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Die in Afghanistan gefundenen Vorräte an Kupfer, Lithium, Eisen, Gold und Kobalt sollen ausreichen, das Land zu einem weltweit führenden Rohstoffexporteur zu machen.

© dpa

Wirtschaftsinteressen: USA: Gewaltiger Rohstoffschatz in Afghanistan

US-amerikanische Geologen haben in Afghanistan Vorräte an Lithium, Kupfer, Eisen und Gold entdeckt, die bis zu 1000 Milliarden Dollar wert sein sollen. Damit zeichnen sich neue Interessenkonflikte in dem Land ab, in dem mehr als 100.000 Soldaten ausländischer Staaten stationiert sind.

Von Michael Schmidt

US-Geologen haben in Afghanistan riesige Mineralvorkommen entdeckt. Ihr Wert wird auf 1000 Milliarden Dollar geschätzt (820 Milliarden Euro). Die Vorräte an Kupfer, Lithium, Eisen, Gold und Kobalt reichten aus, das Land zu einem weltweit führenden Rohstoffexporteur zu machen, berichtete die „New York Times“ am Montag. Es habe damit das Potenzial, zum „Saudi-Arabien des Lithiums“ zu werden, zitierte das Blatt aus einem internen Vermerk des Pentagon. Lithium wird für wiederaufladbare Batterien gebraucht – für Handys, Laptops oder Elektroautos.

Die US-Geologen beschreiben zudem große Vorkommen von „seltenen Erden“, die für nahezu alle Hightech-Produkte gebraucht werden und die zu 97 Prozent in China abgebaut werden. Deutsche Exportunternehmen sind auf solche Rohstoffe angewiesen. Käme der Abbau von Bauxit in der Nähe von Baghlan in Gang, könnte gleichzeitig der seltene Rohstoff Gallium gewonnen werden, der etwa für Dünnschicht-Solarzellen gebraucht wird.

„Für Afghanistan ist das die vielleicht beste Nachricht der letzten Jahre“, sagte der Sprecher des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai, Waheed Omar, am Montag in Kabul. Der Sensationsfund könnte „das Rückgrat unserer Wirtschaft werden“, hofft der Berater des afghanischen Bergbauministeriums, Dschalil Dschumriani. Der Bonner Afghanistanexperte Conrad Schetter hingegen befürchtet eine weitere Destabilisierung der Region. Das Land am Hindukusch werde, mehr noch als bisher, „zum geopolitischen und geoökonomischen Brennpunkt der Welt“, sagte Schetter dem Tagesspiegel. Es sei naiv zu glauben, Afghanistan, eines der ärmsten Länder der Welt, entwickle sich nun „zu einer Art Schweiz Asiens“. Die Geschichte zeige vielmehr, „dass solche Ressourcen für die betroffenen Länder eher Fluch als Segen“ seien. Sie weckten Begehrlichkeiten und ließen ausländische Unternehmen profitieren: „Die haben das Know-how und die technischen Kapazitäten zum Abbau der Vorkommen.“

Entdeckt wurden viele der Rohstoffreserven mithilfe von Karten- und Datenmaterial sowjetischer Bergbauexperten, die noch aus der Zeit der sowjetischen Besatzung in den 80er Jahren stammen. Nach dem Rückzug der sowjetischen Truppen und dem darauffolgenden Chaos nahmen afghanische Geologen die Karten an sich und brachten sie nach dem Sturz der Taliban 2001 in offizielle Dokumentensammlungen zurück. Dort fanden US-Geologen die Aufzeichnungen 2004 und stellten auf ihrer Basis eigene Forschungen an. 2007 bereits veröffentlichten sie Berichte über die jetzt in Rede stehenden Riesenvorkommen, allerdings ohne auf größeres Interesse zu stoßen. Erst 2009 wurde eine Pentagon-Abteilung zur Wirtschaftsförderung auf die Erkenntnisse aufmerksam und ließ sie noch einmal prüfen.

Jetzt lösten sie ein großes Echo aus. Nach Schetters Auffassung zeichnen sich damit neue Interessenkonflikte in dem Land ab, in dem mehr als 100 000 Soldaten ausländischer Staaten stationiert sind, darunter mehr als 4300 der Bundeswehr. Als China vor zwei Jahren die Lizenz zum Kupferabbau erhielt, löste das Verstimmungen zwischen Washington und Peking aus. Jetzt beginne das „große Spiel“ um Afghanistans Ressourcen aufs Neue. Und es werde sich zeigen, dass der zurückgetretene Bundespräsident Horst Köhler mit seiner umstrittenen Bemerkung über Bundeswehreinsätze zur Wahrung deutscher Wirtschaftsinteressen „zumindest die richtige Frage aufgeworfen hat“, sagte Schetter. Für die Afghanen hingegen sei der Fund keine Überraschung: Die gingen seit jeher davon aus, dass die internationalen Truppen nur deretwegen da sind.

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