprächsangebot. „Wir sind bereit, eine Lösung zu finden“, sagte er. Bis Redaktionsschluss dauerten die Gespräche an.

Der Vorstand der IG Metall hatte am Dienstagvormittag den Antrag der westdeutschen Tarifkommission auf Durchführung einer Urabstimmung gebilligt. Vom 13. bis 19. Mai sollen nun die IG-Metall-Mitglieder in den Tarifgebieten Nordrhein-Westfalen, Bremen und Niedersachsen über einen Arbeitskampf abstimmen. In Ostdeutschland ist dagegen vorerst kein Ausstand geplant. Am kommenden Dienstag will die ostdeutsche Tarifkommission über die weitere Vorgehensweise entscheiden.

Die IG Metall fordert 6,5 Prozent mehr Geld für die rund 75000 westdeutschen und 8000 ostdeutschen Stahlarbeiter. Begründet wird dies mit der weltweit hohen Nachfrage nach Stahl, wodurch wiederum Preise und Gewinne der Stahlkonzerne in jüngster Zeit deutlich gestiegen sind. Laut Prognosen, die von der IG Metall verbreitet werden, erhöhen sich die Gewinne der sechs großen deutschen Stahlunternehmen in diesem Jahr auf 2,1 Milliarden Euro, nachdem es bereits 2004 auf 1,5 Milliarden Euro kräftig nach oben ging. IG-Metall-Chef Jürgen Peters argumentierte am Dienstag, dass die Umsetzung der Tarifforderung von 6,5 Prozent die Unternehmen mit insgesamt 185 Millionen Euro im Jahr zusätzlich belaste. Das mache also weniger als ein Zehntel des erwarteten Gewinns aus, sagte Peters nach der Vorstandssitzung seiner Gewerkschaft.

Die Arbeitgeber hatten zuletzt 2,4 Prozent plus eine Einmalzahlung in Höhe von 800 Euro angeboten und dafür eine Vertragslaufzeit von 19 Monaten gefordert. „Die Beschäftigten sollen sich mit einem Zuwachs begnügen, der gerade mal die Inflationsrate ausgleicht“, schimpfte Peters. Dagegen „schwimmen die Unternehmen im Geld, Aktionäre und Vorstände profitieren von den exorbitanten Gewinnen“. Das Angebot der Arbeitgeber bewertete der Chefmetaller als „eine Frechheit“. Er warnte die Arbeitgeber davor, die Stimmung in den Betrieben zu unterschätzen, schließlich hätten sich in den vergangenen Wochen 39000 Stahlkocher an Warnstreiks beteiligt. „Wer täglich sieht, wie die Unternehmen am Rand ihrer Kapazität produzieren, lässt sich nicht über den Löffel barbieren“, sagte Peters. Der ostdeutsche IG-Metall-Chef, Olivier Höbel, forderte die Arbeitgeber auf, „eine weitere Eskalation des Tarifkonfliktes zu vermeiden“.

Ein Arbeitskampf im Stahlbereich wäre der erste Streik der IG Metall seit dem Sommer 2003. Damals verlor die Gewerkschaft den Konflikt um die Einführung der 35-Stunden-Woche in der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie. Für einen Streik müssen bei der Urabstimmung mindestens 75 Prozent der Mitglieder votieren. Peters zeigte sich „überzeugt, dass wir diese Marke weit übertreffen werden“.

Unterdessen forcierte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi ihre Warnstreiks in der Druckindustrie vor der am Donnerstag anstehenden nächsten Verhandlungsrunde. Verdi fordert für die rund 200000 Beschäftigten in Druckereien 3,7 Prozent mehr Geld. Die Arbeitgeber halten mit der Forderung nach längeren Arbeitszeiten und mehr Flexibilität für die Firmen dagegen. Ferner sollen Sonnabendzuschläge sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld gekürzt werden. Verdi-Verhandlungsführer Frank Werneke appellierte an die Arbeitgeber, ihre Forderung nach einer Arbeitszeitverlängerung zurückzuziehen. „Mit dem Abbau von Arbeitsplätzen muss jetzt endlich Schluss sein“, sagte Werneke in Berlin.

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