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Mehr Zeit fürs Kind ermöglicht SAP den Eltern.

© picture alliance / Marcel Kusch/

Glücklich und profitabel: Warum SAP jetzt Väter stärker fördert

Weniger arbeiten für das gleiche Geld: Der Softwarekonzern SAP profiliert sich als familienfreundliches Unternehmen.

Glückliche Mitarbeiter sind viel wert. Diese Binsenweisheit kann die Personalabteilung von SAP mit Daten und Fakten aus der jährlichen Mitarbeiterumfrage belegen: Wenn die Belegschaft um ein Prozent zufriedener ist als im Jahr zuvor, dann macht sich das beim Konzerngewinn um mindestens 50 Millionen Euro bemerkbar, erläutert Konzernsprecher Daniel Reinhardt. „Die Zufriedenheit ist umso größer, je flexibler die Mitarbeiter ihr Arbeitsleben gestalten können.“ Und umso größer ist der Profit.

Als neueste Familienmaßnahme gewährt der Konzern künftig Vätern eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich. Von Januar an können die Mitarbeiter ihre Arbeitszeit in den ersten acht Wochen nach der Geburt ohne Gehaltseinbußen um 20 Prozent reduzieren, kündigte SAP-Personalchef Cawa Younosi an. „Das ist kein Goodie“, kommentierte Reinhardt die Maßnahme mit Blick auf das betriebswirtschaftliche Kalkül: „Flexibilität bringt Geld.“

24.000 Beschäftigte in Deutschland

Mit der bezahlten Arbeitszeitverkürzung ergänze das Unternehmen die gesetzliche Mutterschutzfrist, die sechs Wochen vor dem errechneten Entbindungstermin beginnt und frühestens acht Wochen nach der Geburt des Kindes endet. SAP-Personalchef Younosi: „Wir bieten die Möglichkeit, dass die Väter entspannt und in Ruhe mehr Zeit als gewöhnlich mit der Familie verbringen können.“ Der Konzern beschäftigt hierzulande inklusive Teilzeitkräften rund 24.000 – mehrheitlich Männer.

Angesichts des Fachkräftemangels wächst der Druck auf die Unternehmen, ihre Mitarbeiter bei Laune und im Betrieb zu halten. Kürzlich gab Hewlett Packard bekannt, seinen Angestellten eine sechsmonatige Elternzeit bei vollem Gehalt anzubieten. HP zählt rund 2100 Beschäftigte in Deutschland.

Der Mittelstand kann nicht mithalten

Solche Maßnahmen können sich große Unternehmen erlauben. Im Mittelstand setzt man auf informelle Hilfen und unbürokratische Lösungen nach Bedarf. Drei Viertel der Handwerksbetriebe sind Familienbetriebe und als solche per se familienfreundlich – meinen jedenfalls die Kammern und Verbände. „Die Betriebe unterhalten zwar keine speziellen Einrichtungen wie die Mittagskantine für ihre Beschäftigten oder einen Betriebskindergarten, wie es in manchen großen Unternehmen der Fall ist“, heißt es beim Zentralverband des Handwerks.

Doch die Inhaber „wissen um die Sorgen und Nöte junger Familien und sind besonders kreativ bei der Suche nach Lösungen für die unterschiedlichen Problemsituationen von Müttern und Vätern“. In Berlin wurde in diesem Jahr die elf Mitarbeiter zählende Biotechfirma SLM aus Adlershof als familienfreundlicher Betrieb ausgezeichnet. Alle acht Wochen wird jedem SLM-Beschäftigten ein „Haushaltstag“ gewährt; für die Angehörigenpflege gibt es Freistellungen und Kinder können mitgebracht werden ins Büro.

Elterngeld vor allem für Mütter

Yvonne Lott, die sich bei der gewerkschaftlichen Böckler-Stiftung mit Gender- und Arbeitsmarkthemen befasst, sieht beim Thema Kinderbetreuung noch viel Potenzial bei den Vätern. Das 2007 eingeführte Elterngeld werde nach wie vor vorrangig von Müttern in Anspruch genommen. Die staatliche Förderung beträgt bis zu 67 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens der vergangenen zwölf Monate, mindestens 300 und maximal 1800 Euro. Wenn beide Eltern das Elterngeld beanspruchen, verlängert sich der Zeitraum um zwei auf 14 Monate.

„In den Unternehmen gibt es immer noch Widerstände, auch wenn die Männer nur zwei Monate nehmen“, hat Lott beobachtet. „Die geschlechtsbezogenen Erwartungen in den Unternehmen sind persistent“, sagt die Soziologin. Die Vorgesetzten wollten ihre männlichen Beschäftigten in der Firma haben und nicht zu Hause beim Kind. SAP gibt auch an diesem Punkt ein Beispiel, weil der Softwarekonzern ganz bewusst Führungspositionen in Teilzeit goutiert.

Mittagessen umsonst

Das glänzend verdienende Unternehmen erfreut seine Belegschaft diversen Privilegien: Das Mittagessen in den Kantinen kostet nichts, die Kinderbetreuung wird bezuschusst und bundesweit bietet SAP in zehn eigenen Kindergärten Plätze an. Home Office ist jederzeit möglich, der Firmenwagen kann privat genutzt werden und das Unternehmen beteiligt sich bei der Altersversorgung, damit die SAP-Mitarbeiter ihren hohen Lebensstandard auch im Rentenalter halten können.

Im Ergebnis hat der Konzern aus Wiesloch eine stabile Belegschaft: Die Rückkehrquote nach der Elternzeit beträgt nach eigenen Angaben 100 Prozent, die jährliche Fluktuationsrate hierzulande liegt bei 1,3 Prozent, die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit bei 14 Jahren. Und ziemlich gesund sind die SAP-Mitarbeiter auch: Nur 3,7 Tage fällt im Schnitt ein Beschäftigter krankheitsbedingt aus. Bundesweit und über alle Branchen hinweg sind es dreimal so viele. (mit dpa)

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