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Oliver Zipse, CEO von BMW.

© picture alliance/dpa/Sven Hoppe

„Verbrenner-Verbot durch die Hintertür“: BMW-Chef und Unionspolitiker kritisieren EU-Kompromiss

BMW-Chef Zipse nennt die EU-Pläne zum Verbrennermotor „absurd“. Auch die Union fordert Nachbesserungen. Ein Punkt sorgt für besonders großen Ärger.

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Die neuen Pläne der EU-Kommission zur Zukunft des Verbrennungsmotors stoßen auf scharfe Kritik aus der deutschen Wirtschaft und Politik. BMW-Chef Oliver Zipse bemängelt mehrere Regelungen als unzureichend, während Unionspolitiker deutliche Nachbesserungen fordern.

„Es gibt verschiedene Punkte, die deutlich hinter unseren Erwartungen geblieben sind“, sagte Zipse dem „Handelsblatt“. Besonders die geplanten Quoten für Dienstwagenflotten großer Unternehmen lehnt der Manager ab. Diese Regelung bezeichnet er als „Verbrennerverbot durch die Hintertür“ und „absurd“, da für verschiedene Länder unterschiedliche Quoten gelten sollen.

Sie regulieren den Wohnungsmarkt ja auch nicht nach Quadratmeterzahlen.

BMW-Chef Oliver Zipse

Auch die vorgesehene Förderung kleiner, günstiger Elektroautos missfällt dem BMW-Chef. Er nennt die Maßnahme „willkürlich“ und zieht einen Vergleich: „Sie regulieren den Wohnungsmarkt ja auch nicht nach Quadratmeterzahlen“, sagte Zipse der Zeitung. Die Kommission müsse aufpassen, „dass sie sich mit dieser protektionistischen Maßnahme nicht ins eigene Fleisch schneidet“.

Gleichzeitig kritisiert Zipse, dass einige Regelungen nicht weit genug gehen würden. Die Vorgaben zu grünem Stahl und nachhaltigen erneuerbaren Kraftstoffen greifen seiner Ansicht nach zu spät. „Wenn diese Maßnahmen erst ab 2035 greifen, dann lassen wir damit große Potenziale zur CO₂-Reduzierung ungenutzt, die wir schon heute realisieren könnten“, sagte er.

Führende Unionspolitiker fordern Anpassungen

Auch führende Unionspolitiker fordern Änderungen an den Plänen der EU-Kommission. „Brüssel muss dringend nachsteuern“, sagte Gitta Connemann, Chefin der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT), dem Nachrichtenmagazin „Politico“. Der CDU/CSU-Fraktionsvize Alexander Hoffmann sagte: „Ich setze darauf, dass es im weiteren Verfahren zu erheblichen Änderungen an dem Kommissionsvorschlag kommen wird.“

Die EU-Kommission hatte am Dienstag das ab 2035 geplante faktische Verbot von Neuwagen mit Verbrennermotor aufgegeben. Künftig soll das CO₂-Reduktionsziel für die gesamte Neuwagenflotte von 100 auf 90 Prozent gesenkt werden – sofern das verbleibende CO₂ durch den Einsatz von grünem Stahl oder emissionsarmen Treibstoffen ausgeglichen wird. Für Dienstwagen gelten allerdings strengere Regeln: Sie machen den Großteil des deutschen Neuwagenmarktes aus und sollen in Deutschland bis 2035 zu 95 Prozent rein elektrisch fahren.

„Über den Vorschlag der EU-Kommission für gewerbliche Fahrzeugflotten kann man nur den Kopf schütteln“, sagte Connemann gegenüber „Politico“. „Neue gesetzliche Quoten für Fahrzeugtypen in gewerblichen Flotten lehnen wir ab.“ Eine solche Regelung hätte nur Verlierer. „Quoten und Regulierung führen nicht zu einem Hochlauf der Elektromobilität. Und schaden dem deutschen Mittelstand.“ Dass es dabei unterschiedliche Vorgaben für die EU-Staaten geben soll, sei „ein Standortnachteil mit Ansage“.

Hoffmann ergänzte: „Die deutsche und europäische Automobilindustrie benötigen echte Technologieoffenheit und Planungssicherheit über 2035 hinaus und keine Formelkompromisse, die am Ende immer noch zu Wettbewerbsnachteilen gegenüber anderen Regionen der Welt führen.“

Bundesregierung lobt Teil-Abkehr vom Verbrenner-Aus

Die Bundesregierung hingegen begrüßt die Vorschläge der EU-Kommission. Es sei gut, dass die Brüsseler Behörde „nach dem klaren Signal der Bundesregierung“ die Regulierung öffne, erklärte Kanzler Friedrich Merz (CDU) am Dienstag. „Mehr Technologieoffenheit und mehr Flexibilität sind richtige Schritte – um Klimaziele, Marktrealitäten, Unternehmen und Arbeitsplätze besser zusammenzubringen.“

Allerdings lehnt auch Merz neue Quoten für Dienstwagenflotten ab. „Neue gesetzliche Quoten für Fahrzeugtypen in Dienstwagenflotten lehnen wir weiter ab. Es darf hier nicht zu einer Überforderung des deutschen Mittelstands führen – nicht durch Quoten und auch nicht durch zu viel Bürokratie“, sagte der Kanzler. Es benötige vielmehr Innovationen und Flexibilität.

Bundesumweltminister Carsten Schneider, dessen Ministerium innerhalb der Bundesregierung federführend zuständig ist, äußerte sich ebenfalls positiv. „Die Regeln werden flexibler, aber die Klimawirkung bleibt erhalten“, erklärte der SPD-Politiker. Er sprach von einem pragmatischen Mittelweg, der auch die Anliegen der Gewerkschaften aufgreife.

„Die Zukunft der Mobilität ist elektrisch. Elektroautos sind technisch überlegen und werden immer besser und günstiger. In zehn Jahren werden fast alle Neuwagen in Europa Elektroautos sein“, sagte Schneider voraus. „Das, was durch die zusätzliche Flexibilität mehr an CO₂ ausgestoßen wird, muss an anderer Stelle ausgeglichen werden.“ Dies werde zu einem Nachfrageschub für europäischen grünen Stahl führen. (Tsp, mit dpa)

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