
© IMAGO/Norbert Wienold
Wunsch trifft Wirklichkeit: Mehrheit der größten Firmen in Deutschland reißt eigene Klimaziele
Der Großteil der börsennotierten Unternehmen bekennt sich zu den Pariser Klimazielen und setzt sich für Teile ihrer Emissionen eigene Reduktionsziele. 57 Prozent erfüllen sie allerdings aktuell nicht.
Stand:
Die Weltklimakonferenz in Baku ist am Montag im wärmsten Jahr seit Aufzeichnungsbeginn angelaufen. Während die Welt dort über den richtigen Weg zur Eindämmung der Klimakrise verhandelt, klaffen auch bei Firmen in Deutschland Anspruch und Wirklichkeit noch weit auseinander.
Das zeigt eine am Dienstag veröffentlichte Untersuchung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG unter den 160 größten börsengelisteten Unternehmen. Zwar bekennen sich zwei Drittel der Firmen langfristig zu Zielen hinsichtlich der Senkung eines Teils ihrer Emissionen – der direkten und solchen aus dem Einkauf von Energie (sogenannte Scope-1 und Scope-2-Emissionen). Mit 57 Prozent verpasst allerdings aktuell auch über die Hälfte der Unternehmen die selbst gesteckten Ambitionen.
„Diese Entwicklung müssen wir ernst nehmen, denn Deutschland hat als weltweit drittgrößte Volkswirtschaft einen großen Einfluss auf die globalen Treibhausgasemissionen“, sagt KPMG-Direktor Benedikt Herles. Die größten deutschen Unternehmen sind laut KPMG für ein halbes Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen (Scope-1 und Scope-2) verantwortlich.
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Wie weit die Firmen bei der Dekarbonisierung sind, ist dabei stark branchenabhängig. Betrachtet man lediglich Scope-1- und Scope-2-Emissionen, liegen vor allem Firmen der Finanz- und Autoindustrie noch am ehesten auf Kurs. In energieintensiven Branchen wie der Chemie trifft das auf nur jede sechste Firma zu.
Gleichzeitig haben sich fast zwei Drittel der deutschen Industrie noch überhaupt nicht festgelegt, wann sie klimaneutral sein werden. Dabei gibt sich die Mehrheit der Firmen (54 Prozent) überzeugt, dass ihre Wettbewerbsfähigkeit durch die Transformation eher noch zunimmt: etwa durch Produktinnovationen, neue Klimatechnologien oder mehr Kreislaufwirtschaft.
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Einer am Montag erschienenen Analyse von Union Investment zufolge haben sich unter den 40 Dax-Firmen nur elf ein so ambitioniertes Ziel über ihre gesamte Wertschöpfungskette hinweg gesetzt, dass der Pfad schon heute mit dem deutschen Klimaschutzgesetz (also dem Ziel, bis 2045 klimaneutral zu werden) vereinbar ist. Dazu gehören etwa SAP, die Deutsche Telekom und Henkel. 17 weitere Dax-Unternehmen erfüllen zudem die EU-Vorgabe, bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu werden.
Gleichzeitig beziehen nur wenige Firmen überhaupt Emissionen aus Vorleistungsgütern und der Endnutzung der Produkte. Nur ein Drittel der 160 Firmen hat sich Klimaziele hinsichtlich dieser sogenannten Scope-3-Emissionen gesteckt. Viele Firmen, darunter auch große Scope 3-Emittenten wie die Autobauer oder Konsumgüterhersteller, hinken den Ansprüchen noch deutlich hinterher. Dabei fällt ein großer Teil des Treibhausgasausstoßes hier erst durch die Nutzung der Produkte an. Union Investment zufolge haben sich auch der Rüstungskonzern Rheinmetall oder die Halbleiterfirma Infineon keine ausreichenden Scope 3-Reduktionsziele auferlegt.
Wie die Weltwetterorganisation auf der Weltklimakonferenz in Baku berichtete, lag die globale Durchschnittstemperatur von Januar bis September dieses Jahres auf einer Rekordhöhe von 1,54 Grad über dem vorindustriellen Niveau.
Gleichzeitig gerät das Thema Klimaschutz zunehmend politisch unter Beschuss. Der designierte US-Präsident Donald Trump will aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen. In Deutschland warb der ehemalige Finanzminister Christian Lindner (FDP) in seinem Wirtschaftspapier dafür, dass sich Deutschland von seinem 2045-Ziel verabschiedet.
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