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Wirtschaft: Texaner satteln um

Wegen der hohen Benzinpreise bricht die Nachfrage nach schweren Geländewagen und Pickups ein

Von Sholnn Freeman, Houston Wie viele Texaner hat Paul Lanier die großen SportGeländewagen (SUV) und Pickup-Trucks geliebt. Doch das ist vorbei, seit die Benzinpreise in den USA auf über zwei Dollar pro Gallone geklettert sind – das entspricht 41 Euro-Cent pro Liter. Der 53-jährige Football-Trainer tauschte den schweren Geländewagen der Familie, einen Ford Expedition, und seinen Pickup-Truck gegen zwei kleinere SUVs von Honda ein. Die leichteren Modelle verbrauchen durchschnittlich noch 9,4 Liter pro 100 Kilometer, während allein der Ford Expedition 13,9 Liter schluckt. Ohne die gewaltigen Abmessungen seines Pickup-Trucks fühlt er sich jetzt „ein wenig nackt“, sagt Lanier. „Man fragt sich, ob man noch ein guter Amerikaner ist, wenn man sich von Ford abwendet“, dachte der langjährige Ford- Fan zunächst. „Doch am Ende geht es darum, wie viel Geld man ausgeben will und wie viel davon fürs Benzin.“

Bis zu 100 Dollar kann die Tankfüllung eines großen Sport-Geländewagens inzwischen kosten. Das strapaziert selbst die Treue der Texaner, den eingefleischtesten Freunden großer Geländewagen. Seit Jahren ist Texas der erfolgreichste Absatzmarkt für schwere Pickup-Trucks und SUVs in den USA. Solche Autos machen 57 Prozent aller Neuzulassungen aus, damit sind sie um zehn Prozentpunkte beliebter als im US-Gesamtmarkt. Der riesige Chevy Suburban galt schon als eine Art texanisches Nationalauto, bevor er sich auch in den übrigen US-Staaten gut verkaufte.

Jetzt fallen die Verkaufszahlen für schwere SUVs sogar in Texas. Im Januar und Februar sackten die General-Motors-Modelle Chevy Suburban und Tahoe gegenüber dem Vorjahr um 18 beziehungsweise 22 Prozent ab, ermittelten die Marktforscher von R.L. Polk & Co. Auch der Ford Expedition und der schwere Toyota-Geländewagen Sequoia erlitten Verluste im zweistelligen Prozentbereich. Von einigen Leuten aus Houston hört man, dass sie ihre Kleinlaster immer seltener benutzen. Man fährt sie oft nur noch auf Autobahnstrecken, wo der Benzinverbrauch etwas geringer ist, und zum sonntäglichen Besuch in der Kirche.

Auf nationaler Ebene sieht es kaum anders aus. Der Gesamtabsatz bei SUVs fiel im ersten Quartal um 13,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Und auch hier traf es die schweren Modelle besonders hart: die Verkäufe der großen Chevy-Geländewagen gingen um bis zu 28 Prozent zurück, die des Ford Expedition um 25 Prozent. Besser konnten sich die Luxus-SUVs halten, darunter Fords Range Rover und der Cadillac Escalade von General Motors.

Robust gegen die Angst vor steigenden Benzinpreisen präsentieren sich dagegen die Verkäufe der Pickup-Trucks. In diesem Segment schauen die Autobauer besonders nervös nach Texas, dem Staat mit der größten Verbreitung solcher Kleinlaster mit Ladefläche. Im letzten Jahr entfielen allein 8,9 Prozent aller texanischen Neuzulassungen auf die Pickup-Trucks aus der F-Reihe von Ford. Die Industrie und der Handel erwarten, dass die Nachfrage weiterhin stabil bleibt. Laut Doug Scott, Manager von Fords LKW-Sparte, gibt es für Käufer, die auf hohe Nutz- oder Anhängerlast Wert legen, keine Alternative zu den Pickup-Trucks.

General Motors und Ford haben bereits klargestellt, dass die Aussichten für SUV- Verkäufe in diesem Jahr düster sind, und die Produktion der Geländewagen zurückgefahren. Bei GM glaubt man an eine Erholung der Verkaufszahlen, wenn neue Modelle im nächsten Jahr auf den Markt kommen. Dagegen hat Ford-Chef William Clay Ford Jr. einen Richtungswechsel eingeläutet. „Die Abkehr der Käufer von den traditionellen SUVs, die wir vor einigen Jahren vorausgesagt haben, verläuft schneller als wir gedacht hätten“, sagte er.

Das bringt den Texanern neue Probleme. Beth Kopatic mag ihren Chevy Suburban nach wie vor, auch wenn er 24 Liter auf 100 Kilometer schluckt. Aber ihr Mann Alex will den Wagen verkaufen. Nachdem er 92 Dollar für eine Tankfüllung hinblätterte, schwor er, dass dies die letzte war. Der Haken ist, dass der Wiederverkaufswert für große SUVs zuletzt drastisch gesunken ist. Bekam der Verkäufer für einen drei Jahre alten Wagen im Jahr 2000 noch 54 Prozent des Neupreises, sind es jetzt nur noch 45 Prozent. Die Annonce in der Zeitung hat nicht viel Interesse geweckt. „Leider sind wir nicht die Einzigen in dieser Situation“, klagt Alex Kopatic. „Man kann noch nicht einmal sagen, dass die Nachfrage nach benzinfressenden SUVs zurückgegangen ist. Sie ist einfach erloschen.“

Übersetzt und gekürzt von Karen Wientgen (Aljazira Bank), Tina Specht (Texas), Matthias Petermenn (Kapitalismus-Kritik), Svenja Weidenfeld (Warren Buffet) und Christian Frobenius (Terror).

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