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Warnte schon vor der Finanzkrise vor "Heuschrecken": Franz Müntefering, ehemaliger Bundesminister und SPD-Chef.

© picture-alliance/ dpa

Private-Equity-Unternehmen: Warum das Bild der bösen Heuschrecke häufig wirklich stimmt

Beteiligungsfirmen haben einen schlechten Ruf. Nicht immer zurecht. Doch eine neue Studie belegt, dass sie häufig die falschen Prioritäten setzen.

Die Machenschaften von Private-Equity-Firmen gelten oft als undurchsichtig. Doch der ehemalige SPD-Chef Franz Müntefering gab ihnen 2005 einen Namen, unter dem sich jeder etwas vorstellen konnte: Heuschrecken. „Manche Finanzinvestoren verschwenden keinen Gedanken an die Menschen, deren Arbeitsplätze sie vernichten – sie bleiben anonym, haben kein Gesicht, fallen wie Heuschreckenschwärme über Unternehmen her, grasen sie ab und ziehen weiter“, hatte der heute 79-Jährige der "Bild am Sonntag" gesagt. In der Finanzkrise wurde dieses Bild gerne und oft bemüht. Doch stimmt diese Sichtweise?

Eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung PwC kommt nun zu dem Schluss, dass Beteiligungsfirmen in der Tat häufig an den falschen Stellschrauben drehen, um den Wert eines Unternehmens zu erhöhen. "Private Equity-Häuser fokussieren sich zu stark auf Kostensenkungen", fassen die Studienautoren ihre Erkenntnisse zusammen. "Ihr Erfolgspotenzial stiege deutlich, würden sie auf andere Wertschöpfungskomponenten ebenso stark setzen würden." Besonders die Bemühungen, Umsatzwachstum zu erzielen, seien zu schwach ausgeprägt.

Häufig nehmen die Mitarbeiter reißaus

PwC beruft sich dabei auf Befragungen von 100 Entscheidern von Finanzinvestoren, die in den 36 Monaten davor einen oder mehrere Deals abgeschlossen haben. Demnach sehen 70 Prozent der Befragten den wesentlichen Renditehebel in Kostensenkungen. Nur 53 Prozent setzen hingegen dabei an, das Betriebskapital effizienter einzusetzen. Mehr Geld durch mehr Umsatz zu erzielen, steht sogar nur bei 45 Prozent der Befragten auf dem Plan. Gerade das ist aus Sicht der Studienautoren ein Versäumnis, denn fast drei Viertel der wertschöpfenden Deals würden auch ein Umsatzwachstum verzeichnen.

Zudem zeigen die Daten aus Sicht der Unternehmensberater, dass es für Beteiligungsfirmen dringend geboten ist, die Mitarbeiter beim Prozess der Restrukturierung mitzunehmen. „Die Befragungsergebnisse zeigen, dass Personalabgänge von Talenten den Transaktionserfolg massiv gefährden“, resümiert Steve Roberts, Leiter Private Equity bei PwC Deutschland. So verloren von Private-Equity-Firmen gekaufte Unternehmen, die nach der Transaktion an Wert verloren, im Schnitt auch zehn Prozent ihrer Mitarbeiter. 83 Prozent der Unternehmen, die nach der Transaktion an Wert verloren, mussten sogar 21 bis 30 Prozent ihrer Schlüsseltalente ziehen lassen.

Es gibt auch positive Beispiele

Dieser Aderlass scheint kein Zufall zu sein. Denn 57 Prozent der Befragten Finanzmanager sehen in Fragen der Unternehmenskultur ein Hindernis für die Wertschöpfung. An der Phrase, dass mit einer Beteiligungsgesellschaft neuer Wind einzieht, scheint also etwas dran zu sein.

Laut dem Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften flossen zwischen 2014 und 2018 dank Private-Equity-Beteiligungen rund 42 Milliarden Euro in deutsche Unternehmen. Allein 2018 waren es demnach 9,6 Milliarden. Diese Summen verteilen sich den Zahlen zufolge auf über 5000 Firmen, in denen mehr als eine Million Menschen arbeiten. Für Aufsehen sorgte zuletzt etwa der Einstieg des US-amerikanischen Finanzinvestors KKR bei dem Berliner Medienunternehmen Axel Springer. Auch hier zittern seitdem zahlreiche Mitarbeiter um ihre Jobs.

Doch nicht immer trifft das Bild der Heuschrecke zu. Als Kapitalgeber sind Beteiligungsfirmen für viele Start-ups ein unerlässlicher Partner, um zu wachsen. Gerade in Zeiten niedriger Zinsen gelten sie vielfach auch als gutes Anlageziel. Und auch bei Traditionsunternehmen gibt es Beispiele, bei denen die grundsätzliche Private-Equity-Idee aufging. 2003 stand das 1899 in Köln gegründete Elektro-Unternehmen Klöckner-Moeller vor dem Aus. Daraufhin übernahm eine von dem Private-Equity-Unternehmen Advent International Corporation beratene Investorengruppe die deutsche Firma, restrukturierte sie und verkaufte sie anschließend an den US-Konzern Eaton. Unter dessen Dach wirtschaftet das Traditionsunternehmen seit 2008 wieder sehr erfolgreich.

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