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Wirtschaft: Weltwirtschaftsforum Davos: Sicherheit mit Polizeischutz und Armee

Im Schweizer Kurort Davos in den Graubündner Alpen beginnt am heutigen Donnerstag das 31. Weltwirtschaftsforum (WEF), das wohl hochkarätigste private Treffen von Spitzenleuten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Medienwelt.

Im Schweizer Kurort Davos in den Graubündner Alpen beginnt am heutigen Donnerstag das 31. Weltwirtschaftsforum (WEF), das wohl hochkarätigste private Treffen von Spitzenleuten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Medienwelt. Rund 3200 Gäste sind offiziell zu der sechstägigen Veranstaltung mit über 300 Vorträgen, Workshops und Diskussionen geladen. Rund 4000 Besucher sind es nicht. Sie wollen demonstrieren gegen jene Leute, die sie als Hauptschuldige für die Globalisierung der letzten Jahre und deren negative Folgen betrachten. Der militante Kern unter ihnen will nach Erkenntnissen der Polizei das Forum verhindern und das Kongresszentrum gewaltsam stürmen und besetzen. Es wird eng werden in Davos.

Das glauben auch die lokalen Behörden. Wie schon im Vorjahr haben sie die für Sonnabend angesagte Demonstration gegen das WEF untersagt. Die Meinungsfreiheit sei zwar wichtig, heisst es in der Begründung, aber die Schweiz sei völkerrechtlich dazu verpflichtet, für die Sicherheit der rund 40 Staats- und Regierungschefs zu sorgen. Das größte Polizeiaufgebot, das die Schweiz je gesehen hat, unterstützt von rund 1000 Angehörigen der Armee, sollen diese garantieren. Seit Tagen kontrollieren Soldaten aus Angst vor Anschlägen die Strommasten im Landwassertal, das die auf 1500 Metern über Meer gelegene Alpen-Kleinstadt mit 13 000 Einwohnern beherbergt. Absperrgitter warten zuhauf auf ihren Einsatz. Einzelne Kleinhändler, die Ware nach Davos bringen, müssen sich wie an einem südamerikanischen Kontrollposten gegen Drogenschmuggel ihre Tomaten nach versteckten Gegenständen durchwühlen lassen. Die Behörden erließen Aufrufe an die Bevölkerung und an die Hotelleriebetriebe, den Demonstranten keine Unterkunft anzubieten. Wer mit Transparenten oder anderen verdächtigen Utensilien entdeckt wird, soll von den beiden Taleingängen her gar nicht erst nach Davos gelassen werden. Andere unerwünschte Besucher sollen bereits an der Grenze zurückgewiesen werden. Die Schweiz hat vorsorglich 300 Einreisesperren gegen "bekannte Störefriede" verhängt.

Diese setzen derweil auf ihre Phantasie. Hunderte Globalisierungsgegner seien bereits in Davos, heisst es. Andere wollen als Skitouristen einreisen, notfalls in anderen Ortschaften ins lokale Skigebiet einsteigen und über das weit verzweigte Pistennetz doch noch in ihr Ziel hinunterschwingen. Aktenkoffer statt Tramperrucksack, lautet ein anderer Tipp. Und für Hobby-Eskimos und jene, die kein Dach finden sollten, liefert eine Website eine Anleitung zum Bau eines Iglus. Kein Wunder, dass das US-Aussenministerium seine Bürgerinnen und Bürger mittlerweile nicht nur vor Ausflügen nach Kirgisien, Peru und Osttimor offiziell warnt, sondern auch vor einem Abstecher nach Davos. Alle Amerikaner sind für die Globalisierungsgegner potenzielle WEF-Gäste und damit bei Ausschreitungen besonders gefährdet, lautet die US-Logik. "Wir befinden uns nicht im Kriegszustand", kritisiert der Bürgermeister von Davos, Erwin Roffler, die Mahnung aus Washington. Und ein Sprecher der Regierung erklärt, die Schweiz spreche ähnliche Warnungen nur aus, wenn ein Putsch drohe.

Was als beruhigender Aufruf gedacht ist, deckt aber auch die Grenzen eines möglichen Polizeieinsatzes auf. Aufgrund der dörflichen Platzverhältnisse dürfte es schwierig werden, die Lage völlig unter Kontrolle zu halten. Zahlreiche Geschäftsinhaber wollen ihre Läden am Sonnabend aus Angst vor Plünderungen und Vandalismus gar nicht erst öffnen. Das örtliche McDonalds-Restaurant, beliebtes Ziel für Sachbeschädigungen, hat für die Forumstage eine zusätzliche Absperrung aufgebaut.

Doch auch unter den Globalisierungsgegnern gibt es welche, die mehr über politische Inhalte als über Polizeiaktionen diskutieren wollen. Ein paar Nichtregierungsorganisatoren führen deshalb einen viertägigen "Gegengipfel" durch, der unter dem Namen "Das öffentliche Auge auf Davos 2001" alternative Standpunkte diskutieren wollen. Das sind die Gemäßigten, die auch die unbewilligte Demonstration vom Sonnabend nicht mit verantworten wollen. Und dann gibt es noch die Angepassten. Sie nehmen am Forum selber teil, weil sie es wichtig finden, die Entscheidungsträger direkt mit ihren Ideen zu konfrontieren. Zu ihnen gehört Greenpeace-Chef Thilo Bode. Er sagt, weshalb: "Eine Uno-Vollversammlung ähnelt im Vergleich zum Weltwirtschaftsforum einem Gemeindeparlament, was Einfluss und Macht betrifft. Deshalb muss man dabei sein in Davos und versuchen, das Treffen für die eigenen Ziele zu nutzen."

Daniel Birchmeier

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