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Wirtschaft: Tariftreue-Gesetz: Falscher Beifall

Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) will noch in diesem Herbst ein Gesetz in den Bundestag einbringen, welches alle öffentlichen Auftraggeber beim Bund, den Bundesländern und den Kommunen dazu verpflichtet, in Zukunft Aufträge nur an solche Unternehmen zu vergeben, die nachweisen können, dass sie ihren Mitarbeitern Tariflöhne zahlen. Müller begründet seine Entscheidung damit, dass er es unmöglich länger mit ansehen könne, dass die Tarif-Verträge, die Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände miteinander abgeschlossen haben, von einzelnen Unternehmen nicht eingehalten werden - und man diese tarifsäumigen Betriebe dafür auch noch mit Aufträgen belohnt, die aus den Steuermitteln der Bürger bezahlt werden.

Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) will noch in diesem Herbst ein Gesetz in den Bundestag einbringen, welches alle öffentlichen Auftraggeber beim Bund, den Bundesländern und den Kommunen dazu verpflichtet, in Zukunft Aufträge nur an solche Unternehmen zu vergeben, die nachweisen können, dass sie ihren Mitarbeitern Tariflöhne zahlen. Müller begründet seine Entscheidung damit, dass er es unmöglich länger mit ansehen könne, dass die Tarif-Verträge, die Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände miteinander abgeschlossen haben, von einzelnen Unternehmen nicht eingehalten werden - und man diese tarifsäumigen Betriebe dafür auch noch mit Aufträgen belohnt, die aus den Steuermitteln der Bürger bezahlt werden.

Abgesehen davon, dass wir uns fragen, wer in Zukunft Straßen sanieren wird, wenn auch die Einhaltung von Quoten für Frauenbeschäftigung, Ausbildungsplätze und die Zahl betrieblicher Kindergartenplätze zur Bedingung für öffentliche Aufträge erhoben wird, genügen schon die Folgen eines solchen Tariftreue-Gesetzes: Zum Beispiel für die 3000 Mitarbeiter des Chipwerkes von Infineon in Dresden. Denn das Unternehmen Infineon zahlt ihnen - um im globalen Chipmarkt wettbewerbsfähig zu bleiben - keinen Tariflohn. Noch hört man deshalb keine Klagen aus der Chipfabrik. Werden Minister Müllers Pläne allerdings zum Gesetz, müssten genau genommen Direktoren von Schulen, Hochschullehrer und auch die Mitarbeiter in den Finanzämtern in ganz Deutschland sicherstellen, dass die Computer, die sie benutzen, nicht mehr mit Chips aus Dresden bestückt sind. Ob der Auftragsverlust zur Belebung der Stimmung in Dresden beitragen wird, bleibt abzuwarten. Doch nicht nur die Chipwerker in Sachsen sind betroffen. Auch viele tausend Maurer, Busfahrer, Klemptner und Gärtner müssen nun um ihre Arbeitsplätze fürchten, weil sie in Betrieben arbeiten, die keine Tariflöhne zahlen. Dass sie zuverlässige Qualitätsarbeit abliefern und im Wettbewerb mit anderen Unternehmen das beste Angebot abgeben, wird in Zukunft keine Rolle mehr spielen.

Sehen so die Rezepte zur Belebung der schlappen deutschen Konjunktur und des trägen Arbeitsmarktes aus? Schon jetzt ist gewiss: Wenn die Bundesregierung ein solches Tariftreuegesetz im herbstlichen Wahlkampf zur öffentlichen Debatte stellt, dann wird sie eine Welle der Unterstützung tragen. Der Jubel sollte allerdings kein Gradmesser für die Güte dieses Gesetzes sein. Es lohnt genau hinzusehen, wer applaudiert: Ganz vorn im Chor werden die Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften das Loblied singen. Seit langem ist ihnen ein Dorn im Auge, dass immer mehr Unternehmer und ihre Betriebsräte erkennen, dass die von den Verbänden ausgehandelten Tariflöhne keine Mindeststandards mehr darstellen. Was käme ihnen gelegener, als ein Gesetz, dass die Abtrünnigen zurück ins Tarifkartell ruft. Schon jetzt ahnen wir, dass polnische Bauarbeiter mit Stundenlöhnen von fünf Mark als moralische Rechtfertigung herangezogen und damit die letzten Zweifler stillgehalten werden. Dass es längst Gesetze gibt, die die Einhaltung von Mindestlöhnen vorschreiben, es also gar keines neuen Gesetzes zur Eindämmung von Sozialdumping bedarf, werden die Verbände wohl verschweigen. Auch aus den Unions-Reihen darf man nicht auf Widerstand hoffen. Längst haben sich Bayern und das (damals CDU-regierte) Berlin mit gleichlautenden Vergaberichtlinien auf die Seite der Protektionisten geschlagen.

Gespannt werden wir jedoch auf das Votum des grünen Koalitionspartners in der Regierung blicken: Nicht nur, dass Fraktionschef Rezzo Schlauch die Gestaltung von Tarifverträgen vor einen Dreivierteljahr als Einstellungsbremse für Arbeitslose identifiziert hat. Auch die grünen Finanzexperten Christine Scheel und Oswald Metzger werden sich outen müssen. Denn ein Tariftreuegesetz, wie es dem Wirtschaftsminister vorschwebt, wird die Ausgaben bei Bund, Ländern und Kommunen für Investitionen erhöhen - und widerspricht damit ihren Forderungen nach Kassendisziplin und Sparsamkeit als Voraussetzung für eine sinkende Steuerlast.

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