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„Viel Zeit mit Quotendiskussion verloren“: Leichter Anstieg von Frauen in deutschen Top-Etagen
Noch immer gelangen im internationalen Vergleich relativ wenige Frauen ins Top-Management börsennotierter Firmen in Deutschland – und das trotz nötiger Ausbildung.
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Im Top-Management der 40 großen im Deutschen Aktienindex Dax notierten Unternehmen ist mittlerweile jedes vierte Vorstandsmitglied eine Frau. Damit kann Deutschland nach einer Studie der Allbright Stiftung aber noch immer nicht zu anderen westlichen Industrieländern aufschließen.
So lag Deutschland mit einem Frauenanteil von 24,7 Prozent an den Vorstandsmitgliedern der Dax-Konzerne zum 1. September deutlich hinter Spitzenreiter Großbritannien (32,1 Prozent).
Auf Platz zwei folgten die USA (30,1 Prozent) vor Frankreich (28,8 Prozent) und Schweden (28,2 Prozent). Schlechter als Deutschland schnitt der Studie zufolge nur Polen mit einem Frauenanteil von 18,2 Prozent an den Vorstandsmitgliedern ab. Etwas besser sah es bei den Aufsichtsräten der DAX-Unternehmen aus, in denen vier von zehn Mitgliedern weiblich waren.
Deutschland hat „viel Zeit mit Quotendiskussion verloren“
Betrachtet man alle 160 Unternehmen zusammen, die in den Börsenindizes Dax, MDax und SDax gelistet sind, erhöhte sich der Anteil der Frauen an den Vorstandsposten innerhalb eines Jahres um 2,3 Prozentpunkte auf 19,7 Prozent. Das war ein schwächerer Anstieg als bei der vorangegangenen Studie (plus 3,2 Prozentpunkte).
In den Kontrollgremien aller Unternehmen der Dax-Familie waren zum 1. September 37 Prozent aller Mitglieder weiblich. Bei den Spitzenposten änderte sich die Situation kaum: Laut Studie gab es zu dem Stichtag zehn weibliche Aufsichtsratsvorsitzende (im Vorjahr waren es sechs) sowie sieben Vorstandsvorsitzende und damit ebenso viele wie im vergangenen Jahr.
In Deutschland sei viel Zeit mit der Quotendiskussion verloren worden, erklärten die Geschäftsführer der Allbright Stiftung, Wiebke Ankersen und Christian Berg. Die deutschen Unternehmen müssten noch viel stärker auf geeignete Maßnahmen setzen, wenn sie im internationalen Wettbewerb aufholen wollten.
In Großbritannien sei es gelungen, ohne gesetzliche Quoten innerhalb kurzer Zeit sehr viele Frauen in Top-Positionen zu bringen. Das „öffentliche Bewusstsein für Chancengleichheit und Diversität ist stark und die Erwartungen an die Unternehmen hoch“, erklärte die Stiftung.
Unternehmen sollten eigenes Vorgehen hinterfragen
So sollten sich die Unternehmen möglichst konkrete interne Ziele zur Steigerung des Frauenanteils in Führungspositionen setzen und dabei auch hinterfragen, welche Strukturen dem möglicherweise entgegenstehen und wo es darüber hinaus vielleicht hakt, sagte Ankersen.
Möglicherweise spielten teils auch unbewusste Vorurteile bei der Auswahl von Führungskräften eine Rolle. Dass es in Deutschland noch immer nicht richtig vorangeht mit dem Frauenanteil im Top-Management sei auch deshalb verwunderlich, weil mehr als die Hälfte der Studienabsolventinnen im Fach Betriebswirtschaftslehre weiblich sei – „und das nicht erst seit gestern“, unterstrich Ankersen.
Etwas optimistisch stimme, dass seit einiger Zeit bei der Besetzung der Finanzvorstandsposten zunehmend auch Frauen zum Zuge kämen – ein Vorstandsressort, das häufig Sprungbrett für den Vorstandsvorsitz sei. So war bei der Commerzbank erst kürzlich die langjährige Finanzchefin Bettina Orlopp an die Vorstandsspitze gerückt.
Die deutsch-schwedische Allbright Stiftung ist nach eigenen Angaben eine politisch unabhängige und gemeinnützige Stiftung mit Sitz in Stockholm und in Berlin. Sie setzt sich für mehr Frauen und Diversität in den Führungspositionen der Wirtschaft ein. (dpa, AFP)
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